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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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trotzdem.«
    Ihr Gesicht war ruhig und völlig ohne Falsch. »Kommen Sie mir nicht so gönnerhaft, Detective. Sie wissen doch, dass ich Geister sehe.«
    »Und waren Geister da draußen?«
    »Sie sind überall.« Sie lächelte, und ihre schmalen Lippen zuckten leicht. »Ihnen macht die Kälte nichts aus.«
    War diese Frau zu fassen?
    »Hat Ihr Hund sich sonderbar verhalten? Als hätte er etwas gesehen?«
    »Er hat herumgeschnuppert, aber nicht mehr als sonst auch.«
    Jemand klopfte leise an die Tür, und Alvarez öffnete sie. Joelle stand auf der Schwelle, einen Styroporbecher mit heißem Wasser und einen Teebeutel in der Hand.
    »Wir haben nur Earl Grey«, sagte sie. »Ich glaube, Grace mag diese Kräuter-Beruhigungstees drüben im ›Java Bean‹, aber so etwas haben wir hier nicht.« Joelle wirkte besorgt, zwischen ihren Brauen zeichneten sich kleine Falten ab. Ihre im gleichen Ton wie Jacke und Hose geschminkten Lippen waren verkniffen.
    »Schon gut«, sagte Alvarez. »Es ist ja nur eine Tasse. Wenn er ihr nicht schmeckt, wird sie es schon verkraften.« Sie nahm der widerstrebenden Joelle den Becher ab und wandte sich wieder in den kahlen Raum.
    Grace trank ein Schlückchen und beschwerte sich nicht.
    Gut so.
    Nach behutsamem Drängen erzählte Grace Alvarez die gleiche Geschichte wie schon früher, nahezu wortwörtlich. Sie hatte nichts Außergewöhnliches gesehen außer dem Autowrack im Bachbett. »Wir haben den Weg über den Bergrücken genommen, und von da aus konnte ich es in der Schlucht liegen sehen.«
    »Sie befanden sich oberhalb auf der Straße?«
    »Ja, und ich habe die Stelle gesehen, wo das Auto abgestürzt war. Da bin ich zurück nach Hause gelaufen und hab angerufen. Zum Glück funktionierte das Telefon noch. Dann wollte ich selbst zu dem Auto, die Böschung runter und nachsehen, ob jemand drin war, aber der Deputy war vor mir da, kam von der anderen Seite. Er war wohl gerade in der Nähe.«
    Das stimmte. So weit, so gut. »Und mehr können Sie uns nicht berichten?«
    »Wenn ich es könnte, würde ich’s tun«, sagte Grace schlicht, doch ihre Augen wurden unglaublich dunkel, und ihre Pupillen weiteten sich, als sie Alvarez ansah.
    Alvarez war, als ginge ein kalter, düsterer Wind durch ihre Seele, und sie zwang sich, Grace’ Blick zu erwidern und sich nicht abzuwenden. »Tja … falls Ihnen noch etwas einfällt, lassen Sie es uns wissen.« Sie schob ihren Stuhl zurück, zum Zeichen, dass das Gespräch beendet war. Blitzschnell streckte Grace die Hand über den Tisch hinweg aus und stieß dabei Alvarez’ fast leeren Becher um. Kräftige Finger umfassten Alvarez’ Handgelenk. »Sie finden ihn«, versicherte sie, während Alvarez instinktiv nach ihrer Waffe griff.
    Besorgnis zeichnete sich auf dem Gesicht der Geisterbeschwörerin ab, und Alvarez nahm die Hand von der Waffe. »Natürlich.« Vorsichtig löste sie sich aus Grace’ kaltem Griff. »Der Killer kommt nicht davon.«
    »Was? Der Kerl, der von der Polizei gesucht wird? Von dem rede ich nicht«, sagte Grace und zog leicht die Brauen hoch.
    »Von wem denn dann?«, fragte Alvarez, doch tief im Herzen wusste sie, dass diese Frau, mit der sie nie zuvor gesprochen hatte, bis in den dunkelsten Winkel ihrer Seele blicken konnte.
    »Nicht verzweifeln«, sagte Grace mit einer Ruhe, die Alvarez gespenstisch erschien. »Sie finden ihn.«
    Pescoli auf der anderen Seite des Spiegels ließ beinahe ihren Becher fallen. Sie war auf dem Weg zur Tür, als Grace Alvarez’ Handgelenk packte, doch der Sheriff hatte sie zurückgehalten.
    »Schon gut«, sagte er, und sie hatte abgewartet und die merkwürdige Szene verfolgt. »Was sollte das?«
    »Bei Grace«, sagte Grayson, den Blick auf den Spionspiegel gerichtet, »kann man nie wissen.«
    »Grundgütiger. Zuerst Ivor-der-von-Aliens-entführte-Hicks als Hauptzeuge, und jetzt auch noch eine Wolfsfrau, die mit Geistern redet.« Pescoli zerknüllte ihren Kaffeebecher in der Faust und warf ihn in einen schon leicht überquellenden Abfallkorb. »Wissen Sie, Sheriff, ich sag’s nur ungern, aber ich glaube, die Chancen stehen schlecht für uns.«
     
    »Hat sich was mit Dornröschen.« Jillian funkelte den Mann, den sie eher als Entführer denn als Retter bezeichnen wollte, böse an.
    Er war wohl eins zweiundachtzig oder dreiundachtzig groß und wirkte in seinem Skianzug noch massiver.
    Und stark. Angsteinflößend.
    An seiner Seite sträubte ein schwarz-weißer langhaariger Hund, eine Art Mischung aus Labrador und

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