Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
eingeschlagen – in meinem Reifen, wie ich vermute, denn dann wurde mein Wagen in die Schlucht katapultiert, und ich verlor das Bewusstsein …«
    MacGregors Kiefer spannte sich an, er warf das Handtuch auf den Küchentresen. »Bist du sicher?«
    »Nein, sicher bin ich nicht. Das ist ja das Problem. Mit Sicherheit weiß ich gar nichts.« Sie verdrängte ihre Angst, das Gefühl, zusammenbrechen zu müssen, und fuhr fort: »Und ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob ich Ihnen trauen kann. Ich kenne Sie nicht und stecke hier allein mit Ihnen fest … oder wohnt noch jemand hier?«
    »Harley.«
    »Na … prima.« Sie unterbrach sich, entschied dann aber, wer A sagt, muss auch B sagen. »Ich meine, mich zu erinnern, dass in dieser Gegend mehrere Frauen ermordet worden sind. Das wurde in Seattle in den Nachrichten gemeldet.«
    Er nickte, ein Muskel zuckte in seiner Wange.
    Hatte sie einen Nerv getroffen? Aufgrund der Schmerzen in Knöchel und Brust und des Stechens hinter den Augen, mit dem die Kopfschmerzen sich zurückmeldeten, war sie nicht so aufnahmefähig wie sonst, konnte die unausgesprochenen Andeutungen nicht interpretieren. War er wütend? Hatte er Angst? Oder beides?
    »Ich war seit ein paar Tagen nicht in der Stadt, versteht sich«, sagte er und kam, den Hund auf den Fersen, zurück in den Wohnbereich. Jillian gab so schnell wie möglich den Durchgang frei und war überrascht, als Harley an ihr vorbeitrottete, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
    »Ich bin von allen Nachrichten abgeschnitten, aber ja, man hat tatsächlich Frauen hier draußen in der Wildnis aufgefunden, an Bäume gebunden, glaube ich. Ihre Autos wurden unabhängig davon entdeckt, schrottreif, in einiger Entfernung von den Leichen.«
    Angst rieselte ihr über den Rücken, und innerlich war ihr plötzlich kalt wie der Tod. Ihre Finger, die sich um das Heft des verborgenen Messers krallten, fingen an zu schwitzen, ihr Herz raste. Was wusste sie von diesem Mann?
    Nur das, was er dir gesagt hat.
    Und das könnte ein Haufen Lügen sein.
    Oder die Wahrheit.
    Aber er ist alles, was du hast, Jillian.
    Ob Heiliger oder Verbrecher, er ist alles, was du hast.
    »Waren die Reifen zerschossen?«, fragte sie. Es war nur ein Flüstern, das jedoch von den Dachbalken zurückzuhallen schien.
    MacGregor schüttelte den Kopf, doch er war ein wenig blass geworden, und sie konnte nicht erkennen, ob er die Wahrheit sprach oder nach Strich und Faden log. »Ich weiß es nicht. Kann aber sein. Die Polizei hält ja immer Einzelheiten zurück, für den Fall, dass irgendein Verrückter sich selbst bezichtigt.« Seine Augen wurden etwas dunkler, die Nasenflügel blähten sich. Er rieb sich das Kinn, ging zu den Fenstern und blickte finster durch die Scheiben. »Um die Spreu vom Weizen zu trennen.«
    »Und der Weizen ist in diesem Fall der Mörder?«, fragte Jillian, mühsam beherrscht.
    »Ja. Wird wohl so sein.« Er war todernst, als er sie fragte: »Glaubst du, dieser Kerl hatte es auf dich abgesehen?«
    »Ich weiß nicht.« Wie viel konnte sie diesem Mann, diesem praktisch Wildfremden, anvertrauen?
    MacGregor sah immer noch aus dem Fenster, kniff die Augen zusammen, als ob er versuchte, den Schneesturm zu durchdringen, einen Blick auf das Dahinterliegende zu erzwingen. »Warum warst du denn im Schneesturm auf der Bergstraße unterwegs?«
    »Und Sie?«, konterte sie.
    Er wandte sich rasch um, sein Gesichtsausdruck war so hart wie zuvor. »Ich war auf der Suche nach einem anderen Weg in die Stadt, um Proviant zu besorgen. Ich war mit dem Schneemobil unterwegs, und der Sturm wurde immer stärker, aber dann habe ich etwas gehört.« MacGregor schüttelte den Kopf, rieb sich aufseufzend den Nacken und trat an den Kamin.
    Er hat etwas zu verbergen,
ahnte Jillian und spürte ein Kribbeln der Angst.
Er treibt das gleiche Katz-und-Maus-Spiel mit dir wie du mit ihm.
    Der Mut wollte sie verlassen.
    »Ich dachte … also, ich konnte kaum etwas hören, weil der Motor meines Schneemobils ziemlich laut ist, aber ich glaubte, einen Schuss gehört zu haben. Hörte sich nicht wie die Fehlzündung eines Fahrzeugs an.« Sein Blick suchte ihren, und in der grauen Tiefe entdeckte sie etwas, etwas Dunkles, Geheimnisvolles. Jillian erinnerte sich an eine dunkle Gestalt kurz nach dem Unfall in der Nähe ihres Wagens.
    Er stand vor dem Kamin, seine Beine verdeckten die Flammen, und der Raum schien dunkler zu werden. Zu schrumpfen. Während der Sturm nicht nachließ.
    »Okay«, sagte sie leise,

Weitere Kostenlose Bücher