Der Sodom Kontrakt
ich jeden Aufprall. Vielleicht habe ich ein paar Rippen gebrochen oder Prellungen. Das macht nichts. Aber du stirbst.”
“Wohin?”
“Über die Dörfer zur Autobahn nach Antwerpen.”
Tank telefonierte mit seinem Handy, ließ Gill aber nicht aus den Augen. “Die Landezone muss gesäubert werden. Huub hatte einen Unfall. Ich fahre zum Unterschlupf. Ich hab den Besucher aus Deutschland dabei. Informiert unseren Patron.”
Gill fuhr auf die Autobahnauffahrt und beschleunigte.
“Wenn du noch mal über sechzig fährst, klebt dein Gehirn an der Windschutzscheibe. Solange du lebst, kannst du hoffen. Vielleicht geschieht ein Wunder und ein Engel steigt herab, um dich zu beschützen. Wenn du nicht tust, was ich sage, stirbst du hier und jetzt. Hoffe darauf, dass sich vielleicht eine unerwartete Möglichkeit bietet und sieh die Hoffnungslosigkeit des Moments ein.”
Gill drosselte die Geschwindigkeit und glitt auf die rechte Fahrbahn. Wütende Laster überholten ihn hupend. Tank betrachte Gill durch den Innenspiegel.
BRÜSSEL. “Ich halte dein Kommen für keine gute Idee”, sagte Kapell zu Wilcke. Sie saßen in Tanks Restaurant. Jans war von einem Mitarbeiter Tanks in den Hinterraum gerufen worden.
“Geht es nicht in deinen Kopf, dass wir beide am selben Ende des Stricks ziehen? Die BND-Interessen decken sich mit meinen Interessen, beziehungsweise mit politischer Notwendigkeit.”
“Warum hast du nicht früher mit offenen Karten gespielt? Du hättest mir sagen müssen...”
“Red doch nicht so blöde daher. Du hättest nicht anders reagiert. Außerdem wusste ich da noch nicht, wie sich alles entwickelt. Ich bekomme meine Aufträge, genau wie du.”
“Meine Befehle erteilt der Nachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland. Das ist wohl etwas anderes, als für einen korrupten Politiker Killer anzuheuern und die Schmutzarbeit zu machen.”
“Du brauchst Nachhilfeunterricht, um das System zu begreifen. Deine Aufgabe ist dieselbe: Du sollst Gill unschädlich machen, weil er eine Gefahr für deine Organisation darstellt. So lautet wahrscheinlich die offizielle Begründung. Aber er ist eine viel größere Gefahr. Er kann mit diesen Erpresserfotos das politische System erschüttern. Nicht nur einen regionalen Bürgermeister, sondern dem schönen Europagedanken schaden. Was könnte schlimmstenfalls passieren, wenn die Fotos in die falschen Hände kommen? Erkläre du es mir. Ihr Geheimdienstler seid doch so brillante Analytiker.”
“Die Fotos zeigen, wie du sagst, Lambert mit Nihoul. Lambert war nicht nur der Freund deines Freundes Neuhaus, sondern auch mal ein enger Mitarbeiter des EU-Kommissars Veighans. Die Dutroux-Geschichte könnte über die belgische Grenze schwappen und einen Haufen Leute mitreißen.”
“Sind nun unsere Interessen deckungsgleich?”
“Wahrscheinlich. Aber ich muss das Pullach melden.”
“Von mir aus. Aber die Fotos und die Negative müssen her. Ich hau nicht eher ab, bis ich sie vernichtet habe und Gill eine Leiche ist.”
Jans kam zurück. “Gute Nachrichten. Tank hat Gill und die Frau geschnappt. Anscheinend ist Gill nach Holland gefahren, um die Fotos zu holen. Tank hat Fotos und Negative in Gills Auto gefunden...”
“Schnaps für alle!” brüllte Wilcke durch das distinguierte Restaurant. Ein paar blasierte Gäste schauten kurz zu ihm hin, verzogen verächtlich den Mund und wandten sich wieder ihrem Essen zu.
“Du bist und bleibst ein elender Proll”, sagte Kapell angeekelt.
Wilcke ließ sich nicht beirren und ging zum Tresen. Er kam mit einer Flasche Obstbrand zurück und goss sich seine leere Kaffeetasse voll. “Für mich ist das ein Grund zum Feiern. Mein Schützling ist aus der Schusslinie. Ihr könnt euch um Europa kümmern. Nicht mein Bier. Ich halte meinen Hinterhof sauber.” Er trank den Schnaps in einem Zug und wollte nachschütten.
Kapell hielt die Flasche fest.
“Verdammt. Nicht jetzt. Wir müssen die Sache zu Ende bringen. Wenn du nicht spurst, zieh ich dich mit aus dem Verkehr. Deine Sauferei ist ein Sicherheitsproblem.”
“Tank bringt Gill zu einem sicheren Haus, nicht weit von hier. Wir sollten hinfahren”, schlug Jans vor.
Wilcke sah Kapell wütend an. “Ich, ein Sicherheitsrisiko? Du hast keine Ahnung, wie ich euch allen den Rücken freihalte.” Er entriss die Flasche Kapells Griff und füllte die Tasse bis zum Rand. Er trank sie schlürfend leer. Jans sah ausdruckslos zu. Er war froh, dass die Deutschen bald verschwinden
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