Der Sodom Kontrakt

pass mit deiner Trinkerei auf. Wenn du im Suff zuviel erzählst, schicken wir dich auf Entzug.”
    “Euch sind wirklich die Spionageromane zu Kopfe gestiegen. Ihr seid nicht die CIA.”
    “Du weißt nichts. Du kennst das Spiel nicht, wie es heute gespielt wird. Wir leben nicht mehr in der Idylle des Kalten Krieges. Wer das am schnellsten begreift, wird überleben. Wer nicht dazulernt, hat es künftig schwer.”
    Wilcke legte auf und tastete mit zittrigen Händen nach dem Flachmann in der Schublade. Ein kräftiger Schluck war nötig.
    Es braucht nur einen schlechten Tag, um tausend gute kaputtzumachen, dachte er, als sein Hirn wohlig umnebelt wurde.
     
    HERDECKE. Igel lenkte den Wagen sicher über die dunkle Landstraße nach Herdecke. Der Regen hatte aufgehört, aber nicht für lange. Die Straße war nur wenig befahren. Igel kannte die Strecke gut. Aber das hatte er Alexa nicht auf die Nase gebunden. Schließlich war er kein Idiot. Schlimm genug, dass ausgerechnet er die Chefin fahren musste. Aber ohne einen Kerl an der Seite traute sie sich wohl nicht in Dortmunds exklusivsten Puff. Neben ihm las Alexa im Licht einer kleinen Taschenlampe die Akte von Karibik-Klaus. Deshalb hatte sie Igel als Fahrer haben wollen. Ihre Zeit war knapp und sie wusste so gut wie jeder andere, dass sich die Aufklärungschancen bei Mord nach vierundzwanzig Stunden verschlechterten.
    “Unfassbar. Wo kriegt Wilcke nur seine Informationen her?”

“Er soll gute Beziehungen haben. Die Akten des OK sind legendär.”
    “Und am Rande des Datenschutzes.”
    Alexa las: Klaus Danner, geboren am 12.5.1951 in Fischen, Allgäu. Vater: Landarbeiter. Mutter im Kindbett gestorben. Jugendstraftaten: Körperverletzung, Einbruch. Mit 14 Jahren Schulabbruch. Geht nach München. Eine ältere Prostituierte nimmt ihn unter die Fittiche und er lernt die Krumme. Als Jüngster beteiligt bei der Schießerei in der West-Berliner Bleibtreustraße am 27.6.1970; dabei ging es um einen Verteilungskampf zwischen persischen- und Berliner Zuhältern. Der Berliner Unterweltkönig Klaus Sp. hatte sich Verstärkung einfliegen lassen. Ein Toter und zwei Schwerverletzte. Es besteht der Verdacht, dass er 1973 bei der Ermordung des Hamburger Bordell-Wirtes Hans Helmcke seine Hand im Spiel hatte. 1973 bis 1974 betrieb er über Strohmänner verschiedene Hamburger Etablissements, die der Förderung zur Prostitution Vorschub leisteten. 1975 tauchte D. im Libanon als Waffenhändler auf. Kurzfristig war er mit einer palästinensischen Organisation liiert und kümmerte sich um deren Logistik. Eine Verbindung zum Schwarzen September wurde zeitweilig angenommen, aber wieder verworfen. In den Jahren 1977/8 lassen sich keine Aktivitäten von D. ausmachen, unklar ist auch, wo er sich in dieser Zeit aufhielt. Einige Spuren deuten darauf hin, dass er in den USA und Kolumbien Kontakte zum Medellin-Kartell und besonders dessen “Transport-Chef” Carlos Lehder aufbaute. 1979 tauchte er als Sicherheitschef der Bahamas-Insel Norman’s Cay auf. Die Insel-Grundstücke wurden von Mai 1978 bis Januar 1979 für ca. 1 Million Dollar von Carlos Lehder aufgekauft, der somit die Insel in Besitz nahm. Es wurde eine Landebahn mit Navigationssystem für Nachtlandungen errichtet, und die Insel diente als Zwischenstop für den Kokainschmuggel zwischen Kolumbien und Florida. 1982 taucht D. in Afghanistan auf, wo er als angeblicher Logistikexperte den Nachschub für Mudjahedin-Gruppen organisiert. Laut nicht verwendbarer nachrichtendienstlicher Quellen organisierte er den Opiumhandel der Pathanen-Stämme mit Politikern in Karachi. 1983 ist er mit einer Schussverletzung in einem Krankenhaus in Ankara. Wahrscheinlich war er maßgeblich in eine Auseinandersetzung zwischen der kurdischen PKK und der türkischen Mafia, den Babas, verwickeltt. Es ging dabei um die Kontrolle der türkischen Mohnanbaugebiete. Danach verwischen sich die Spuren. 1990 erscheint er in Dortmund und eröffnet mehrere gastronomische Betriebe, Discotheken, Spielhöllen und Nachtbars. Seitdem steht er einem Imperium vor. Ihm gehören Bordellbetriebe (darunter das Hasenhaus, das er als ersten Wohnsitz angibt), Kneipen, Videotheken, eine Pornovideoproduktion, Gebrauchtwagenhandlungen (genaue Auflistung im Anhang). Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass sein hohes Startkapital aus jahrelangen Einkünften aus dem internationalen Drogenhandel stammt. Zuletzt wurde er aktenkundig im Zusammenhang mit einer Körperverletzung gegen Herbert