Der Sodom Kontrakt
noch weitere Erkenntnisse ziehen?”
“Chromatographische Analysen beweisen, dass beide Motorenöle identisch sind. In beiden ist der gleiche Prozentsatz eisenhaltiges Aluminium, was vom Motorenverschleiß herrührt.”
“Was bedeutet?”
“Die Wahrscheinlichkeit, dass sie zwei Autos finden, die Öl mit exakt derselben Mischung verlieren, ist unwahrscheinlicher als eine Jungfrauengeburt.”
“Wenn wir das Auto finden, könnte sich der Fahrer also nicht rausreden?”
“Er hätte genauso gut seine Fingerabdrücke hinterlassen können.”
“Danke, Kolleck. Ich weiß zwar noch nicht, ob es mir hilft, aber die Information ist gespeichert und abrufbereit.”
“Manchmal nützen diese Sachen was, manchmal nicht.”
“Wenn Sie auf weiteres stoßen und Ihr Instinkt anspringt, sagen Sie mir sofort bescheid. Tag oder Nacht.”
“Selbstverständlich. Noch einen angenehmen Abend.”
“Wir sollten uns endlich mal privat auf ein Schwätzchen treffen.”
“Es würde mich freuen.”
Alexa ging in die Küche und nahm sich ein Glas Wein. Hatte Gill einen Komplizen und deshalb sein Auto am zweiten Tatort stehen lassen? Karibik-Klaus? Aber soviel Dämlichkeit passte nicht. Brenners Freundin Monika hatten sie bisher auch noch nicht gesprochen. Das alte Lied: Je mehr Zeit bei der Aufklärung eines Mordfalls verstrich, umso schlechter waren die Chancen für die Ermittler. Aber sie hatten immerhin schon einen Tatverdächtigen. Man musste ihn nur noch einfangen. Sie ging zurück ins Wohnzimmer, nahm einen Roman von Manchette und fing an zu lesen. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Was nichts mit Manchettes exzellenten Roman zu tun hatte...
CAMPINGPLATZ. Gill wurde von vier Armen hochgerissen. Ein Sauerstoffstäbchen zerbrach unter seiner Nase, und er kam langsam zu sich. Er schüttelte den Kopf. Seine Hände wurden nach vorn gezerrt, und er empfand plötzlich Schmerzen.
Gill öffnete die Augen und sah, dass sie in einem Schraubstock zusammengepresst wurden. Er schrie auf. Ein dürrer Mann mit einem schwindsüchtigen Raubvogelgesicht zog die Winde nochmals an und grinste ihm ins Gesicht. Er trug eine abgetragene Lederjacke und eine Militärhose, die vielleicht im tiefsten Sibirien der letzte Schrei war. Leitungen und Werkzeuge lagen herum, und es stank nach Öl und Benzin. Langsam wurde Gill klarer im Kopf. Er war in der Werkstatt. Er sah, dass zwei ähnlich modisch gekleidete Kerle Monika aus der Hütte zerrten. Sie wehrte sich, schrie. In ihrem Gesicht stand Panik. Die Männer lachten. Einer sagte etwas in einer Sprache, die Gill nicht verstand. Der Schwindsüchtige wühlte in seinem Field Bag herum und grunzte respektvoll, als er Gills Ausrüstung betatschte. Er schaute Gill an. “Was bist du für eine Mann? Was du machen mit diese Schießgewehr?”
“Mach mich los. Ihr habt keinen Grund, euch vor uns zu fürchten.”
“Du sein nicht Polizei.”
“Nein. Ich bin nicht von der Polizei.”
“Dann du bist besser Mann. Gangster mit Schießgewehr.” Er lachte und zeigte ein schwarzes Loch mit vereinzelten Zähnen.
“Kommt ihr aus dem Kosovo?”
Der Schwindsüchtige lachte wieder, dann wurde sein Gesichtsausdruck böse. “Du mich beleidigen? Wir aus Romania. Bucuresti. Tapfere Männer, sehr schlau.”
Gill versuchte es auf die blöde, anscheißerische Tour. “Die Rumänen sind tapfere Männer, das weiß ich.”
“Woher du wissen?”
“Wir waren Verbündete im Zweiten Weltkrieg. Eiserne Legion...”
“Das lange her. Hitler nix gutt. Hitler Eiserne Legion verraten. Kommunismus besser. Aber vorbei.”
Jetzt wusste Gill, in was er hineingeraten war. Dies war eine dreiköpfige Bande aus Rumänien, die ein paar Wochen in Deutschland Raubüberfälle beging und dann mit der Beute ins Heimatland zurückkehrte. Ehemalige Angehörige von Ceausescus brutalem Geheimdienst Securitate. Bereits seit Jahren nutzten organisierte Gruppe ihre Ausbildung und Logistik, um mit Stoßtrupps plündernd in die reichen westlichen Länder einzufallen. Sie hatten keine Probleme, an ordnungsgemäße Papiere oder Waffen zu kommen. Um im Zielland nicht aufzufallen, schliefen sie im Wald oder suchten sich unbewohnte Campingplätze als Rückzugsgebiet. Sie überfielen mit Vorliebe kleine Dorfsparkassen, Tankstellen oder einsame Häuser. Sie waren nicht sehr anspruchsvoll. Eine Beute von ein paar tausend Mark war in Rumänien ein Vermögen. Ihre Grausamkeit war berüchtigt, und wenige Hausbesitzer überlebten ihre
Weitere Kostenlose Bücher