Der Sodom Kontrakt
Katze vor einem Mauseloch konnte er geduldig warten, bis der Ganove einen Fehler machte. Dann schlug er zu. Büchner war ein abgeklärter, harter Bulle, der sich schon lange keine Gedanken mehr über politische oder verwaltungstechnische Entscheidungen machte. Als zweiter Mann hinter Wilcke fühlte er sich ganz wohl. Damit war er aus der Schusslinie, und Wilcke war kein Typ, der den Chef raushängen ließ. Aber heute war Wilcke nicht gut drauf.
“Wir sollten deinen neuen Spitzel auf die Sache ansetzen. Schließlich haben wir die Pornos in seinem Wagen gefunden”, sagte Büchner und schüttete zuviel Kaffeepulver in die Maschine. Er mochte ihn stark.
“Quatsch. Drei Pornos, die jeder in die Karre gelegt haben kann. Vielleicht sogar, um Lambert zu treffen, weil er so dick mit dem Bürgermeister ist. Ich lass Kubek in Danners Umfeld. Ist mehr als wahrscheinlich, dass Karibik-Klaus auch bei Kinderpornos die Finger drin hat. Schließlich gehört ihm offiziell eine Pornoproduktion. Wo Geld zu machen ist, ist er dabei.”
“Kinderpornos laufen über ganz andere Vertriebskanäle als erlaubter Schweinkram. Ich glaube nicht, dass Klaus da mitmischt. Ich kenne den Burschen schon ein paar Jahre...”
Wilcke rastete aus. “Ja? Weil du bei ihm umsonst ficken und saufen darfst, ist er ein ehrenwerter Geschäftsmann? Der Saukerl behauptet sich gegen die Ost-Gangs, gegen die Mafia und was weiß ich. Der erteilt Mordaufträge, so wie du deinen beschissenen Lottoschein ausfüllst. Aber bisher ist ihm keiner an die Karre gefahren. Man könnte meinen, die Dortmunder Polizei hätte ihn unter Artenschutz gestellt. Weißt du jetzt, warum sie mich zum Chef gemacht haben? Das stinkt ja geradezu nach Korruption.”
Büchner setzte die Maschine in aller Ruhe in Betrieb und nahm ächzend vor Wilckes Schreibtisch platz. Er war nicht für fünf Pfennig verärgert. “Blas’ dich mal nicht so auf, Wilcke. Ich hab nie was von Danner genommen. Du verwechselst mich mit Igel, der geht schon mal für lau in seinen Puff. Du kennst die Strukturen hier längst nicht so gut wie ich. Ich arbeite schon mein ganzes Leben hier. Bin nie rausgekommen. Wenn ich irgendwo hinfahre, wo ich die Reinoldi-Kirche nicht sehen kann, glaub ich, ich bin im Ausland. Ich will dich nicht reinlegen. Ich sag dir nur, wenn wir uns mit den Kinderpornos auf Klaus konzentrieren, rennen wir in eine Sackgasse und verlieren Zeit.”
“Quatsch mich nicht mit deinem Lokalpatriotismus voll. Ich kann den Alter-erfahrener-Bulle-von-der-Straße-Scheiß nicht mehr hören. Entweder du befolgst meine Anweisungen oder ich schmeiß dich aus dem Team.”
Büchner schloss die Augen. “Und was soll ich jetzt machen, großer Bwana?”
“Du besorgst dir einen Durchsuchungsbeschluss und nimmst Danners Videotheken auseinander. Bis du einen Kinderporno gefunden hast.”
“Wird nicht einfach sein, bei der Beweislage einen Beschluss zu kriegen. Außerdem braucht man reichlich Leute für so ‘ne Aktion.”
“Und wie einfach das wird! Heb deinen Arsch hier raus und kümmere dich drum.”
“Erst meinen Kaffee.”
“Nimm die Kanne mit in dein Büro. Ich krieg sowieso keinen runter.”
“Im Kühlschrank ist noch ‘n Bier.”
Wortlos ging Wilcke zum Kühlschrank und holte sich eine Büchse heraus. “Wer kauft eigentlich immer diese Hansa-Pisse? Als nächstes gibt’s vielleicht noch Sandler-Bräu.”
“Wer auf Hansa steht, trinkt nichts anderes mehr”, sagte Büchner kichernd. “Und dem steht dann auch nichts mehr.”
Wilcke riss den Verschluss ab. Die Büchse zischte. Er trank sie auf ex. “Wenigstens isses kalt.”
“Und törnt.”
Der Kaffee war durchgelaufen. Büchner schnappte sich die Kanne und verließ das Büro. Wilcke wählte eine Nummer.
“Kubek? Du wirst was für mich erledigen, und zwar zügig. Geh sofort in die Videothek am Hellweg... Ja, die Klaus gehört. Leih dir ‘n paar Filme und triff mich um zwölf in Oespel in dieser Kneipe... Wie heißt sie noch... Ja, ja, diese Dorfkneipe. Bau keinen Mist, sonst reich ich dich an meine Kollegin weiter.” Wilcke legte auf und stieß einen tiefen, biergetränkten Atemzug aus. Dann ging er an den eisernen Aktenschrank und öffnete das schwere Vorhängeschloss. Er nahm zwei Video-Kassetten aus einem Karton und verschloss den Schrank sorgfältig. Die Videos steckte er in eine Aktentasche. Er stand auf und nahm seinen Mantel. Die Tür wurde geöffnet, Alexa trat ein. Heute trug sie einen Hosenanzug aus schwarzer Seide.
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