Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sodom Kontrakt

Der Sodom Kontrakt

Titel: Der Sodom Kontrakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Compart
Vom Netzwerk:
eingesetzt. Dann war er übergelaufen und als Doppelagent für BND und CIA gearbeitet. Die Ost- und Westdienste hatten ihn akzeptiert und genutzt. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks fungierte er noch eine Weile als freier Agent. Doch aufgrund seines jetzt viel zu unbequemen Insiderwissens wurde er abgeschaltet.
    Solange er nicht weiter auffiel, hatte man ihm gesagt, könne er sein Leben leben. Diese Toleranz verdanke er nicht zuletzt einigen Akten, die er der Vernichtung in der Stasi-Zentrale in der Normannenstraße entzogen hatte. Keinesfalls dürfe er alte Kontakte nutzen oder staatlichen Stellen in die Quere kommen. Ausgestattet mit einer neuen Identität war er nach Dortmund gegangen und hatte sich als Sicherheitsexperte und Privatdetektiv niedergelassen. Die Wahl des Ortes war von einfachen Überlegungen bestimmt: Das Ruhrgebiet war ihm gut bekannt; außerdem war es das dichtbesiedeltste Gebiet Europas. Ideal zum Untertauchen, falls es nötig war. Ein ihm wohlgesonnener Ex-Stasi-Oberst, der nun für den BND tätig war, hatte für die ersten lukrativen Aufträge gesorgt. Bald konnte Gill ganz gut von seiner neuen Existenz leben.
    Ob als Personenschützer oder Eheschnüffler - mit einem Bein stand er immer am Abgrund und konnte jederzeit in eine unangenehme Affäre verwickelt werden. Und so war es nun auch gekommen. Als er sein Bild in den Medien gesehen hatte, wusste er, das sein Todesurteil unterzeichnet werden würde. Der BND könnte niemals zulassen, dass er als Angeklagter oder Zeuge vor Gericht erschien. Sollte er gar wegen des Mordes an Brenner verurteilt werden, hätte er nichts mehr zu verlieren und könnte sich erpresserisch an den BND um Hilfe wenden. So dachte jedenfalls der Dienst.
    Markus Wolf hatte vorgemacht, wie es funktionierte: Auf dem Höhepunkt der gegen ihn gerichteten Hexenjagd hatte er ein Buch veröffentlicht, das mehr andeutete als aussprach - nur um den Geheimdienstlern und Politikern zu signalisieren, was er alles wusste und dass er, wenn er wollte, ein neues Buch schreiben könnte, in dem er keine Andeutungen machte, sondern Dinge erzählte, die ihnen wirklich weh tun mussten. Dienste und Politiker waren sich sehr schnell einig, dass man Wolf besser in Ruhe ließ. Ein paar Scheinprozesse für die dumpfe Öffentlichkeit mit seinem Einverständnis - langwierige Verfahren, die sich möglichst bis zum Tod des alten Herren hinzogen oder mit kurzen Bewährungsstrafen endeten.
    Auch die CIA hatte nicht rausgekriegt, wo Wolfs Unterlagen, die vielleicht im Fall seines Todes veröffentlicht werden sollten, versteckt waren. Bei Gill war die Sache einfacher: Einem unbekannten Feldagenten, der sein halbes Leben lang an direkten Operationen teilgenommen hatte, trauerte kein Mensch nach. Leider wusste man ebenfalls nicht, welche Akten in Gills Besitz waren. Gill hatte nur Andeutungen gemacht. Aber jetzt hatte er gegen die absolute Regel verstoßen, nicht auffällig zu werden. Wie er den Dienst kannte, würde eine Abteilung ihn jagen, während die andere nichts davon wusste und noch über sein erpresserisches Potential nachgrübelte. Egal, was er tat - er war dran. Vielleicht könnte er nach Mexiko oder in ein anderes fernes Land gehen, in dem er Freunde hatte. Dort würde man ihn zwar auch aufstöbern, aber er hatte Verbündete und den Vorteil eines wilden, von der CIA oder einem anderen Dienst nicht völlig kontrollierbaren Landes. Vielleicht würde er genau das tun. Aber zuerst wollte er herauszukriegen versuchen, warum man ein kleines Licht wie Harry Brenner ausgeknipst hatte.
    Gill beendete seine düsteren Überlegungen und zwang sich zur Selbstdisziplin. Es war wie früher, als man ihn mit einer Aufgabe in einer heißen Landezone abgesetzt hatte. Es war das Leben, das er kannte. Das einzige Leben, das er einigermaßen beherrschte.
    Er schaltete den kleinen Fernseher auf der Fensterbank an. Die Nachrichten schienen ihn vergessen zu haben. Aber das bedeutete nichts. Die Medienwelt war schnelllebig. Heute wurde eben eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Neue Übeltaten mussten für den alles fressenden Zuschauer aufbereitet werden, und sein Fall brachte einfach kein spektakuläres Bildmaterial. Es wurde finster im Zimmer. Gill schaute aus dem Fenster. Der Himmel war schwarz. Nur wenig Sonnenlicht erreichte die Erde.
     
    DORTMUND. Alexa war wütend. Die arrogante Schnepfe vor ihrem Schreibtisch konnte oder wollte nichts über Harry Brenner und Gill erzählen. Sie hatte zwar ihr ehebrecherisches

Weitere Kostenlose Bücher