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Der Sodom Kontrakt

Der Sodom Kontrakt

Titel: Der Sodom Kontrakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Compart
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Grundes kassieren sie noch mal. Scheinfirmen werden als Subunternehmen eingesetzt. Ein Milliönchen müsste bei so einem Projekt mindestens hängen bleiben. Das ist hier inzwischen wie in Sizilien. Der große Einfluss, den sich die Politiker ergaunert haben, lässt sie dreist werden”, erklärte Schneider.
    Ein Mann mit Trainingshose, Lederhut und Aldi-Tüte hatte Schneiders Analyse mitbekommen und sprach ihn an. “Sie wollen doch wohl nicht sagen, dass unser Bürgermeister ein Lügner und Gangster ist?”
    Schneider musterte ihn kalt durch die Brille. “Weißt du eigentlich, dass es in Rom fast in jeder Straße eine Kirche gibt? In Witten gibt es in jedem Haus mindestens fünf Idioten.”
    Der Lederhut lief rot an. “Wie redest du mit mir? Hast du überhaupt ‘ne Ahnung, wie lange unser Bürgermeister schon dran ist?”
    Schneider wandte sich ab. “Seit dem Mittelalter. Abschaum wie du drücken auf die Lohnnebenkosten. Du bist doch bestimmt arbeitslos...”
    “Kann ich was dafür, wenn Thyssen dichtmacht? Ich hab mein ganzes Leben malocht und einen abgekrückt. Seit ich vierzehn war, bin ich auf Guss-Stahl gegangen und hab mich krumm malocht, du Sackgesicht!”
    Der Lederhut war eher froh als wütend darüber, jemanden mit seinem schweren Schicksal vollzulabern. Unbemerkt von den Umherstehenden knallte Schneider ihm einen trockenen Haken auf die aufgeschwemmte Leber. Der Lederhut sackte zusammen und stöhnte. Schneider trat ein paar Schritte vor.
    Schmidt schluckte den letzten Bissen herunter. “Diese Stadt ist ein Disneyland für Kaputte.”
    Bürgermeister Neuhaus übergab das Mikrofon an den kleinen agilen Fünfzigjährigen, der neben ihm stand. Sein gewelltes Haar schimmerte ölig. Sein Schlangenblick wurde von der Brille leicht gemildert. “Das ist er”, sagte Schneider. “Das ist Dieter E. Lambert.”
    “Wofür steht das E? Für Ekel? Der sieht ja aus, als würde er in der Friteuse duschen. So was Schleimiges.”
    Schneider überlegte, warum Lambert und Neuhaus sich so ähnlich sahen, obwohl sie von völlig unterschiedlicher Physiognomie waren. Äußerliche Ähnlichkeiten gab es nicht, aber sie wirkten wie Brüder. Dann kam er drauf: Es war der hinterhältige Ehrgeiz der Emporkömmlinge, der beiden im Gesicht geschrieben stand.
    Etwas Speichel tropfte von Lamberts Lippen als er zu sprechen begann: “Einige von euch kennen mich. Ich habe mich mit meinen Firmen vor ein paar Jahren im Industriegebiet angesiedelt und neue Arbeitsplätze geschaffen...”
    Ein Jugendlicher brüllte im vorbeigehen: “Wir wollen die Leibeigenschaft zurückhaben.”
    Lambert lachte. “Der junge Mann hat eine alte Vision meiner liberalen Partei lässig ausgesprochen.” Die dumpfen Zuhörer grunzten freudig über soviel geniale Selbstironie. “Spaß beiseite. Jeder weiß, dass ich nicht in der Partei des Bürgermeisters bin und ihr nicht mal nahe stehe. Aber wo er Recht hat, hat er Recht. Witten braucht diese Bebauung, um neue Investoren anzuziehen. Ihr wisst doch: Das Kapital ist ein scheues Reh!”
    “Wohl eher ein blindes Krokodil”, murmelte Schneider.
    Ein Verwegener brüllte: “Überall machen Geschäfte zu! Sollen sie doch in Häuser ziehen, die schon jetzt leer stehen!”
    “Das hilft uns nicht. Wir brauchen ein Zentrum, in dem alles nahe beieinander liegt, die Wege zur Verwaltung kurz sind und Entscheidungen schnell getroffen werden. Witten muss für Unternehmen attraktiver werden. Eine gesunde Wirtschaft ist die beste Sozialpolitik. Mit Witten muss es wieder aufwärts gehen, oder? Also, Leute. Unterschreibt hier für den Ausbau eures Rathausplatzes.”
    Der Verwegene ließ sich nicht beirren: “Bürgermeister! Versprichst du, dass dann wirklich neue Arbeitsplätze gemacht werden?”
    Neuhaus trat vor, nahm Lambert das Mikrofon aus der Hand und beugte sich vor. Einen Augenblick hielt er inne und schaute ernst auf sein Wahlvieh. “Ich verspreche es.”
    Ein Brummeln ging durch die Menge.
    Schneider schüttelte den Kopf. ”Auf diese Desperados kann ich nicht mal böse sein. Es ist der Pöbel, der mich krank macht.”
    “Jeder von denen ist genauso wahlberechtigt wie Sie und ich, Herr Schneider. Das ist Demokratie. Und das soll die hochentwickeltste Regierungsform sein?”
    “Reden Sie keinen Unsinn. Wir haben eine Oligarchie des Parteienfilzes. Gemeinsamkeit aller Demokraten nennt sich das und bedeutet organisierte Korruption. Und das ist gut so. So wird der Pöbel in Schach gehalten und lernt, nie seine

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