Der Sodom Kontrakt
Kollege angesprochene Provinzbulle strahlte. “Ich schreib dann mal meinen Bericht. Sie brauchen mich ja nicht weiter. Was ist mit den Kindern, die den Erhängten gefunden haben?”
“ Geben Sie mir ihre Adressen und bringen Sie sie nach Hause.”
Der Rotgesichtige tippte an seine Mütze und ging zu seinem Dienstwagen, vor dem zwei achtjährige Jungen mit großen, erwartungsvollen Augen standen. Sie hofften, dass der Spaß weiterging.
Alexa ging zu Kolleck. “Autospuren.”
“Ich fresse meinen Chromatographen, wenn das nicht Spuren desselben Autos sind...”
“Sie meinen...”
Kolleck richtete sich ächzend auf und deutete auf einen winzigen dunklen Punkt im Schnee.
Alexa musste sich anstrengen, um ihn zu erkennen. “Jede Wette, dass das Öl ist. Garantiert die gleiche Zusammensetzung wie an den anderen Tatorten.”
“Reicht diese winzige Spur aus? Durch den Schnee könnte...”
Kolleck sah sie verständnislos an. “Natürlich reicht sie aus. Ihr Nichtwissenschaftler habt mittelalterliche Vorstellungen von Größenordnungen. Der Schnee ist zwar nicht gerade hilfreich, aber auch keine große Behinderung.”
Einer von Kollecks Männern kam mit einem Briefumschlag in der Hand zu ihnen. Er hielt den Brief mit dünnen, durchsichtigen Handschuhen fest.
“Chef? Den haben die Mörder der Leiche ins Sakko gesteckt.”
“Die?” fragte Alexa.
“Es waren zwei. Kein Zweifel. Das können wir jetzt schon sagen. Die Spuren sind gut. Sie haben nicht mal versucht, sie zu verwischen.”
“Soll ich den Brief erst im Labor aufmachen?”
“Mit den Handschuhen kann doch nicht viel verwischt werden, oder?”
“Nein.”
“Dann machen Sie auf und lesen vor.”
Kollecks Mann öffnete vorsichtig den Brief und nahm ein Blatt heraus. Ein roter Stern mit einer Maschinenpistole davor zierte das Kopfende. “Die rote Front des Anti-Rathausplatzbaus hat den imperialistischen Büttel Lambert exekutiert, da er den Bau für ein ausbeuterisches Handelszentrum unterstützte. Wie ihm wird es jeden ergehen, der versucht, in Witten ein Zentrum für ausbeuterische Arbeit zu errichten. Die rote Front lehnt die vielen neuen Arbeitsplätze ab, die durch den Rathausanbau entstehen würden, da sie nur dazu dienen, die Unterdrückten und Beleidigten weiterhin in Abhängigkeit zu halten. Tod den Rathausplatzbebauern! Unterzeichnet: Kommando Nestor Machno.”
“Was ist bloß mit den Roten los? Durch so einen Mord helfen sie doch der Pro-Bebauungsfraktion. Als sie Rohwedder umgelegt haben, haben sie auch alle Proteste gegen die Treuhand zum Erliegen gebracht. Von politischer Strategie haben die keinen Schimmer”, wunderte sich Kolleck.
“Und kein Wort über Subventionsbetrug, der durch diese Bebauung möglich wird”, bestätigte Alexa. “Derselbe Brief ist bestimmt schon bei den Zeitungen. Wir brauchen ihn nicht zurückhalten.”
“Wer ist Nestor Machno?”
“Das war ein ukrainischer Anarchist, der im Russischen Bürgerkrieg sowohl gegen die Weißen als auch die Roten kämpfte. Er musste fliehen und ging nach Paris ins Exil, wo er starb. Dort schrieb er seine Memoiren. Eine Bibel der Anarchisten", dozierte Alexa. "Es könnte ein interessanter Hinweis auf die Gruppierung sein. Ich habe von denen bisher noch nichts gehört.”
“Was ich nicht verstehe: Wenn sich die Ölspur als identisch mit den anderen erweist, wäre dieses Kommando auch für die anderen Morde verantwortlich. Aber Sie gehen doch von einem Täter aus, diesem Gill.”
“Und eventuell einem Helfer. Wir haben bisher keine Erkenntnisse über die Motive dieser Mordserie. Das Bekennerschreiben könnte ein Ablenkungsmanöver sein. Gill will uns auf eine falsche Fährte locken. Er sollte lieber das Auto wechseln. Wenn Sie die Analyse der Ölspur haben, rufen Sie mich sofort an.”
Alexas Handy piepte. Igel meldete ihr den Mord an einem Wittener Arbeitslosen auf offener Straße. Eine Frau hatte beobachtet, dass Lambert zuvor von den Tätern entführt worden war. Zwei Täter. Ein BMW.
“Endlich haben wir was. Gill fährt einen BMW und hat einen Helfer. Gut gemacht, Igel. Die Frau soll sich die Kartei ansehen.” Alexa beendete das Gespräch und verabschiedete sich von Kolleck.
ESSEN. “Eigentlich sind wir auch Anarchisten im Machnoschen Sinne”, bemerkte Schmidt. Er saß mit Schneider in einem gutbürgerlichen Café mit Blick auf den Baldeneysee, über dem Nebelschwaden hingen. Sie hatten das Quartier gewechselt und in einem Essener Hotel
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