Der Sodom Kontrakt
fast so schlimm wie auf Mallorca. Ganze Siedlungen mit Wochenendhäuschen sind fest in deutscher Hand. Ohne Tourismus hätten die Leute hier noch mehr Arbeitslose. Natürlich freuen sie sich, dass die Deutschen jetzt in der Krise stecken. Sie haben sich jahrelang so aufgeführt, als könnten sie ihre Häuser aus der Hosentasche bezahlen.”
“Der Deutsche im Ausland hat das große Talent, jedem vor den Kopf zu stoßen und sich innerhalb kürzester Zeit unbeliebt zu machen.” Gill bestellte noch eine Runde und gab den Trunkenbolden am Tresen einen Genever aus. Als die Wirtin die Schnäpse vor sie hinstellte, verstummten sie. Einer knallte eine Zehnguldennote auf den Tresen, stand auf und verließ die Kneipe, ohne sein Glas anzurühren. Die anderen besprachen sich leise. Die Gier der Suffkopp-Internationale behielt die Oberhand. Sie prosteten Gill und Monika verschämt zu und tranken auch den Schnaps ihres stolzen Kollegen.
“Wird Zeit, ins Bett zu gehen. Ich hatte wenig Schlaf in letzter Zeit.”
Gill holte seine Tasche aus dem Auto. Der Mann der Wirtin zeigte ihnen die einfachen Zimmer im Anbau. Sie lagen nebeneinander. Gill öffnete das Fenster, zog sich aus und schlief mit der Glock in der Faust sofort ein.
Nachdem Monika sich abgeschminkt hatte, saß sie rauchend auf der Fensterbank. Es war finstere Nacht. Der Wind heulte von der Ostschelde her und rüttelte an den Häusern. Die dünne Schneedecke schimmerte silbern. Sie wunderte sich über sich selbst. Achtundvierzig Stunden, die ihr Leben und ihre Persönlichkeit verändert hatten. Die Vergewaltigung hatte ihren Kern nicht zerstört. Ihre weichen Seiten waren verletzbarer geworden, ihre harten noch kantiger. Es war besser, mit Gill auf Abenteuer auszuziehen, als sich von ihrem Mann tröstend in die Arme nehmen zu lassen. Ihr materialistischer Kokon war durch die schmerzhafte Situation durchbrochen worden, als sie ihre physische Sterblichkeit hilflos erkennen mußte. Sie hatte die Gemeinheit nackter Gewalt erfahren. Das Schrecklichste war die gleichgültige Geilheit des Vergewaltigers, der gnadenlose Macht über sie ausübte.
Sie war erstaunt und stolz auf sich, dass sie dem Mistkerl den Schwanz abgeschnitten hatte. War ihre zivilisatorische Tünche abgebröckelt? War sie Gill ähnlicher als den Menschen, mit denen sie zusammenlebte? Oder war es nur die Faszination des Lebens außerhalb ihrer Wohlstandsblase?
Jedenfalls hatte sie sich seit ihrer Kindheit nicht mehr so lebendig gefühlt.
DORTMUND. “Unterschreib”, sagte Wilcke zu Kubek und schob ihm das Protokoll hin. Der schwitzende Kubek schaute ihn ängstlich an. Zwei Stunden hatte Wilcke mit ihm an der Aussage gefeilt. Nun war sie wasserdicht. Damit konnte er Karibik-Klaus festnageln. Sie hatten spekuliert und gelogen. Alles im “Dienst der Gerechtigkeit”, wie Wilcke es formulierte. Die jedoch interessierte Kubek einen Dreck. Er wollte seinen Arsch retten.
“Aber ich muss das vor Gericht aussagen.”
“Das musst du, mein lieber Junge.” Wilcke war zufrieden wie eine Katze, die unbegrenzten Zugang zum Fischgeschäft hat. “Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Wenn du vor Gericht glaubwürdig bist, wird Klaus zerbröselt, und du kommst in unser Zeugenschutzprogramm und wirst weit weg von hier ein tolles Leben führen. Du tust einmal in deinem beschissenen Leben was Gutes, indem du diesen Menschenschrott aus der Geschichte bläst. Daran kannst du dich immer hochziehen.”
“Warum bist du eigentlich so hinter ihm her?”
“Er ist alles, was ich hasse. Ein verdammter Gesetzesbrecher, der sich nicht an die Spielregeln hält und durch die Stadt läuft, als wäre er unverwundbar. Er ist ein Fossil und hält sich für den Größten. Er steht sogar der kriminellen Entwicklung im Weg. Er führt sich auf wie ein Kinogangster. Geschäftsmann? Dass ich nicht lache. Er ist ein asoziales Krebsgeschwür. Früher ist er in einem NSU-Prinz mit Fuchsschwanz von Kirmes zu Kirmes gefahren und hat kleine Mädchen angebaggert und auf den Strich geschickt. Ich verfluche den Tag seiner Geburt.”
“Ist es das... Kennst du ihn noch von früher?”
Wilcke wurde sauer. “Das geht dich einen Scheißdreck an, du kleine Wichsratte. Wenn du nicht mitmachst, dann eben nicht. Wir kriegen ihn auch ohne dich. Aber du machst für den Rest deines Lebens an der Miss Knast-Wahl mit.”
“Amerika. Es ist abgemacht, dass ich in die USA komme.”
Wilcke war sofort wieder bester Laune. “In einen Staat
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