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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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stopfte schnell die durchdringend scharf riechenden Sachen in ihren Rucksack zurück und eilte ihm nach.
    Nicholas sah nach unten. Die Kleine war wirklich tapfer.
    Wie Tristram.
    » Diese alte Frau – sie tötet Kinder.«
    » Ich weiß. Es hat sich meine Schwester geholt, schon vergessen?«
    » Es ist eine Sie. Und sie ist …« Er zuckte mit den Achseln. » Sie ist schon sehr lange hier. Sie ist gefährlich, Hannah. Du musst echt heim.«
    » Ich muss wirklich nach Hause.«
    » Ja«, sagte er, erleichtert, dass er endlich zu ihr durchgedrungen war.
    » Ja.«
    Aber sie folgte ihm weiter. Dann fiel der Groschen.
    » Verbesserst du mich etwa?«
    » Ja. Sie drücken sich nicht gut aus«, erwiderte Hannah und schulterte ihren Rucksack. » Ich will nicht nach Hause. Aber da ich nichts mehr habe, womit ich sie verbrennen kann …«
    » Was gut ist.«
    » … helfe ich Ihnen.«
    Sie gab sich alle Mühe, mit ihm Schritt zu halten. An ihren dünnen Beinen lief Blut hinab. Er sah auf die Uhr. Es war fast drei. Wenn er sie zurückbrachte, würde es nach vier sein, bis er wieder zurück war, und dann blieben ihm nur anderthalb Stunden Licht – soweit man in dieser trüben Düsternis überhaupt von Licht reden konnte. Er blieb stehen, fasste das Mädchen an den Schultern und kniete nieder, um ihr direkt in die Augen zu schauen.
    » Sie schneidet ihnen die Kehle durch, Hannah. Ich weiß nicht, ob ich dich beschützen kann. Ich versuche mein Glück, aber ehrlich gesagt schätze ich meine Chancen nicht sehr hoch ein. Ich kann nicht für dich auch noch verantwortlich sein. Geh nach Hause, und verwende deine Energie darauf, deine Eltern zu überzeugen, dass sie irgendwohin ziehen, wo garantiert nie irgendwas passiert. Mein Vorschlag wäre Canberra.«
    Er drehte sich um und ging weiter.
    Im nächsten Moment hörte er ihre Schritte hinter sich.
    Eine Viertelstunde später ragte das Wasserrohr vor ihnen auf wie eine rostrote Gletscherwand. Nicholas fiel auf, dass die Stahlwände exakt die Farbe von getrocknetem und verkrustetem Blut hatten. Regenwasser floss aus den Zwillingstunneln unter dem Rohr; der Waldboden weinte immer noch den schweren Regen aus. Sie waren dem Bachlauf bis zu dem Rohr gefolgt, aber es war Hannah gewesen, die auf das Wasser gezeigt hatte.
    » Schauen Sie.«
    Kleine Geschöpfe zappelten in dem kalten, teefarbenen Strom. Spinnen. Dünnbeinige, dickleibige Seidenspinnen, kompakte Zebraspringspinnen, kohlschwarze Witwen, Kugelspinnen, große Jägerspinnen, stämmige Bolasspinnen – sie alle strampelten sich ab, um dem kalt murmelnden Wasser zu entkommen, sie klammerten sich an Zweige oder bildeten Knäuel, wo eine über die andere kroch. Einige trieben mit dem krabbenartigen Bauch nach oben im Wasser, zusammengerollt wie geballte Fäuste, ertrunken.
    » Das könnte übel werden«, sagte Nicholas.
    Es war übel.
    In den Tunneln unter dem Wasserrohr spannten sich so viele Netze, dass man am andern Ende keine Lichtkreise sah. Die Seidenmasse war so dicht, dass sie aus den Durchgängen quoll und das Wasser sie wie eine Art abscheuliches Haarnetz drei Meter weit bachabwärts zog. Tausende von Spinnen ließen die Seide dunkel schimmern.
    Hannah wandte sich ab und erbrach ihr Mittagessen.
    Nicholas sah zu, unschlüssig, ob er ihr helfen oder sie in Ruhe lassen sollte. Er trat unsicher von einem Fuß auf den andern. » Alles in Ordnung?«
    Sie nickte und wischte sich den Mund ab.
    » Ich glaube, sie weiß, dass wir kommen«, sagte er.
    Hannah zwang sich, zu den Tunneln zu blicken. » Sie sind da durchgegangen?«, flüsterte sie.
    » Da war es aber nicht … so schlimm wie jetzt.«
    Sie sah ihn an, als würde sie ihn neu einschätzen.
    Nicholas sah auf die Uhr, und ein neuer Angstschauder lief ihm über den Rücken. Der Tag ging rasch seinem Ende entgegen.
    Er hatte vorgehabt, seinen Trick zu wiederholen, eine weitere Dose Pestizid in den Tunnel zu werfen und das Gas diesmal anzuzünden. Aber die Durchgänge waren so massiv von Spinnennetzen verstopft, dass er die Dose nicht weiter als bis Armeslänge hineinkriegen würde.
    » Wir brauchen eine Leiter. Wir brauchen zwei Leitern«, murmelte er. Er sah Hannah an. Sie furchte nachdenklich die Stirn.
    » Was ist?«, fragte er.
    » Wie kommt sie durch?«
    Nicholas schüttelte den Kopf. » Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    » Wie kommt Quill durch?«, fragte Hannah. » Sie sagten, sie verwandelt sich in ein junges Mädchen und arbeitet in einem Laden an der Myrtle Street. Wenn

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