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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Gebüsch rascheln, und einen Moment später sah sie ihn durch einen Tränenschleier über sich stehen.
    » Lass mich mal sehen.« Er legte die Flinte neben sich auf den Boden, nahm ihren Kopf sanft zwischen seine Hände und untersuchte ihre Kopfhaut. Ein Gewehr! Der Anblick zog wie ein Bogen durch Hannahs Tränenflut, und sie dachte begeistert: Er ist ebenfalls auf der Jagd!
    Der Mann schien schwer erleichtert zu sein, dass sie noch ganz und im Wesentlichen unverletzt war. Dann schnupperte er in die Luft. » Was ist das für ein Geruch?!
    Hannah merkte, dass ihr Rucksack unter ihr lag. Ihr Rücken fühlte sich kalt und nass an, und sie nahm den scharfen Geruch des Antiseptikums wahr.
    » Oh nein!«
    Sie fuhr herum, streifte den Rucksack ab und öffnete den Reißverschluss. Die Flasche mit dem Methylalkohol war aufgeplatzt. Ihr Rucksack roch wie eine Arztpraxis.
    » Scheiße«, fluchte sie und begann die anderen Sachen herauszuziehen. Die Zeitung war durchtränkt, was nicht so schlimm war, aber die Schachteln mit den Streichhölzern zerfiel unter ihren Fingern.
    » Ja, scheiße«, murmelte der Mann und sah stirnrunzelnd zu, wie sie ein Messer und das Insektenspray aus der Tasche holte. Sie drückte zweimal probehalber auf die Dose – sie funktionierte noch.
    » Na, das ist doch schon mal was«, sagte sie. Sie blickte zu dem Mann auf. » Sind Sie auch wegen der Spinnen da?!«
    Er blinzelte.
    » Spinnen?«
    Nicholas’ erster Impuls war zu lügen. » Welche Spinnen?«
    Hannah schürzte empört die Lippen.
    » Gut, dann halt wegen dem, das die Spinnen schickt.«
    Nicholas fühlte sich einmal mehr von Surrealität angeweht. Von allen Leuten, die er vielleicht an seiner Seite gebrauchen konnte, hatte ihm das Schicksal ausgerechnet ein zehnjähriges Mädchen geschickt.
    » Du solltest nach Hause gehen, Hannah. Du weißt nicht …«
    Sie sah ihn an. Er hatte vor zwei Tagen ihre Augen kaum wahrgenommen. Sie war die meiste Zeit im Wagen und in der Kirche bewusstlos gewesen und hatte in der restlichen Zeit gekotzt und geweint. Heute war das ein anderes Mädchen. Ihre Tränen wegen des Sturzes waren plötzlich getrocknet, und sie schüttelte den Kopf und sah ihn aus Augen an, die von einem seltsamen Dunkelblau waren und hart wie Saphir.
    » Ich gehe nicht nach Hause«, erklärte sie kategorisch.
    » Du weißt nicht, worauf du dich einlässt.«
    » Dann sagen Sie es mir. Spinnen haben vor zwei Nächten meine Schwester geholt, und jetzt ist sie tot. Und eigentlich sollte ich getötet werden. Sie sagen, der Mann aus den Fernsehnachrichten hat sie umgebracht, aber ich glaube nicht, dass er es war. Nicht wirklich.« Etwas schien ihr einzufallen. » Es hat mich neulich auf dem Weg schon kriegen wollen. Und es hätte mich gekriegt, wenn Sie nicht …«
    Ihre Stimme verlor sich. Sie blickte zu Boden und streckte die Hand aus.
    » Ich bin Hannah Gerlic. Danke, dass Sie mich gerettet haben.«
    Zum dritten Mal in zwei Minuten brachte dieses kleine Persönchen Nicholas zum Staunen. Er nahm ihre Hand.
    » Ich bin Nicholas Close.«
    » Waren Sie zufällig dort oder absichtlich?«, fragte Hannah. Die Höflichkeit war aus ihrer Stimme verschwunden. Das war nun ein scharfes Verhör. Nicholas empfand keine Notwendigkeit mehr zu lügen.
    » Du hast einen Vogel gefunden«, sagte er. » Einen toten Vogel.«
    » Ich dachte, ich hätte ein Einhorn gefunden«, verbesserte sie ihn. » Aber dann stellte es sich als ein Vogel heraus.«
    Nicholas starrte in die grünbraune Düsternis.
    Hannah beobachtete ihn.
    » Mr. Close?«
    Er nickte für sich. » Dieses verdammte Miststück«, sagte er.
    Hannah errötete. » Sie sollten nicht fluchen.«
    » Leute fluchen nun mal, Hannah, finde dich damit ab.« Er stand auf und bürstete sich die Knie ab. » Ich habe als Kind genauso einen Vogel wie du gefunden. Und sie hätte mich fast erwischt. Stattdessen hat sie meinen besten Freund gekriegt. Spinnen, sagtest du?«
    Sie nickte. » Sie wollten mich holen, aber ich habe sie nicht in mein Zimmer gelassen. Stattdessen haben sie sich Miriam geholt.«
    Nicholas sah das Mädchen an. Was ist das nur für ein Kind? Nach allem, was es gesehen hat, kommt es und macht Jagd darauf?
    » Du bist ja irgendwie nicht ganz normal, oder?«, sagte er.
    Sie blickte ihn kühl aus diesen dunklen Augen an. » Sie sind unhöflich. Ich glaube, ich mag Sie nicht.«
    » Na, das passt ja.« Nicholas griff nach der Flinte. » Geh nach Hause, Hannah.«
    Er begann, den Hang hinaufzusteigen. Hannah

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