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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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von noch älteren Stümpfen gefüllt, die wie die abgebrochenen Zähne von Riesen aus dem raschelnden Erdboden ragten. Es wurde sehr dunkel. Nicholas begriff plötzlich, was für eine Dummheit er begangen hatte. Er hatte Hannah allein gelassen.
    » Hannah?« Die Stimme klang nun nicht mehr verängstigt; sie war erleichtert und fröhlich. Zwischen den dunklen Bäumen vor Nicholas bewegte sich ein Schatten.
    » Miriam?«, fragte er und schwenkte den Lauf der Waffe vorsichtig in Richtung der Bewegung.
    » Hannah!«, erwiderte die Stimme erfreut. Und plötzlich machte der Schatten einen Satz nach vorn.
    Es war eine Spinne, mindestens so groß wie Garnock, eine Schwarze Witwe mit glänzend schwarzen, haarlosen Beinen, jedes so lang und dick wie ein Kricketschläger. Sie bewegten einen gepanzerten Leib von der Größe eines mit Wasser gefüllten schwarzen Luftballons. Dennoch sprang die Spinne mit erstaunlicher Geschwindigkeit von Baum zu Baum. In einem Moment schwankte sie hin und her wie ein geschickter Boxer, im nächsten sprang sie und landete gespenstisch lautlos, so schnell, dass Nicholas kaum Zeit hatte, den Hahn zu spannen.
    » Hhhaaaaa!«
    Die Stimme wechselte von menschlich zu etwas extrem Fremdartigen, die Spinne entblößte die Giftzähne und stieß vor. Nicholas drückte ab. Der Knall war laut, wurde aber sofort von den verärgerten Bäumen geschluckt. Die Spinne zuckte, doch sie wurde durch ihren eigenen Schwung weiter in Richtung Nicholas getragen. Er hastete zur Seite, und sie prallte mit dem nassen Bruchgeräusch eines zerplatzenden Rieseneis an den Baum hinter ihm. Dann sank sie leblos auf das dunkle Laub, nur die langen, an Fingerknochen erinnernden Beine bebten noch in Todeskrämpfen.
    Nicholas machte kehrt und rannte los.
    » Hannah!«
    Er spurtete den Hang hinunter, wich Baumstämmen aus und sprang über Dornenzweige, rutschte und fiel und stand auf und lief weiter. Weiter vorn hörte er Hannah in Todesangst schreien.
    » Halt durch, Hannah!«
    Er lud das Gewehr durch und sprang über den letzten Baumstamm auf die Lichtung.
    Hannah stand zitternd da, den Blick starr auf etwas gerichtet, das durch einen breiten Baumstamm vor Nicholas’ Blick verborgen war.
    » Was ist?«, fragte er.
    Sie zeigte, und er trat näher, um zu sehen, was sie sah.
    Er spürte, wie seine Knie weich wurden.
    War die letzte Spinne schon groß gewesen, so war diese hier riesig. Ihr Körper hatte die Größe eines Schäferhunds, untersetzt und kompakt, und er strotzte vor sandbraunen Haaren. Sie bäumte sich auf sechs Beinen auf, die beiden vorderen schlugen in die Luft und schmeckten sie. Eine Zusammenballung roter Augen starrte aus einem Nest hässlich grauer Haare. Ihre Giftzähne gingen lautlos auf und ab.
    » Töte sie, Nicholas!«
    Er hob die Waffe und drückte ab.
    Und im selben Moment bemerkte er die Riemen in den Falten, wo die röhrenartigen Beine der Spinne von ihrem Mittelleib abgingen. Hannahs Rucksack! Als der Hammer fiel, riss er das Gewehr zur Seite. Der Schuss bohrte sich in den Busch neben der Spinne, der in stummem Schmerz zuckte. Die Spinne bewegte sich, das grässliche Aussehen fiel von ihr ab, und sie wurde zu Hannah, die auf der Erde kniete, die Hände auf den Rücken gefesselt, und mit dem kleinen roten Kreis einer einzelnen Flintenkugel in der Wade. Sie war mit Stofffetzen geknebelt.
    Nicholas fuhr herum, ihm war schlecht von seiner eigenen Dummheit.
    Die andere Hannah stand grinsend hinter ihm. Sie trat flink einen Schritt vor, und Nicholas spürte einen Stich im Arm. Er ließ das Gewehr fallen und blinzelte. Die lächelnde Hannah hielt eine Spritze in der Hand, und als sie wieder zurückwich, streckten sich ihre Glieder und ihr Haar wuchs. Rowena Quill stand jung, blond und schön vor ihm und lächelte, wie es nur jemand kann, der wahrhaft zufrieden mit sich ist.
    » Hallo, mein Hübscher.«

36
    Gavin erklärte, warum er sie betrogen hatte.
    » Es ist nicht, weil ich dich nicht lieben würde«, sagte er und lächelte sein charmantes, schiefes So-bin-ich-eben-Lächeln. » Was mich zu den andern hinzieht, ist dasselbe, was mich zu dir hinzieht. Es ist keine bewusste Entscheidung, mein Engel, es passiert einfach. Es ist genau dasselbe, was passiert ist, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Was immer noch passiert, wenn ich dich sehe. Ich will es ja verhindern, wirklich. Aber ich befürchte einfach, wenn ich mich nicht mehr zu anderen Frauen hingezogen fühle, werde ich mich zu dir ebenfalls nicht

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