Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Pfütze aus blauer Hämolymphe breitete sich darunter aus.
    » Ich glaube, sie zieht sich heraus.«
    Es stimmte. Auch wenn sie dabei umkommen würde, versuchte die Spinne ihren Leib einfach aus den Zinken zu ziehen, die sie festhielten. Laine entfernte den Deckel der Sprühdose. Sie stellte sich vor die Riesenspinne und sah, wie ihre Giftzähne auf und ab gingen.
    » Ja, bye, bye«, flüsterte sie und sprühte Insektizid mitten in das Nest der Augen.
    Die Spinne stieß ein durchdringendes Pfeifen aus, das in der blauen Flüssigkeit, die aus ihr tropfte, Blasen warf. Ihre Beine trommelten auf die Bodenbretter. Laine sprühte immer weiter und deckte den Kopf der Spinne mit einem dichten chemischen Nebel ein.
    » Kommen Sie«, flüsterte sie schließlich und fasste Katharine am Arm, als sie an Garnock vorbeischlüpfte. Die Spinne wand sich an ihren Spießen, und Laine sah die Giftzähne in die Luft stoßen. Die Frauen eilten den Flur entlang.
    » Wir lassen sie lieber eine Weile allein«, schlug Laine vor.
    » Ja«, stimmte Katharine zu. » Ich setze den Kessel auf.«
    Sie waren in der Küche, und Laine half Katharine, Tee zu machen. Draußen wurde es allmählich dunkel.
    » Wann sagte Nicholas, dass er zurück sein wollte?«, fragte Laine so leichthin wie möglich.
    Katharine runzelte die Stirn und sah auf die Wanduhr.
    » Er hat gar nichts gesagt.«
    Das Telefon läutete. Katharine und Laine sahen einander an. Katharine griff zum Hörer.
    » Ja?«, sagte sie. Während sie lauschte, blieb ihr Blick auf Laine gerichtet. » Wann?« Sie nickte. » Wird jemand …? Okay. Danke.« Sie legte auf. » Reverend Pritam Anand ist heute gestorben. Herzversagen.«
    Laine stellte die Tasse ab, als sie schaudernd den Zusammenhang begriff. Pritam war bereits tot. Garnock hatte sie selbst holen wollen.
    Und Quill würde sich an Nicholas heranmachen.
    Er weiß es offenbar.
    » Der Narr«, flüsterte sie. » Er ist im Wald.«

37
    Kleine Edelsteine aus Waid blinzelten durch das hohe, windzerzauste Laub. Die flinken Finger des Abends zogen einen Samtvorhang vor den Himmel.
    Nicholas wurde langsam und unter Schmerzen wach, als würde er aus einem Block schwarzem, säurehaltigem Eis aufgetaut. Zuerst dachte er, er würde brennen, und die flackernden gelben Lichter am Rand seines Gesichtsfelds seien seine Gliedmaßen, die in Flammen standen. Aber als langsam Blut in seine Glieder floss, erkannte er, dass der Schmerz nur daher kam, dass sie eingeschlafen waren.
    Ein leises Pfeifen. Eine alte Melodie, bittersüß, traurig und dünn, die über das Geräusch des Winds im Dachgesims kaum wahrnehmbar war.
    Nicholas lag auf dem Boden. Er konnte soeben noch aus einem klaren Fenster sehen: Bäume, fast schwarz, da die Nacht hereinbrach, bedeckten fast den ganzen Abendhimmel. Alles wechselte ständig zwischen scharf und unscharf. Sein Magen schien bereit, seinen Inhalt wieder herzugeben, und er schluckte salzige Galle. Er versuchte sich aufzusetzen, aber ein stechender Schmerz in seinen Handgelenken und Knöcheln hielt ihn davon ab. Er war solide mit Stricken gefesselt.
    Er drehte sich einige Grad zur Seite und krümmte sich wegen der grellen Tonscherben aus Schmerz, die in die größeren Muskeln seiner Arme und Beine fuhren.
    Quill saß in einem alten, eichenen Schaukelstuhl vor einem kleinen Eisenofen, blickte in die Flammen, die hinter dem schwarzmäuligen Grinsen der Ofentür flackerten und pfiff durch ihre grauen, verdorrten Lippen. So unstet wie das Licht des Feuers war auch ihre Erscheinung. In einem Moment war ihre Haut uralt und schlaff, blass und tief eingefurcht, wie von Trockenheit aufgerissene Erde, aber wenn die Flammen höher stiegen, und Schatten über ihr Gesicht spielten, sah Nicholas die reine Haut und das goldene Haar der jungen Rowena Quill. Jung, alt; abgezehrt, strahlend schön. Dunkelbraune Augen, dann schwarze, dann wieder dunkelbraune blickten starr in die Flammen und spiegelten sie. Quills Melodie war sanft, sie kam aus weiter Entfernung und aus alter Zeit. Sie schien Nicholas’ Blick auf sich zu fühlen, und ihr Pfeifen endete in einem Seufzer.
    » Wach?«, fragte sie.
    Nicholas drehte sich noch ein Stück weiter. Er lag auf sauberen, hölzernen Bodenbrettern, die nach Kiefernöl rochen. Der Raum war klein, aber behaglich, mit dunklem Holz ausgekleidet, ordentlich gemacht. Ein kleiner Zederntisch stand auf einem Teppich, ein einziger Stuhl leistete ihm Gesellschaft. Der Vorhang zu einem Waschraum wurde von einer bestickten

Weitere Kostenlose Bücher