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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Wenn ich mich bewege…«
    In diesem Moment bröckelte die Rinde unter Arvans Fingern, und der verkümmerte Ast, den er mit der anderen Hand umfasste, brach.
    » Spring«, riefen Zalea und Borro gleichzeitig, doch Zalea auf Relinga, das unter jüngeren Halblingen inzwischen auch im Alltag sehr verbreitet war, und Borro in der Sprache der Halblinge vom Langen See, in die er immer dann verfiel, wenn ihn etwas wirklich entsetzte.
    Der ganze Baum geriet in Bewegung und verlor den letzten Rest seiner Stabilität. Ein Ächzen und Knacken war zu hören, als das morsche Holz brach.
    Der Baum senkte sich krachend nieder und riss dabei ein paar andere kleinere Bäume mit sich. Die drei Halblinge hatten mehr als genug Zeit, um dem Verhängnis zu entgehen, und auch Arvan sprang, wenn auch im letzten Moment.
    Alles war besser, als unter einem Baumriesen begraben zu werden. Auch wenn schwarze Bäume im Halblingwald eher Winzlinge waren, wer unter einen geriet, wurde knietief in die Erde gedrückt.
    Der schwarze Baum schlug eine Schneise ins Unterholz. Die schon lange durch den Fraß der Walddämonen brüchigen Äste peitschten hernieder und erschlugen hier und dort noch einen Baumdämon, der seinen Horndolch nicht rechtzeitig aus einem toten Ork hatte befreien können.
    Arvan kam dicht neben dem Hauptstamm auf dem Boden auf.
    Alles gut gegangen!, dachte er– doch schon im nächsten Moment ahnte er, dass das nicht so ganz zutreffen konnte, denn er spürte einen höllischen Schmerz in der Seite.
    Er versuchte sich aufzurappeln– der Schmerz wurde heftiger. Er bemerkte auch, dass er an irgendetwas festhing. Auf die Oberarme gestützt, blickte er an sich herab. Ein Parierdolch steckte ihm im Körper. Einer der erschlagenen Söldner hatte ihn, rücklings auf dem Boden liegend, noch im Tode fest umklammert, und Arvan war direkt hineingesprungen.
    » O nein«, hörte er Neldos Stimme, der gerade den gewaltigen Stamm des schwarzen Baums überklettert hatte. Innerhalb weniger Augenblicke war er bei Arvan.
    Borro und Zalea, die dem stürzenden Baum in die andere Richtung ausgewichen waren, näherten sich von dort.
    Arvan richtete sich auf. Sein Wams war bereits blutdurchtränkt.
    » Ach, du hast schon ganz anderes überlebt«, gab sich Borro wie immer zuversichtlich. In den Gesichtern von Neldo und Zalea stand allerdings deutlicher Schrecken. Und da auch Borro ganz bleich geworden war, ging Arvan davon aus, dass er diese Bemerkung nur gemacht hatte, um zu überspielen, wie schlimm es wirklich stand.
    Arvan blieb jedoch ruhig. Die Waldgötter hatten ihn anscheinend mit unwahrscheinlich großem Glück und unbeschreiblichem Pech im Übermaß bedacht. Eine andere Erklärung hatte er nicht dafür, wie es sein konnte, dass er soeben noch einem ganzen Trupp von selbstherrlich marodierenden Haraban-Söldnern und einer Horde blutgieriger Orkscheusale entkommen war, nur um dann in den Dolch eines Toten zu springen.
    » Wir müssen dich zum Wohnbaum bringen«, sagte Zalea besorgt. » Aber zuallererst müssen wir dafür sorgen, dass die Blutung aufhört.«
    » Ihr Waldgötter, ich kann kein Blut sehen«, stöhnte Borro.
    » Dann such ein paar Sinnlose«, fuhr Zalea ihn an. » Schnell!«
    Borro schaute verdutzt drein. Seine Augen waren ganz groß geworden, während er auf Arvans Wunde gestiert hatte. Aber nun gab er sich einen Ruck. Die Sinnlose– so nannte man eine Pflanze, deren prachtvolle Blüten sinnloserweise im Schatten hoher Bäume blühten. In der alten Medizin der Elbenheiler war sie eine wichtige Heilpflanze, und auch die Halblinge benutzten sie seit langer Zeit gegen beinahe alle möglichen Gebrechen und in fast jeder nur denkbaren Zubereitungsart.
    » Bin schon weg«, sagte der bleich gewordene Borro und überkletterte erneut den Stamm des schwarzen Baums mit jenem Geschick und jener Schnelligkeit, die man den Halblingen zu Recht nachsagte.
    Zalea wandte sich an Neldo. » Etwas Heilerde brauchen wir auch.«
    » Hier ganz in der Nähe findet man genug davon«, wusste Neldo. Er sah auf Arvan herab, der mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht dalag und die Augen geschlossen hatte. » Bin ich froh, dass ich ein Halbling bin«, meinte er.
    » Ja, im Wald kommen wir besser zurecht als die Menschen«, stimmte ihm Zalea zu. » Doch nun geh endlich.«
    Neldo zögerte noch einen Moment, dann lief er davon. Seine großen Halblingsfüße trugen ihn federnd und scheinbar vollkommen mühelos über den unebenen Waldboden.
    Zalea erhob sich. » Ich lass dich

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