Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Verbindungen zum Fernen Elbenreich war diese Ansicht auch kaum zu widerlegen.
    Für die Mehrheit war die Bezeichnung Möchtegern-Elb eine Provokation. Zalea entstammte einer Familie von Heilern– und gerade jene Stände, die in der Alten Zeit vermutlich am meisten von dem erlernten Elbenwissen profitiert hatten, waren voll und ganz von der Überlegenheit des eigenen Volkes überzeugt. Zalea bildete da keine Ausnahme.
    Arvan schmunzelte, als er sah, dass sie rot im Gesicht geworden war. Normalerweise hätte sie mit einer spitzen Bemerkung geantwortet. Aber es gab Momente, in denen sie Arvan gegenüber befangen wirkte. Arvan hatte das wiederholt bemerkt. Es kam ihm eigenartig vor, denn er hatte keine Erklärung dafür. Es irritierte ihn nur.
    Und auch jetzt sah sie ihn nur an und sagte schließlich: » Wenn du mich schon wieder ärgern kannst, scheinen deine Selbstheilungskräfte ja bereits erwacht zu sein, Arvan. Das ist gut.«

Gomlos Baum
    Nachdem sich Arvans Zustand während des Marsches einigermaßen gebessert hatte, standen sie nun vor einer gewaltigen runzligen, von unzähligen Rillen und Furchen durchzogenen hölzernen Wand. Zumindest konnte man auf den ersten Blick glauben, dass es sich um eine Wand handelte.
    Wenn man allerdings nach oben sah und den Kopf dabei tief in den Nacken legte, wurde man gewahr, dass man vor einem Baum stand, der selbst für die Wälder zwischen dem Langen See und der rasalischen Grenze gewaltige Ausmaße hatte.
    Schon eine halbe Meile zuvor hatten Arvan und seine Halbling-Gefährten einige Wurzeln dieses Riesenbaums überklettern müssen. Für Arvan wäre es schon im unversehrten Zustand schwierig gewesen, auf den von glitschigem Moos bedeckten Schrägen nicht abzurutschen. Aber die drei Halblinge hatten fürsorglich darauf geachtet, dass ihr menschlicher Gefährte nicht noch weiteren Schaden nahm.
    » Wir wissen alle, dass du hart im Nehmen bist«, hatte er Borros Worte noch im Ohr. » Aber man sollte es auch nicht übertreiben.«
    Nun standen sie vor dem gewaltigen Wohnbaum– Gomlos Baum, wie man ihn unter den Halblingen am Langen See nannte, denn Gomlo war der gewählte Baum-Meister und darüber hinaus noch Meister des ganzen Stammes von Brado dem Flüchter. Fünf Wohnbäume gehörten dem Stamm, und der Stammesrat der Baum-Meister bestätigte Gomlo schon seit drei Jahrzehnten immer wieder in diesem Amt.
    Arvan sah ein wenig verzweifelt zur ersten Astgabelung empor. Man hörte leise die Stimmen von mehreren hundert Halblingen, die sich in den höheren Regionen des Wohnbaums aufhielten. Jetzt, am späten Nachmittag, war vielfach Hirtenwechsel auf den Herdenbäumen, und in den Schmiedehöhlen und Werkstätten hatte man die Arbeit schon beendet. Daher herrschte um diese Zeit oben im Geäst reges Stammesleben.
    Herdfeuer brannten. Rauch stieg auf und wurde von der frischen Brise, die zumeist vom Langen See her blies, nach Osten getragen.
    Eine Gruppe von Halblinghandwerkern schritt an Arvan und seinen Begleitern vorbei. » Na, du Menschling, wieder vom Baum gefallen, oder warum humpelst du?«, fragte einer von ihnen. Aus seiner besonders breiten Knollennase wuchsen die Haare so lang heraus, dass man sie für einen Schnauzbart hätte halten können, wie er bei den Reitern von Rasal üblich war.
    Es handelte sich um Trobo den Gemeinen, der für seine rauen Späße auf Kosten anderer im ganzen Stamm berüchtigt war. Natürlich wurde er nur hinter vorgehaltener Hand so genannt, denn sonst lief man Gefahr, zur Zielscheibe seines Spotts zu werden. Solange Trobo nur über die Ungeschicklichkeit der Bewohner anderer Bäume– oder besser noch: der Angehörigen anderer Stämme– herzog, trug er zur Geselligkeit der Baumgemeinschaft bei. Allerdings pflegte er oft genug auch die Mitglieder seiner eigenen Baumsippe zu verspotten, was schon so manches Fest in ein wütendes Wortgefecht verwandelt hatte, und Baum-Meister Gomlo oblag dann stets die gleichermaßen unangenehme wie schwierige Aufgabe zu verhindern, dass daraus eine handfeste Auseinandersetzung wurde– was ihm trotz seines ausgleichenden Gemüts nicht immer gelang.
    » Er hat sich eines Trupps von räuberischen Haraban-Söldnern erwehrt, die es auf die Baumschafe seiner Herde abgesehen hatten, und außerdem eine Horde Orks niedergemacht«, erklärte Zalea, und ihr Tonfall war schneidender, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte. Sich mit Trobo anzulegen war keineswegs ungefährlich. Aber Trobos Überheblichkeit machte sie wütend,

Weitere Kostenlose Bücher