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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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hatten angespitzte Zähne, wie es auf der Insel Orkheim der Tradition entsprach. Sie kampierten dicht am Ufer des Flusses, und es schien sich bei ihnen um einen Fußtrupp zu handeln, denn nirgends war eine Hornechse zu sehen. Die wären auch bei einem Stoßtrupp, der so weit ins feindliche Gebiet vorgedrungen war, zu auffällig gewesen.
    Mit Entsetzen stellte Arvan fest, dass die Orks offenbar sämtliche Pferde getötet hatten. Ein Feuer hatten sie nicht entzündet, wohl schon deswegen nicht, weil es kein Brennholz gab. Sie schlugen ihre krallenbewehrten Klauen in die rohen Kadaver, um sich blutige Stücke herauszureißen. Manchmal beugten sie sich auch über die toten Tiere und versenkten ihre Mäuler in die glitschigen Gedärme, um schmatzend und schlürfend zu fressen.
    Zwei Orks schienen unterschiedlicher Auffassung darüber zu sein, wem der letzte noch nicht leer geschlürfte Pferdeschädel zustand. Sie knurrten und bellten sich gegenseitig an, und man brauchte die Orksprache nicht zu beherrschen, um zu begreifen, wie es zwischen ihnen stand.
    Der größere der beiden schlug dem kleinen den Pferdeschädel aus der Hand, den dieser gerade mit seinen Hauern aufgeknackt hatte. Der Schädel fiel zu Boden, und das für diese Scheusale so köstliche Hirn spritzte heraus. Im nächsten Moment fielen die beiden übereinander her.
    » Die haben sich schon lange nicht mehr in einer Schlammgrube suhlen können«, stellte Lirandil fest. » Das macht Orks bisweilen etwas unleidlich, wie ich auf meinen Reisen in die Orkländer immer wieder feststellen musste.«
    Der Größere bekam den Kleineren zu packen, hob ihn hoch, lief die paar Schritte zum Flussufer und warf ihn ins Wasser.
    » Im Wasser verliert er den letzten Rest Schlamm, der ihm noch aus der Heimat anhaftet«, erklärte Lirandil. » Das wird schlimm enden.«
    Der kleinere der beiden Orks tauchte aus dem Wasser auf, sah an sich herab, wobei er entsetzt aufschrie, und griff dann zu einem Wurfdolch, den er am Gürtel trug. Mit furchtbarer Wucht und tödlicher Präzision schleuderte er ihn, und im nächsten Moment steckte die Klinge in der Kehle des großen Orks, der röchelnd zu Boden sank.
    Der kleinere Ork näherte sich dem am Boden Liegenden, hob einen Felsbrocken hoch, den er mit beiden Armen heben musste, und ließ ihn auf den Kopf des Besiegten fallen. Mit einem schmatzenden Knacken zerbrach der Schädel des Orks. Der Sieger trommelte sich mit den Pranken auf dem Harnisch herum, räumte anschließend den Felsbrocken zur Seite und griff in das Innere des aufgesprungenen Orkschädels, um sich das noch warme Gehirn ins Maul zu schaufeln.
    Einige der anderen Orks riefen etwas.
    » Sie sind wohl mehrheitlich der Meinung, dass es gerecht zugegangen ist«, lieferte Lirandil eine zusammenfassende Übersetzung.
    » Ich hoffe nicht, dass diese Scheusale es für gerecht halten, mit uns das Gleiche anzustellen«, flüsterte Zalea schaudernd.
    » Auf jeden Fall scheint mir Eure diplomatische Mission fürs Erste gescheitert, werter Lirandil«, meinte Brogandas. » Oder habt Ihr irgendeine Idee, was wir jetzt tun könnten?«
    Die Orks beruhigten sich schließlich wieder, nachdem sich die meisten den Bauch mit Pferdefleisch vollgeschlagen hatten. Sie mussten ziemlich ausgehungert gewesen sein, denn sie vertilgten die Tiere wirklich restlos. Noch der letzte Tropfen Blut wurde vom Boden aufgeleckt, selbst die Knochen fraßen sie, indem sie sie mit ihren großen Zähnen zermalmten. Offenbar befand sich diese Horde schon länger in diesem leblosen Land und hatte seit Tagen nichts mehr zu essen gehabt.
    Manchmal blickte der eine oder andere von ihnen zu den Gefangenen hinüber, und Gier glitzerte in seinen Augen.
    » Für mein Gefühl sehen die immer noch verdammt hungrig aus«, meinte Borro und schluckte schwer.
    » Wie ich schon sagte«, antwortete Lirandil, » sie haben mit uns etwas anderes vor.«
    » Sind wir vielleicht eine Art lebender Proviant, so wie bei den Waldspinnen?«, fragte Borro. » Auch kein erfreulicher Gedanke.«
    » Ich glaube, dass sie hier auf uns gewartet haben. Oder eher nur auf mich«, erklärte Lirandil. » Dass ich– oder vielleicht auch jemand anderes– herkommen würde, um zum Hof des Elbenkönigs zu reisen, konnte sich Ghool sicherlich denken. Selbst wenn Haraban ein Bündnis mit den Elben zu verhindern sucht, würde früher oder später die Situation eintreten, dass man sie um Hilfe bitten muss. Um das vorauszusagen, braucht man keine seherischen

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