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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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sehr bleich geworden war.
    »Es tut mir Leid«, sagte ich lächerlicherweise. »In diesem Alter können sie noch nicht auf ihr Essen warten.« Denn mein Sohn war hungrig und schlecht gelaunt, und es gab keine andere Wahl, als mich einfach hinzusetzen, mein Hemd herunterzuziehen und ihm die Brust zu geben. Das Weinen hörte sofort auf, als er zu saugen begann, und der Rabe hielt den Schnabel und landete über uns. Fiacha hatte mich nicht vor Brans Ankunft gewarnt. Das war für einen solch guten Wachhund ein seltsamer Fehler. Bran regte sich nicht. Er starrte mich und das Kind entsetzt an, dann wurde seine Miene wieder starr, eine Maske.
    »Du hast offenbar keine Zeit verschwendet. Warum hast du das nicht zuvor erwähnt? Was für ein Spiel hast du gespielt?«
    Erinnerungen eines ähnlichen Gesprächs kamen schmerzlich zu mir zurück, und Tränen des Zorns und der Empörung brannten in meinen Augen.
    »Wie meinst du das, ich habe keine Zeit verschwendet?«, flüsterte ich zornig.
    »Meine Informanten sind für gewöhnlich besser. Niemand hatte daran gedacht, mir zu sagen, dass du verheiratet bist und ein Kind hast. Es war dumm von mir zurückzukommen.«
    Ich war hin- und hergerissen zwischen wahnsinnigem Gelächter und empörten Tränen. Wie konnte ein Mann, der den Ruf hatte, auch noch in schwierigsten Situationen Erfolg zu haben, so unglaublich dumm sein?
    »Ich dachte, du wärst hergekommen, um mit meinem Bruder zu sprechen«, meinte ich.
    »Das stimmt auch. Ich habe dich nicht angelogen. Aber ich dachte auch … ich hoffte auch … offensichtlich war meine Annahme falsch. Dass du jemals … ich kann nicht glauben, dass ich mir gestattet habe, mich ein zweites Mal so überwältigen zu lassen.«
    »In der Tat«, sagte ich, »dein Urteilsvermögen kann nicht viel wert sein, wenn du so etwas von mir denkst. Dass ich nicht besser bin als irgendein Geschöpf vom Straßenrand, das sich jedem Mann hingibt, der darum bittet.«
    Unwillkürlich war er näher gekommen und hockte nun da, offenbar unfähig, seinen Blick von dem Kind abzuwenden.
    »Ich nehme an, sie haben dir einen passenden Mann gefunden, wie für deine Schwester«, sagte er tonlos. »Zumindest hast du nicht diesen Eamonn Dubh geheiratet. Ich habe ihn gut bewacht – das hätte ich gewusst. Welchen Häuptlingssohn hat deine Familie für dich ausgewählt, Liadan? Bist du, nachdem du bei mir gelegen hast, auf den Geschmack gekommen und konntest nicht erwarten, ins Ehebett zu kommen?«
    »Hätte ich nicht das Kind auf dem Arm, würde ich dich dafür ohrfeigen«, sagte ich und legte meinen Sohn an die andere Brust. »Du hast wirklich noch nicht gelernt zu vertrauen.«
    »Wie könnte ich das, nach dem hier?«, murmelte er.
    »Deine Vorurteile machen dich der Wahrheit gegenüber blind«, sagte ich, so ruhig ich konnte. »Hast du dich je gefragt, warum ich immer noch hier in Sevenwaters bin und nicht bei meinem Mann?«
    »Ich würde nicht zu raten wagen«, erklärte er. »Deine Familie folgt offenbar eigenen Regeln.«
    »Das ist wirklich gut, wenn einer wie du es sagt.« Der Mann sollte verflucht sein, er verdiente es kaum, die Wahrheit zu erfahren. Wie konnte er mich so falsch beurteilen?
    »Du solltest es mir lieber sagen, Liadan. Wer ist er? Wer ist dein Mann?«
    Ich holte tief Luft. »Ich bin hier geblieben, weil ich keinen Mann habe. Nicht, dass es an Angeboten mangelte. Ich hatte tatsächlich die Möglichkeit zu heiraten und habe sie abgelehnt. Ich wollte deinem Sohn nicht den Namen eines anderen Mannes geben.«
    Nun war es vollkommen still, bis auf die kleinen Geräusche, die das Kind beim Saugen und Schlucken machte. Er hatte gelernt, diese Angelegenheiten rasch hinter sich zu bringen, und sobald er genug getrunken hatte, wand er sich aus meinen Armen und machte sich wieder davon. Er krabbelte halb ziellos zu Bran, legte eine kleine Hand auf die schmalen, gemusterten Finger und untersuchte sie offenbar fasziniert.
    »Was hast du da gesagt?« Bran saß immer noch reglos da, als fürchtete er, sich zu bewegen, weil sonst die Welt einstürzen würde.
    »Ich glaube, du hast mich verstanden. Es ist dein Sohn, Bran. Ich habe dir einmal gesagt, ich würde keinen anderen Mann außer dir nehmen, und ich habe dich nicht belogen und werde dich auch nie belügen.«
    »Wie kannst du so sicher sein?«
    »Da ich mich nur mit einem einzigen Mann niedergelegt habe, und das auch nur für eine einzige Nacht, scheint es mir, dass da keinerlei Zweifel bestehen kann. Oder hast du

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