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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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in der Abenddämmerung unter den großen Eichen von Sevenwaters zur Ruhe gebettet. Boten waren unauffällig ausgesandt worden; Conor war auf dem Weg, aber er war weit weg gewesen und konnte uns nicht rechtzeitig erreichen. Padraic war von Seamus Rotbarts Heim aus weitergezogen. Vielleicht hatte er sich bereits auf eine neue Reise zu fernen Ländern aufgemacht, er kam nur selten zu Besuch; er hatte nie einen Anteil an Land und Gemeinschaft haben wollen. Aber es war traurig, dass keine Brüder und keine Schwester im vergehenden Licht unter den uralten Bäumen standen, um diesem ernsten Häuptling Lebewohl zu sagen.
    Wir machten ein Feuer und verbrannten Fichtennadeln darin. Sean sprach von der Kraft und dem Mut unseres Onkels, ich von seiner Hingabe an Familie und Túath. Die Menschen des Haushalts und der Siedlung standen schweigend dabei. Es war ein finsterer Abschied für einen solchen Mann; vielleicht würden wir später im Stande sein, sein Leben und sein Dahingehen mit einer größeren Versammlung, dem Festessen und der Musik zu feiern, die er verdient hatte, aber jetzt nicht. Es waren gefährliche Zeiten, und die Nachricht dieses plötzlichen Todes durfte nicht einfach verbreitet werden.
    Danach tranken wir ruhig am Küchenfeuer einen Krug Bier. Draußen in der Nachtluft erklang ein schreckliches Geräusch, ein Heulen von Trauer und Verlassenheit, wie ein Widerhall der Leere in unseren eigenen Herzen. Diese Klage ging weiter und weiter, bis mein Kopf wehtat und ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Dann stand Sean auf und ging zur Tür, schaute ins Dunkel hinaus und rief: »Neassa! Brock! Es reicht. Kommt rein, ihr beiden!«
    Nach einer Weile hörte das Heulen auf, und die beiden Wolfshunde meines Onkels kamen aus dem Dunkel herein, die Köpfe gesenkt, die Schwänze zwischen die Beine geklemmt. Sean setzte sich wieder hin, und die Hunde gingen zu ihm, ließen sich zu seiner Rechten und seiner Linken nieder. Ich glaube, das war der Augenblick, als mein Bruder wirklich Herr von Sevenwaters wurde.
    Johnny und ich waren im Morgengrauen bereit, und Sean stand auf der Treppe, um uns Lebewohl zu sagen. Ich ritt das seltsame kleine Pferd, das einmal dem alten Mann gehört hatte, und es schien auf eine Weise begierig zu sein, endlich loszutraben, die mehr war als nur die frohe Erwartung von Bewegung in frischer Luft. Fiacha saß auf einem Pfosten in der Nähe und wartete, den Kopf schief gelegt. Die Pferde, die ihn sahen, tänzelten unruhig. »Ich danke dir, Liadan«, sagte mein Bruder mürrisch. »Bring sie hierher zurück, wenn du kannst. Und sage Eamonn, ich muss mit ihm reden. Du wirst ihm von Liams Tod erzählen müssen. Danach wird er sicher begreifen, wie notwendig weitere Beratungen sind. Das Bündnis muss sich wieder zusammenfinden, und zwar schnell. Ich muss meine Stellung festigen und ihnen klar machen, dass ich meine Angelegenheiten im Griff habe. Bitte ihn, hierher zu kommen und mit mir zu sprechen. Aber als Erstes sorge dafür, dass Aisling in Sicherheit ist.«
    »Ich werde tun, was ich kann. Jetzt muss ich gehen. Es ist ein langer Weg. Lebe wohl, Sean. Möge die Göttin deinen Weg beleuchten.«
    »Gute Reise, Liadan.«
    ***
    Es dauerte einen Tag und eine Nacht und einen Teil des nächsten Morgens, und auf jedem Schritt dieses Weges wollte ich schneller sein, und ich biss jedes Mal die Zähne zusammen, wenn mein Sohn erwachte und jammerte und wir wieder anhalten mussten, um uns um ihn zu kümmern. Ich verbiss mir erboste Worte, als meine Bewaffneten mir mitteilten, Lord Sean hätte darauf bestanden, dass wir über Nacht ein Lager aufschlugen, zumindest eine Weile, und dass sie mir eine ordentliche Mahlzeit bereiteten. Man konnte von einer Dame nicht erwarten, dass sie so unbequem reist wie ein Krieger. Also stellten sie ein kleines Zelt für mich und das Kind auf und standen Wache, während ich dort mit offenen Augen lag und sah, wie kleine Wolken über das Gesicht des abnehmenden Mondes huschten. Und am Morgen des zweiten Tags ritten wir über den Damm nach Sidhe Dubh, und Fiacha flatterte auf dunklen Flügeln über uns her.
    Wir waren ohne große Schwierigkeiten an den äußeren Wachen vorbeigekommen. Die Männer dort kannten mich und kannten meine Bewaffneten, die die weißen Waffenröcke von Sevenwaters mit den Wappen der verbundenen Reifen trugen. Sie ließen uns durch und zogen höchstens die Brauen hoch, als Fiacha krächzend über uns kreiste. Wir wurden auch am anderen Ende des Damms

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