Der Sohn der Schatten
wurden auf einem Tablett gebracht. Es war keine Spur von Aisling zu sehen, und ich fragte nicht nach ihr.
Die Zeit verging. Johnny hatte seine Mahlzeit bekommen und war ruhig, und die Sonne zog draußen vor den schmalen Fenstern weiter. Die Dienerin kehrte mit zwei anderen wieder, und sie bewunderten glucksend das Kind und boten an, ihn eine Weile zu nehmen, damit ich mich ausruhen konnte.
»Ich möchte gerne Aisling sehen«, sagte ich. »Ist sie hier?«
»Es geht meiner Herrin nicht gut. Ich glaube nicht, dass sie jemanden sehen möchte«, sagte die älteste der Frauen, die Johnny in den Armen hielt.
»Vielleicht könnte ich helfen«, bot ich an. »Ich bin Heilerin. Was ist denn geschehen?«
»Fragt lieber Lord Eamonn.«
»Aber …«
»Fragt lieber ihn.«
Widerstrebend ließ ich zu, dass sie Johnny in die Küche brachten, denn er schien in ihrer Gesellschaft zufrieden zu sein, und ich war tatsächlich müde und wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Fiacha flog hinter ihnen her, sehr zur Beunruhigung der Frauen. Bei einer solchen Wache würde mein Sohn wohl im Augenblick in Sicherheit sein. Ich sah aus dem Fenster in den Hof hinab und strengte mich an, etwas Ungewöhnliches zu entdecken, irgendetwas, das darauf schließen ließ, dass sich tatsächlich sehr wichtige Gefangene in der Festung befanden. Aber von der Anwesenheit so vieler Bewaffneter einmal abgesehen, schien alles wie immer.
Endlich schickte Eamonn nach mir. Er war in der Halle, saß auf seinem Eichensessel, und sobald die Dienerin gegangen war, waren wir allein.
»Nun, Liadan. Bitte setz dich hin. Einen Becher Wein vielleicht? Er kommt den ganzen Weg aus Armorica. Er ist recht gut. Ich hatte einen solchen Besuch nicht erwartet. Es ist keine gute Zeit dafür.«
»Für Nachrichten, wie ich sie bringe, gibt es keinen guten Zeitpunkt. Mein Onkel Liam ist tot. Getötet von den Briten auf dem Weg zu seiner Besprechung mit den Uí Néill. Jemand hat uns verraten, und das Bündnis ist sehr geschwächt. Sean hat mich gebeten, dir diese Nachricht selbst zu bringen, und lässt fragen, ob Aisling mit zurück nach Sevenwaters kommen darf, denn er braucht ihre Hilfe. Und er möchte dringend mit dir sprechen.«
»Ich verstehe.« Sein Schreck und seine Sorge wirkten vollkommen echt. »Das ist tatsächlich ernst. Wann ist es geschehen?«
»Vor ein paar Tagen. Sean will es noch nicht weiterverbreiten, aus offensichtlichen Gründen. Wir haben deinen Großvater benachrichtigt, und ich bin persönlich gekommen, um es dir zu sagen. Darüber hinaus weiß es niemand, aber sobald Northwoods sich entschließt, diesen Anschlag öffentlich zu machen, werden die Feinde des Bündnisses uns vielleicht angreifen.«
Er zog die Brauen hoch. »Ich wusste nicht, dass du so viel Ahnung von Strategien hast, Liadan.«
»Ich lerne schnell«, sagte ich.
»Du kannst Aisling nicht mit nach Sevenwaters nehmen. Sie ist … indisponiert.«
»Darf ich sie sehen? Wenn sie krank ist, kann ich sicher helfen.«
»Nicht diesmal. Du wirst sie leider nicht sehen können, und sie wird ganz bestimmt nicht reisen.«
»Dann muss sie ernsthaft krank sein. Ich bin Heilerin, Eamonn. Du solltest zulassen, dass ich mich um sie kümmere. Aisling ist meine Freundin und die Verlobte meines Bruders. Du solltest mich helfen lassen, wenn ich kann.«
»Du wirst nicht lange genug hier bleiben, um helfen zu können. Ich kann im Augenblick keine Gäste im Haus haben. Aisling wird sich auch ohne deine Hilfe gut erholen. Sie war einfach … störrisch und hat sich selbst krank gemacht. Du kannst sie nicht sehen.«
Ich antwortete nicht. Dieses Gespräch war wie eine Art Spiel. Ein kleines Risiko da, ein kleiner Gewinn hier. Es war schwierig, strategische Bewegungen zu vollziehen, wenn man die Regeln nicht kannte.
»Richte Sean aus, dass Aisling nicht im Stande ist zu reisen«, sagte er. »Und richte ihm mein Beileid für seinen Verlust aus.« Er erhob sich, als wollte er gehen, und wieder entstand dieses unbehagliche Schweigen. »Ich nehme an, du musst dich eine Nacht ausruhen, bevor du zurückreitest. Ich bin überrascht, dass du dein Kind mitgebracht hast, Liadan. Aber er scheint es recht gut überstanden zu haben.«
»Du wirst feststellen, dass Abschaum über eine überraschende innere Kraft verfügt«, sagte ich leise. »Eine ungewöhnliche Fähigkeit, schlechte Behandlung zu überstehen.«
Es brauchte einen Augenblick, bis er reagierte. »Was hast du da gesagt?«
»Ich bin hergekommen, um
Weitere Kostenlose Bücher