Der Sohn der Schatten
mit dir zu feilschen, Eamonn. Ich bin gekommen, um dir deine Gefangenen abzukaufen.«
Ich hatte geglaubt, er sei blass, aber das ließ sein Gesicht weiß wie eine Totenmaske werden.
»Ich … verstehe«, sagte er vorsichtig. »Weiß dein Bruder von dieser Eskapade?«
»Sean weiß nicht, was ich vorhabe«, sagte ich, und mein Herz begann, schneller zu schlagen. »Aber er weiß, dass ich hier bin, und er erwartet, dass ich sofort wieder zurückkehre, mit oder ohne Aisling.«
»Und welche Gefangenen hättest du genau im Sinn?«
»Du brauchst keine Spielchen mit mir zu spielen, Eamonn. Ich spreche von dem Bemalten Mann und einem Mann seiner Bande, die du gefangen hältst. Ich bin hier, um mit dir zu verhandeln, damit du sie mir übergibst und uns sicher aus Sidhe Dubh abziehen lässt.«
»Verhandeln? Was meinst du mit verhandeln?«
»Oh, ich bin sicher, du hast schon viele Händel abgeschlossen.«
Er erhob sich und begann, hin und her zu gehen, hin und her.
»Du verblüffst mich, Liadan. Selbst nach allem, was geschehen ist, selbst nach allem, was zwischen uns vorgegangen ist, hatte ich dich immer noch einiger Vernunft für fähig gehalten. Dieser Mann ist böse, ein Verbrecher. Er sollte nicht mehr freigelassen werden. Und das wird auch nicht geschehen. Und jetzt sag mir«, und er blieb direkt vor mir stehen und legte mir die Hände auf die Schultern; ich holte tief Luft und zwang mich, nicht zurückzuweichen »woher du weißt, dass er hier ist? Wie konntest du das herausfinden? Niemand sonst weiß es.«
»Zumindest gibst du nicht vor, dass du ihn nicht gefangen hältst. Ich nehme an, dein Stolz verhindert das. Die Quelle meiner Informationen ist vertraulich. Aber zumindest einer aus der Familie von Sevenwaters weiß, was ich weiß, und wird es weitergeben, wenn ich Schaden nehme.«
»Schaden? Wieso sollte ich dir etwas tun? Du stellst keine Bedrohung dar, und außerdem … nein, ich will Sentimentalitäten lieber vermeiden. Ich werde es dir ganz offen sagen, Liadan. Niemanden interessiert, ob dieser Mann lebt oder stirbt. Du könntest der ganzen Welt erzählen, dass ich ihn gefangen halte, ihn foltere und schlage und vorhabe, ihn hinzurichten. Nicht eine Seele würde auch nur den Finger rühren, um ihm zu helfen. Er ist ein Ausgestoßener und hat keine Hoffnung mehr.«
»Du hast Unrecht«, sagte ich leise. »Du hast so Unrecht. Ein solcher Mann kann große Loyalität hervorrufen, wie du noch entdecken wirst, und zwar auf deine Kosten.«
»Ha! Die Loyalität anderer Verbrecher wie er selbst, und die Treue fehlgeleiteter Mädchen, die perverse Aufregung in den Armen eines solchen Ungeheuers finden. Ich kann nicht glauben, dass du dich ihm hingegeben hast, wo du doch …«
»Wo ich doch dich hätte haben können? Es tut mir Leid, dass du das nicht glauben kannst, Eamonn, denn es hat dich mit einer Verbitterung erfüllt, die am Ende dazu geführt hat, dass du nicht mehr weißt, was du wirklich tust und warum. Dieser Hass frisst dich auf, so dass du deiner Familie und deinen Freunden schadest und einen finsteren Fluch über deine eigene Zukunft verhängst. Es ist nicht zu spät, um noch umzukehren. Noch nicht.«
»Hättest du mich nicht abgewiesen, dann wäre mein Weg anders verlaufen«, meinte er bedrückt. »Wenn dir nicht gefällt, was aus mir geworden ist, dann solltest du die Schuld bei dir selbst suchen.«
»Du verantwortest selbst, was du tust«, sagte ich und hielt meinen Zorn so gut wie möglich zurück. »Du triffst deine eigenen Entscheidungen. Wir alle tragen eine Last der Schuld für Entscheidungen, die wir getroffen haben oder nicht.« Ich sah das Bild meines Onkels Liam vor meinem geistigen Auge, wie er mit einem Pfeil in der Brust auf dem Weg lag. »Du kannst dein ganzes Leben davon bestimmen lassen, oder du lässt es hinter dir und gehst weiter. Nur ein Verrückter lässt seine ganze Existenz von Eifersucht bestimmen. Nur ein schwacher Mann gibt anderen die Schuld für seine eigenen Fehler. Wirst du also mit mir verhandeln?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, was du glaubst, mir bieten zu können«, sagte er steif. »Aber ich nehme an, eine Frau kann einem Mann immer gewisse Dienste leisten. Und es gab eine Zeit, es ist noch nicht allzu lange her, da hätte ich viel dafür gegeben, deinen Körper zu besitzen. Ich hätte mit meinem Stolz bezahlt, mit meinem Ruf, mit allem, was ich hatte. Aber jetzt nicht mehr. Nicht jetzt, wo ich diesen Mann in meinem Griff habe. Ihn leiden zu sehen ist
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