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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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immer er hinpasste – nicht gerade das bequemste Bett. Es stank nach Pisse und Schweiß, wenn ich das sagen darf. Dann klirren Schlüssel leise, und dieser schwarze Mann geht zwischen den Bänken hindurch, ganz ruhig, und er sagt zu uns: ›Wer möchte sich anschließen?‹ Wir starren ihn alle an und warten darauf, dass die Nordmänner zurückkommen und ihn umbringen, aber nichts passiert, nur dass das Schiff zu knarren und ächzen anfängt, als würde es ablegen. Aber niemand rudert. Wir sagen kein Wort. Einige der Männer verstehen es sowieso nicht, weil sie aus einem halben Dutzend verschiedener Länder kommen. Dann sagte der schwarze Mann – das war natürlich Möwe mit seiner Feder im Haar und allem: ›Der Hauptmann ist oben und wird gleich ablegen. Eure Nordmänner werdet ihr nicht wieder sehen. Ihr habt jetzt die Wahl. Rudert dieses Schiff nach Gallien, und wenn wir dort an Land gehen, bekommt jeder von euch einen kleinen Beutel Silber und die Freiheit. Ihr werdet ohne Fesseln rudern, wenn ihr keinen Ärger macht. Was haltet ihr davon?‹
    Also sage ich: ›Welch andere Wahl haben wir denn?‹ Und dann steht ein anderer Mann hinter ihm, der Hauptmann, aber sein Gesicht war damals noch ein bisschen einfacher. Er ist jung, nicht viel mehr als ein Bürschlein, und ich denke mir: Für was hält sich dieser Kerl? Dann sagt der Hauptmann: ›Das kommt darauf an, was ihr hier an euren Ketten noch erwartet. Die Nordmänner werden nicht wiederkommen. Wie lange wird es dauern, bis einer einen toten Wikinger oder zwei bemerkt, die unter dem Kai die Fische füttern? Vielleicht nicht lange, vielleicht eine Weile. Es ist ein geschäftiger Hafen, und keinen interessiert, was aus euch wird. Das ist eure Wahl‹, sagte er. Zeigte es mit Gesten, so dass alle Männer ihn verstehen konnten. ›Rudert gut für mich‹, sagte er, ›und beim nächsten Vollmond seid ihr frei.‹ Und ich denke, der Bursche ist verrückt. Was, wenn wir unterwegs angegriffen werden? Was, wenn die Nordmänner ihre Brüder rächen? Außerdem sind sie nur zu zweit und wir zu zwölft – auf dem Platz meines Bruders saß inzwischen ein Mann aus Ulster. Was wird uns davon abhalten, sie über Bord zu werfen, sobald sie uns die Ketten abnehmen? Wir sagen selbstverständlich alle Ja. Nichts hilft einem so gut wie ein Haufen Freiheit, um sich zu entscheiden.
    Er hat sein Wort gehalten. Wir haben auf dem Weg nach Gallien ein paar Abenteuer erlebt, aber wir sind hingekommen, und er hat mir die Wahl gelassen, bei ihm zu bleiben oder weiterzuziehen. Seitdem bin ich bei ihm geblieben.«
    »Wie alt ist … wie alt ist der Hauptmann jetzt? Du sagtest, du wärst drei oder vier Jahre bei ihm gewesen, aber du meintest, er wäre noch ein Junge gewesen, als du ihm begegnet bist – wie kann das sein?«
    Hund zählte an seinen Fingern. »Das stimmt«, sagte er schließlich. »Zweiundzwanzig, dreiundzwanzig. Ungefähr so alt. Nicht viel älter als du, Mädchen.«
    »Aber …« Ich war vollkommen verblüfft. »Er kommt mir erheblich älter vor. Ich meine … wie kann ein so junger Mann sein, was er ist? Es ist, als hätte er schon viel mehr erlebt als andere in ihrem ganzen Leben. Er ist sehr jung für einen solchen Anführer. Und er ist viel zu jung, um so … so verbittert zu sein.«
    »Dieser Mann ist schon alt zur Welt gekommen«, meinte Hund nüchtern.
    ***
    Gegen Mittag gab es ungewöhnliche Unruhe im Lager, Zaumzeug klirrte, es klang nach ordentlicher, aber eiliger Aktivität. Ich konnte nicht viel erkennen, aber was ich sah, bewirkte, dass mir kalt wurde. Unterschlüpfe wurden abgeschlagen, Satteltaschen gepackt. Die Spuren unseres Hierseins wurden rasch getilgt. Sie brachen auf. Sie brachen auf, und niemand hatte mir etwas gesagt. Man hatte mir sechs Tage versprochen. Selbst das hätte kaum genügt.
    »Du solltest lieber hingehen und herausfinden, was los ist«, sagte ich so ruhig zu Hund, wie Angst und Zorn es mir erlaubten. Ich ging wieder in die Höhle und beschäftigte mich, aber mit einem Ohr lauschte ich auf seine Rückkehr. Ich spürte Evans nervösen Blick auf mir, aber er fragte nicht. Es wurde später, und Hund kam nicht zurück. Ich kniete auf dem Boden, wusch Teller im Eimer und versuchte, mich auf die Herbstbepflanzung meines Gartens in Sevenwaters zu konzentrieren, als eine vertraute Stimme hinter mir erklang.
    »Wir müssen den Plan ändern.«
    Ich erhob mich langsam mit nassen Händen, die Ärmel bis zum Ellbogen hochgerollt. »Aha. Ich

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