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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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sehe, wie leicht du dein Wort brichst. Dieser Mann ist nicht im Stande zu reisen. Das habe ich dir schon zuvor gesagt. Hier hat sich nichts verändert.«
    Bran warf einen Blick zu dem Schmied, der wach lag und zuhörte. »Er muss mitkommen, oder wir müssen ihn hier lassen«, sagte er grimmig. »Wir haben keine Wahl. Es ist wichtig, dass wir heute weiterziehen.«
    »Wir hatten eine Übereinkunft. Sechs Tage, hast du gesagt. Ich nehme an, du hattest nie vor, dein Wort zu halten.«
    »Du beurteilst mich wie immer übereilt. Ich bin verantwortlich für diese Männer. Ich werde ihnen nicht befehlen, hier sitzen zu bleiben und sich gefangen nehmen zu lassen, wenn ich sie noch rechtzeitig wegbringen kann. Ich werde sie nicht aufhalten, wenn sie anderswo dringend gebraucht werden. Es wäre einfach dumm, die ganze Truppe für das Leben eines Mannes zu opfern.«
    Ich schwieg eine Weile und dachte nach. »Der Schmied kann nicht mitkommen«, sagte ich schließlich. »Du siehst, wie schwach er immer noch ist. Er kann kaum ohne Hilfe aufrecht sitzen. Wie kannst du ihn sicher transportieren? Wer wird sich um ihn kümmern?«
    »Das geht dich nichts mehr an.« Er warf einen Blick über die Schulter. »Pack diese Sachen«, befahl er Hund, der hinter ihm aufgetaucht war.
    »Einen Augenblick«, sagte ich. »Ich bin hier geblieben und habe mich um diesen Mann gekümmert, weil wir ein Übereinkommen hatten. Einen Handel. Du hast deine Seite gebrochen. Aber ich bin verantwortlich für ihn, ebenso wie du für die anderen. Das hier ist meine Aufgabe. Ich werde nicht zulassen, dass meine Arbeit auf … auf eine Laune von dir hin weggeworfen wird.«
    Bran schien kaum zuzuhören; stattdessen starrte er meinen Arm an, wo der aufgerollte Stoff die blauen Flecken entblößte, die seine Finger hinterlassen hatten. Zornig zog ich den Ärmel wieder darüber. Hund begann mit ausdrucksloser Miene zu packen.
    »Setz dich«, befahl Bran. Ich starrte ihn an. »Setz dich«, sagte er leiser, verschränkte die Arme und lehnte sich mit der Schulter gegen die Felsmauer. Ich setzte mich. »Es ist keine Laune«, sagte er. »Ich kann mir solchen Luxus nicht leisten. Ich hatte nicht vor, mein Wort zu brechen – wieso hätte ich es sonst geben sollen? Die Ereignisse überrollen uns, das ist alles. Du verstehst wohl, dass ich und meine Männer in diesem Land alles andere als willkommen sind. Wir haben zahllose Feinde. Also bewegen wir uns im Verborgenen und ziehen häufig hin und her. Wegen der Verletzung des Schmieds und deiner Anwesenheit hier sind wir schon viel länger geblieben, als wir vorhatten, und damit ein großes Risiko eingegangen. Nun habe ich gehört, dass sich eine beträchtliche Truppe Bewaffneter auf dem Weg in diese Gegend befindet, und wir haben nicht viel Zeit, uns in Sicherheit zu bringen. Hier zu bleiben würde bedeuten, den Tod herauszufordern. Ich selbst würde mich dem stellen. Aber ich werde das Leben meiner Männer nicht aus einem so dummen Grund aufs Spiel setzen. Außerdem liegt unser nächster Auftrag im Norden, und jene, in deren Auftrag wir handeln, haben uns gebeten, uns rascher in diese Richtung zu bewegen. Ich habe meine Entscheidung getroffen, und sie wird rasch ausgeführt werden. Bei Sonnenuntergang wird von uns hier keine Spur mehr geblieben sein.«
    Er schwieg.
    »Ein dummer Grund«, sagte ich und starrte zu ihm hoch. »Du hältst Evans Leben und meine Sicherheit für eine Dummheit.«
    »Als Frau«, erwiderte Bran bedächtig, »kannst du das nicht verstehen. Für uns bedeuten ein oder zwei Leben nur wenig. Ich werde meine Männer keiner unnötigen Gefahr aussetzen, nicht um deinetwillen und nicht um seinetwillen. Ich werde auch ihren nächsten Auftrag nicht gefährden. Ich habe schon genug Zeit damit verschwendet, dir zuzuhören. Ohne dich wären wir inzwischen sicher auf dem Weg. Ich hätte nie …«
    »Hauptmann.« Der Schmied versuchte sich hinzusetzen. Er war bleich und schweißüberströmt.
    »Was ist?«
    »Ich kann reiten. Ich bin immer noch kräftig. Ich schaffe es schon. Binde mich hinter Hund fest, ich werde so lange sitzen bleiben, wie es sein muss. Aber, Hauptmann, was ist mit dem Mädchen?«
    Tiefes Schweigen. Hund hörte auf zu packen, richtete sich auf und starrte seinen Anführer wütend an. »Nun?«, knurrte er.
    Bran sah mich immer noch an. »Verstehst du, was ich dir da sage?«, fragte er mit übertriebener Geduld. »Es handelt sich hier um eine sorgfältig gefällte Entscheidung, bei der ich alles

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