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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Vetter?«
    »Was macht das schon? Wieso bist du so zornig auf mich? Es hat sich doch sicher nichts verändert und …«
    »Fass mich nicht an. Beantworte die Frage. Dieser Mann Iubdan, hat er noch einen anderen Namen?«
    »Ja.«
    »Verflucht, Liadan, sag es mir!«
    Mir war vollkommen kalt. »Das ist der einzige Name, den er jetzt trägt. Man hat ihm den Namen gegeben, weil er ähnlich klingt wie der, den er zuvor hatte, bevor er meine Mutter heiratete. Damals hieß er Hugh.«
    »Ein Brite. Hugh von Harrowfield.« Er sprach diesen Namen aus, als gehörte er der niedrigsten Lebensform, die er sich vorstellen konnte.
    »Er ist mein Vater.«
    »Und deine Mutter ist … ist …«
    »Sie heißt Sorcha.« Durch mein Entsetzen hindurch spürte ich die ersten Funken von Zorn. »Liams Schwester. Ich bin stolz darauf, ihre Tochter zu sein, Bran. Es sind gute Menschen. Aufrechte Menschen.«
    »Ha!« Wieder so viel Verachtung. Er stand abrupt auf, ging ein paar Schritte weg und starrte in den Wald.
    Als er zu sprechen begann, sprach er leise, und er redete nicht mit mir.
    »…  das war nie für dich bestimmt, du Welpe einer elenden Hündin … Schwächling, elender Schwächling, nur dazu geeignet, im Dunkeln zu leben … wie konntest du einen Augenblick lang glauben  … zurück in deine Kiste, Köter  …«
    »Bran.« Obwohl mein Herz heftig klopfte, versuchte ich so entschlossen wie möglich zu erscheinen. »Was ist los? Ich bin immer noch dieselbe Frau, die du bei Tagesanbruch in den Armen hieltest. Du musst mir sagen, was los ist.«
    »Sie hat dich gut geschult, nicht wahr?«, sagte er, immer noch mit dem Rücken zu mir. »Deine Mutter. Wie du einen Mann von seinem Weg abbringen und seine Entschlossenheit schwächen und ihn nach deinem Willen biegen kannst. Darin ist sie Expertin.«
    Ich war sprachlos.
    »Wenn du nach Hause kommst, sag ihr, dass ich nicht so schwach bin wie er war, der ehrenwerte Hugh von Harrowfield. Ich durchschaue deine Tricks. Ich erkenne deine Verstellung als das, was sie ist. Dass ich jemals glauben konnte, dass ich dumm genug gewesen bin … ja, ich war dumm. Ich werde nie wieder einen solchen Fehler machen.«
    Ich konnte einfach nicht verstehen, was er da sagte. »Meine Mutter würde nie … wenn du sie kennen würdest, wäre dir klar …«
    »Oh nein, das wird nicht genügen«, sagte er und wandte sich mir wieder zu. »Diese Frau und der Mann, den sie verhext hat, haben mich zu dem Geschöpf gemacht, das du jetzt vor dir siehst: der Mann ohne Gewissen, der Mann ohne Namen, der nichts kann außer töten, der keine Identität hat als die, die in seine Haut geätzt ist. Sie nahmen mir meine Familie und mein Geburtsrecht, sie nahmen mir meinen Namen. Vielleicht haben sie dir etwas anderes erzählt. Aber sie hat deinen Vater dort weggeholt, wo er hingehörte. Er hat seine Pflicht vernachlässigt, um ihr zu folgen. Deshalb habe ich alles verloren. Wegen ihnen bin ich … bin ich tatsächlich wertlos, Abschaum.«
    »Aber …«
    »Was für eine Ironie! Man sollte glauben, irgendjemand da draußen spielt mit uns. Wie konnte es möglich sein, dass durch reinen Zufall die einzige Frau … die einzige Frau, die mich so dicht daran gebracht hat, zu vergessen … dass es ihre Tochter sein sollte! Das kann kein Zufall sein. Es ist meine Strafe. Meine Strafe dafür, dass ich geglaubt habe, es könnte eine Zukunft geben.«
    »Bran …«
    »Halt den Mund! Sprich diesen Namen nicht aus! Pack deine Sachen und geh, ich will dich keinen Augenblick länger sehen.«
    Ein kalter Stein im Herzen. So fühlte es sich an. Es gab nicht viel zu packen. Als ich fertig war, ging ich den Hügel hinunter und blieb einen Augenblick an Evans Grab stehen. Ich konnte es kaum finden, so gut war es verborgen. Bald würde jedes Zeichen davon verschwunden sein.
    »Lebe wohl, Freund«, flüsterte ich.
    Bran brachte das Pferd heraus, und nun trug es einen ordentlichen Sattel. Er hatte meine kleine Tasche dahinter festgeschnallt. Eine Wasserflasche. Sein Umhang, aufgerollt und mit Seil festgebunden. Das war ein wenig seltsam.
    »Sie wird dich sicher nach Hause tragen«, sagte er. »Mach dir nicht die Mühe, sie zurückzuschicken. Betrachte es als … Bezahlung für geleistete Dienste.«
    Ich spürte, wie mir das Blut aus den Wangen wich. Ich hob die Hand und schlug ihn fest auf die Wange und sah, wie sich die Haut dort rot färbte. Er versuchte nicht, dem Schlag auszuweichen.
    »Du solltest lieber gehen«, sagte er kalt.

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