Der Sohn des Azteken
du in Compostela Informationen sammelst und so schnell wie möglich zurückkommst?«
»Das könnt Ihr, Herr. Ich lebe nur mit Eurer Duldung, und deshalb steht mein Leben ganz zu Eurer Verfügung.«
»Dann ist es mein Befehl, daß du gehst. Die Spanier können noch nicht wissen, daß sie ihren Verbündeten verloren haben. Da sie dich kennen, werden sie dich für Yeyacs Abgesandten halten, der einen Auftrag zu erledigen hat.«
»Ich werde Kalebassen mit vergorener Kokosmilch zum Verkauf mitnehmen. Alle Weißen, hoch und niedrig, betrinken sich damit. Das wird als Vorwand für mein Kommen genügen. Was wünscht Ihr zu erfahren?«
»Alles. Halte Augen und Ohren offen und bleibe nur solange es notwendig ist. Finde für mich heraus, wenn du kannst, was für ein Mann der neue Gouverneur ist, die Stärke seiner Truppen, die er in Compostela stationiert hat, und wie viele andere Spanier dort leben. Achte auch auf alle Nachrichten, Gerüchte und den Klatsch über das, was im ganzen spanischen Gebiet vorgeht. Ich werde deine Rückkehr abwarten, bevor ich Yeyacs treulosen Kriegern den Befehl zu ihrem selbstmörderischen Einsatz gebe. Das Ergebnis dieses Einsatzes wird weitgehend von den Nachrichten abhängen, die du zurückbringst.«
»Ich mache mich sofort auf den Weg, Herr«, sagte er, und das tat er auch.
Als nächstes warf ich einen flüchtigen Blick auf die Dienstboten, die G’nda Ké in der Eingangshalle versammelt hatte. Ich erkannte eine Reihe von ihnen wieder, und ich war sicher, wenn auch nur einer jemals mit Yeyac im Bund gewesen wäre, er hätte es nicht gewagt, mir unter die Augen zu treten und auf eine Anstellung zu hoffen. Von da an wurden wir Pipiltin im Palast – Améyatl, Kakápeti, G’nda Ké und ich – mit größter Aufmerksamkeit bedient und hervorragend ernährt, so daß wir nie einen Finger rühren mußten, um etwas selbst zu tun, was nicht für uns erledigt werden konnte. Améyatzin hatte jetzt zwar eine ganze Schar Frauen, die ihr aufwarteten, doch wir freuten uns beide, als Zehenspitze darauf bestand, auch weiterhin ihre Zofe zu bleiben. Wenn Zehenspitze nicht bei Améyatl war, verbrachte sie ihre Zeit mit Vorliebe bei den Kriegern, die ich ausschickte, um die Bewohner von Aztlan festzunehmen und hinzurichten, wenn sich ihre Namen auf Nochéztlis Liste befanden. Ich gab nur den Befehl ›Hinrichten!‹ und machte mir nie die Mühe herauszufinden, auf welche Weise die Krieger das taten. Ich erkundigte mich auch nicht danach, ob Zehenspitze ein paar dieser Männer auf die eine oder andere schreckliche Art tötete, von der sie gesprochen hatte. Es war mir einfach gleichgültig. Mir genügte es, daß der ganze Besitz und der Reichtum der Hingerichteten in die Schatzkammern von Aztlan floß. Es mag gefühllos klingen, wenn ich das sage, doch ich hätte noch härter sein können. Nach uralter Tradition hätte ich die Frauen, Kinder, Enkelkinder und sogar die Verwandten über den zweiten Grad hinaus töten lassen können. Das tat ich nicht. Ich wollte Aztlan nicht völlig entvölkern.
Ich war nie zuvor ein Uey-Tecútli gewesen. Und außer meinem Onkel Mixtli hatte ich niemals einen anderen bei der Ausübung dieses Amtes erlebt. Damals hatte ich den Eindruck gewonnen, Mixtzin müsse nur lächeln, finster blicken, eine Handbewegung machen oder seinen Namen unter ein Dokument setzen, um alles durchzuführen, was erledigt werden mußte. Jetzt lernte ich schnell, daß es keine leichte Aufgabe war, ein Verehrter Statthalter zu sein. Ich wurde ständig gebeten – ich könnte auch sagen, damit belästigt –, Entscheidungen zu treffen, Urteile zu fällen, öffentliche Erklärungen abzugeben, zu vermitteln, Ratschläge zu erteilen, Verfügungen zu erlassen, Zustimmung oder Ablehnung zu äußern und etwas zu bewilligen oder abzulehnen. Die Würdenträger meines Hofes, denen verschiedene andere Regierungsgeschäfte oblagen, kamen regelmäßig mit ihren Problemen zu mir.
Ein Deich, der den Sumpf faßte, mußte unbedingt in Ordnung gebracht werden, sonst stand das Wasser bald in unseren Straßen. Genehmigte der Uey-Tecútli die Kosten für das Baumaterial und eine Zahl von Arbeitern?
Die Fischer der Flotte, die auf das Meer hinausfuhr, beklagten sich, daß durch die Entwässerung des Sumpfes vor langer Zeit ihre angestammten Häfen allmählich verschlammten. Genehmigte der Uey-Tecutli, daß die Häfen wieder bis zur ursprünglichen Tiefe ausgegraben wurden?
Unsere Lagerhäuser waren randvoll mit
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