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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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behaupten, aus ineinander verschlungenen Schlangen – und damit über das Ostmeer fuhr. Seine Untertanen warfen sich am Strand zu Boden und beklagten laut seinen Abschied. Vermutlich rief er ihnen deshalb beruhigend zu, eines Tages, wenn er lange genug in der Verbannung für sein Vergehen gebüßt habe, werde er zurückkehren. Doch im Laufe der Zeit verschwand das Volk der Toltéca selbst allmählich von der Erde. Inzwischen ist es beinahe ausgestorben, und Quetzalcóatl wurde nie wieder gesehen.«
    »Willst du andeuten, er wurde bis heute nicht mehr gesehen?« fragte Onkel Mixtzin ungnädig. Er war im Grunde niemals freundlich oder fröhlich. Die Nachricht des Boten hatte verständlicherweise wenig dazu beigetragen, seine Laune zu bessern. »Ist es das, was du meinst, Canaútli?«
    Der alte Mann zuckte die Schultern und sagte: »Aquin ixnéntla?«
    »Wer weiß?« wiederholte ein anderes älteres Ratsmitglied und fügte mit einem langen Seufzer hinzu: »Ich bin mein Leben lang Fischer gewesen und soviel kann ich sagen: Es ist so gut wie unmöglich, mit einem Floß das Meer zu überqueren. Es gelingt niemandem, vom Strand ein Floß durch die Brecher, die Strömung und die auf das Land zulaufende Brandung hindurch ins offene Wasser zu bringen.«
    »Vielleicht gelingt es einem Gott«, gab ein anderer zu bedenken. »Und wenn Gefiederte Schlange damals vielleicht auch große Schwierigkeiten hatte, so muß er inzwischen etwas gelernt haben, sonst könnte er jetzt nicht in Häusern mit Flügeln zu uns zurückkehren.«
    »Aber warum würde er dazu mehr als eines dieser schwimmenden Gefährte benutzen?« fragte ein anderer. »Er ist allein davongefahren. Aber wie es scheint, kommt er mit einer großen Mannschaft oder mit vielen Begleitern zurück.«
    Canaútli erwiderte: »Seit seinem Abschied sind zahllose Jahre vergangen. Er könnte überall dort, wohin er kam, eine Frau geheiratet und ganze Völkerscharen von Nachkommen gezeugt haben.«
    »Kann einer von euch voraussagen, welche Auswirkungen diese Rückkehr haben wird?« fragte der Priester des Kriegsgottes mit einem leichten Zittern in der Stimme. »Vorausgesetzt natürlich, daß es sich tatsächlich um Quetzalcóatl handelt?«
    »Ich nehme an, es wird sich vieles zum Guten ändern«, erwiderte mein Onkel, der sich ein Vergnügen daraus machte, den Priester aus der Fassung zu bringen. »Die Gefiederte Schlange war freundlich und gütig. Alle Aufzeichnungen der Vergangenheit stimmen darin überein, daß es in der EINEN WELT niemals zuvor und niemals danach einen so dauerhaften Frieden, soviel Glück und solches Wohlergehen gegeben hat.«
    »Aber die anderen Götter werden sich ihm dann unterordnen müssen oder sogar in Vergessenheit geraten«, jammerte der Priester des Huitzilopóchtli sichtlich bekümmert. »Und uns, den Priestern aller Götter, wird es nicht anders ergehen. Wir werden gedemütigt werden, weniger gelten als die erbärmlichsten Sklaven. Wir werden abgesetzt … entlassen … ausgestoßen, so daß wir betteln und hungern müssen.«
    »Wie ich gesagt habe«, brummte mein Onkel unbeeindruckt, »alles Veränderungen zum Guten.« Der Uey-Tecutli Mixtzin und seine Räte mußten jedoch bald einsehen, daß sich der Gott Quetzalcoatl nicht unter den Ankömmlingen befand und auch keiner der Fremden in seinem Auftrag erschienen war. In den folgenden eineinhalb Jahren verging kaum ein Monat, ohne daß ein Bote aus Tenochtitlan nicht noch erstaunlichere und beunruhigendere Nachrichten überbrachte. Von einem Läufer erfuhren wir, daß es sich bei den Fremden nur um Menschen handelte, nicht um Götter oder um die Nachkommen von Göttern, und daß sie sich selbst Españoles oder Castellanos nannten. Die beiden Namen schienen austauschbar, doch den letzteren konnten wir leichter ins Náhuatl übertragen. Und so nannten wir die Fremden lange Zeit Caxtiltéca. Der nächste Läufer, der eintraf, setzte uns davon in Kenntnis, daß die Caxtiltéca Göttern ähnelten – zumindest Kriegsgöttern –, denn sie waren raubgierig, grausam, unbarmherzig und eroberungslustig. Es dauerte nicht lange, und sie erzwangen sich ihren Weg vom Ostmeer landeinwärts. Ein weiterer Bote berichtete, die Caxtiltéca seien in ihrer Kriegsführung und in ihren Waffen in der Tat den Göttern ähnlich oder zumindest in den Künsten der Magie bewandert. Viele ritten auf riesigen, geweihlosen Hirschen, und fast alle besäßen furchteinflößende Rohre, die Blitz und Donner spien. Andere hätten Pfeile

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