Der Sohn des Bannsängers
re- flektierenden Flammen hervor, schwebte wie eine Seifenblase durchs Zelt und stieß gegen die gegenüberliegende Wand. Konzentrische Kreise aus silbernem Feuer dehnten sich durchs Loch in der Zeltwand aus wie Wellen in einem Teich. Gugelund lachte vor Entzücken auf.
»O je, was sind wir aber auch wütend.«
Squill und Neena standen Seite an Seite, hatten die Finger miteinander verschränkt und bewegten sich im Takt von Buncans Musik. Diesmal sah man niemanden lächeln, als sie zu singen begannen. Viz ließ sich erwartungsvoll auf der Schulter des Händlers nieder, und gemeinsam folgten sie dem hochkonzentrierten Menschen und den Ottern nach draußen.
In der Nähe des Zeltes lag Snaugenhutt auf dem Rücken, immer noch in seinen Panzer gehüllt. Die Füße ragten in die Luft und waren an den Knöcheln fest miteinander verschnürt. Dickere Lederriemen liefen im Zickzack über seinen entblößten Bauch und fesselten ihn an die Erde.
Viz flog zu ihm und landete neben seinem Gefährten auf dem Boden. Der Vogel betrachtete den Freund mit schiefgelegtem Kopf.
»Wie fühlst du dich?«
Das Nashorn schaute weg. »Sie haben mir was zu trinken angeboten. Fermentierte Echsenmilch oder so was. Ich war durstig.«
»Vielleicht ein bißchen zu durstig?«
Snaugenhutts Stimme klang ungewohnt gedämpft.
»Vielleicht. Viel getrunken habe ich nicht. Es muß irgendwas drin gewesen sein.« Buncan, der unablässig auf der Duar herumklimperte, mußte zugeben, daß das Nashorn keineswegs einen volltrunkenen Eindruck machte.
Die Musik und die Unterhaltung ließen einen verwirrten Wächter aufmerksam werden, der zwar schläfrig war, aber nicht schlief. Das Erdhörnchen rief irgend etwas in Viz' Richtung. Viz achtete nicht darauf und wandte sich an den Händler.
»He, Gugelund! Hier gibt es was für dich zu tun.« Das Faultier kam herbeigewatschelt und machte sich mit seinem größeren Messer an den Fesseln des Nashorns zu schaffen.
Mittlerweile rief der munter gewordene Wachposten um Hilfe. Schlaftrunkene, halbbekleidete Gestalten kamen aus den umliegenden Zelten hervorgestolpert. Buncan und die Otter achteten nicht auf sie. Buncans geschäftige Finger wurden mittlerweile von einem sanft strahlenden, silbrigen Nebel nahezu verdeckt.
Aus einem großen Zelt gegenüber dem immer noch am Boden liegenden Snaugenhutt kam Chichurog zum Vorschein. Der Erste Reiter der Xi-Murogg griff hinter sich, während ihm jemand ein Krummschwert reichte. Er schwenkte es über dem Kopf und rannte auf die Ausbrecher zu.
»Ihr habt den Zeitplan über den Haufen geworfen und die Zeremonie entehrt! Jetzt müssen wir noch einen Tag warten.« Viz stieg empor und sauste auf den Meerkater zu, wobei er dem in seine Richtung gezielten Schwerthieb mühelos auswich.
»Tut mir leid, Rattengesicht. Mit uns könnt ihr nicht rechnen.« Chichurog hielt inne, während sich bewaffnete Männer um ihn scharten. »Soll ich mich etwa durch euer Ständchen erweichen lassen? Eure Geschichte hat mich nicht beeindruckt. Ich, Chichurog von den Xi-Murogg, lasse mich doch nicht vom verzweifelten Geträllere unfähiger Troubadoure ins Bockshorn jagen.«
»Wer ist hier unfähig?« schrie Buncan herausfordernd. Die Otter waren nicht weniger erzürnt als er.
»Stampf sie in den Boden, reiß sie in Fetzen Tritt sie gegen den Kopf, mach tot die Brut Zermahl sie zu Staub, düng damit die Felder Mit ihrem eigenen Blut Laß es in Strömen fließen Sich in den Boden ergießen Laß Snaugenhutt jeden zertrampeln Der uns weglaufen will Soll'n sie ru'ig zappeln und 'ampeln!«
Snaugenhutts Fesseln scheuerten nicht durch und lösten sich nicht auf. Keine unsichtbare, undurchdringliche Wand materialisierte sich, um sie vor den mittlerweile hellwachen und erbosten Dorfbewohnern zu schützen. Kein rasender Drachen und auch kein anderer mächtiger Verteidiger erschien, um die vorrückenden Häscher herauszufordern.
Während sich Chichurog und sein Mob schwerbewaffneter Dörfler ruckartig in Bewegung setzten, mit zuckenden Schnauzen und haßerfülltem Blick, wurde Buncan allmählich besorgt. Schneller spielen änderte ebensowenig ihre Lage wie die heftigsten Verwünschungen der Otter.
»Für diesen Frevel«, erklärte Chichurog, »wird das traditionelle Schlachten zeitgleich mit dem Aufsammeln des Bluts erfolgen. Und zwar so, daß ihr im Sterben sehen könnt, mit welchem Geschick unsere Frauen die Zeremonialmesser führen. Betrachtet dies als eine besondere Ehre, die...«
In diesem Moment
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