Der Sohn des Bannsängers
triumphierendes Flüstern. »Ich 'ab's!«
Gugelund zog die Zunge zurück, leckte sich über die Lippen und lächelte Buncan sanft an. »Das war ganz schön anstrengend.«
»Warum haben Sie uns nichts gesagt?«
Der Händler rutschte über den Boden, vermochte sich aber nicht aufzurichten. »Was, hattet ihr Frischlinge etwa schon aufgegeben? Außerdem wußte ich wirklich nicht, ob ich die Schnalle tatsächlich erreichen würde, so eng gefesselt wie ich bin. Ich wollte keine falschen Hoffnungen wecken.«
»Beeil dich!« drängte Squill seine Schwester.
Sie bewegte die Klinge mit den Fingern hin und her. »Willste vielleicht, daß ich's fallenlasse? Dann kau an deinen Bart'aaren und laß mich in Frieden.« Squill verstummte, auch wenn es ihm schwerfiel.
Der Wächter schlief unterdessen weiter, ohne von dem lautlosen Kampf, der quasi vor seiner Nase ablief, etwas zu bemerken.
Stunden schienen zu verstreichen. Endlich machten Neenas Arme einen deutlich sichtbaren Ruck und schwenkten nach vorne. Sie massierte sich kurz die Handgelenke, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen, dann machte sie sich über ihre Fußfesseln her. Diesmal ging es schneller, denn sie brauchte ja keine Angst mehr zu haben, sie könnte das Messer fallenlassen.
Als sie sich befreit hatte, schlich sie auf Zehenspitzen am Innenrand des Zelts entlang und näherte sich dem Wächter lautlos von hinten. Buncan zuckte leicht zusammen, als sie vom Messer Gebrauch machte. Nachdem sie die unangenehme Angelegenheit hinter sich gebracht hatte, schickte sie sich sogleich an, Gugelund loszubinden.
»Oi!« rief ihr Bruder. »Und was is mit mir?«
»Sie werden sich doch wohl noch ein Weilchen gedulden können, 'err 'ab keine-Zeit.« Squill funkelte sie an und knirschte mit den Zähnen, gab aber Ruhe.
Der Händler war alsbald losgebunden. Neena wich ihrem Bruder aus, der sie ins Bein zu beißen versuchte, als sie an ihm vorbeikam, und wandte sich Buncans Fesseln zu. Erst als er und Viz losgebunden waren, befreite sie schließlich auch Squill.
Als Buncan sein Schwert umschnallte, stupste er den reglosen Wächter mit dem Fuß an. Die dicke Webmatte saugte den größten Teil des Bluts auf, jedoch nicht alles. »Wo hast du das gelernt?«
Neena sah nicht von ihrer Arbeit auf. »Von meinem lieben alten Muttchen. Sie meinte immer, die theoretische Bildung bedürfe des Fundaments einer guten praktischen Ausbildung.«
Sobald Squill frei war, warf er seiner Schwester einen drohenden Blick zu. Doch anstatt über sie herzufallen, humpelte er auf kribbelnden Beinen umher und trat dem toten Wächter mitten ins Gesicht. Blut spritzte.
Buncan runzelte die Stirn. »Dazu besteht kein Grund.«
Der Otter lächelte schief zu ihm hoch. »Mann, weiß ich auch. Das war bloß zu meinem persönlichen Vergnügen.« Als er mit dem Fuß ausholte, um ein zweites Mal zuzutreten, stellte sich Buncan ihm in den Weg.
»Laß gut sein. Wir haben noch einiges zu erledigen, bevor wir hier raus sind.«
Squill zögerte, dann nickte er und beeilte sich, seine eigenen Habseligkeiten aus dem Haufen auszusortieren.
Viz streckte die Flügel, flatterte in die Luft empor und ließ sich gleich wieder nieder, weil er sich ausruhen mußte. »Ohne Snaug können wir hier nicht weg.« Der Vogel schüttelte bekümmert den Kopf. »Ich kann's einfach nicht glauben, daß die ihn besoffen gemacht haben. Er hat sich so gut gehalten.«
»Wahrscheinlich hat er gedacht, er hätte es im Griff.« Gugelund war philosophisch. »Eine verbreitete Fehlannahme bei Leuten, die dem Alkohol allzu gern zusprechen. Seid nicht zu hart mit ihm.«
»Vielleicht haben sie ihn gar nicht betrunken gemacht.« Buncan schulterte die Duar. »Vielleicht hat man ihn betäubt.«
Viz' Miene hellte sich auf. »Daran hab ich nicht gedacht. Bloß an das Naheliegende.«
»Das gilt für uns alle.« Buncan streichelte voller Vorfreude über die Duar. »Wir werden hier nicht einfach so weggehen, Snaugenhutt befreien und durch die Schlucht durchbrechen können. Aber ab sofort liegt das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Wir sollten guten Gebrauch davon machen.«
»Bannsingen, ja«, meinte Gugelund enthusiastisch. »Aber welche Form soll die Erscheinung annehmen?«
Squill trat vor. »Überlaß daß nur Neena und mir.« Seine Augen blitzten.
Buncan klimperte auf dem Doppelsatz Saiten herum. In der Mitte flammte etwas Feuerrotes auf. Die Otter murmelten einen haßerfüllten Satz.
Aus dem Nexus der Duar schoß eine Kugel aus
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