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Der Sohn des Bannsängers

Der Sohn des Bannsängers

Titel: Der Sohn des Bannsängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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die Saiten und warf ausgelassene Akkorde in die stickige Luft, so wie ein Edelmann Goldstücke in die unbemittelte Menge werfen mochte. Hinter ihm begannen die Otter, etwas dazu zu improvisieren.
    »'ab heut keine Zeit zum Traurigsein Es gibt eine Zeit zu trauern, eine Zeit für Tändelein Einen Ort zu weinen, einen Ort zu sterben Wir kommen 'ier raus, denn wir probieren's nicht allein Den Wagen zu retten aus diesem Verderben.«
    Die Musik schallte ins Moor hinaus, durchdrang und teilte die Düsternis wie einen schmutzigen, modrigen Vorhang. Das Gewicht der öligen Luft, die sie einatmeten, nahm merklich ab, während die brandigen Pilze in der Nähe vor dieser gnadenlosen Munterkeit zurück zu weichen schienen, eine Beobachtung, die alles andere als eine Täuschung war.
    »Wollt ihr nicht endlich mit dieser Musik aufhören?« flehte das Gewächs zu ihrer unmittelbaren Rechten.
    »Verdammt, Mudge 'atte wirklich recht.« Neena betrachtete den riesigen Giftpilz. »Wenn sie wollen, können sie mit einem reden.«
    »Wie könnt ihr singen«, deklamierte ein Chor von Schwammpilzen, »wo es doch keine Hoffnung mehr gibt? Wo alles zugrunde geht?«
    Eine Ansammlung von Pilzen, die den Zugechsen bloß bis zum Bauch reichten, stimmte mit ein. »Wo das Leben doch von endlosem Leid geprägt ist.«
    »Wenn ihr's unbedingt so sehen wollt«, murmelte Buncan vor sich hin. Eine Pfote legte sich ihm schwer auf die Schulter.
    »Obacht, Kumpel!« Squills glänzende Augen starrten ihm ins Gesicht. »Vergiß nich, daß das genau die Masche is von den Mooren. Wenn die Atmosphäre nichts bewirkt, probieren sie's mit fatalistischer Philosophie. Das 'at Mudge immer gesagt.«
    Neena blickte die rötlich glänzenden Pilze herausfordernd an.
    »Wo Musik is, is kein Platz für Bedrückung. Spiel weiter, Bunkole.«
    Buncan sah auf seine Duar hinunter. Die polierte Oberfläche des Instruments wirkte stumpf, die Saiten rauh und verschlissen.
    »Ich weiß nicht, ob das was nützt.«
    Diesmal packte ihn Squill bei den Schultern und drehte ihn halb auf dem Kutschbock herum. Die Duar stieß gegen Gugelunds Knie. Das Faultier zuckte zusammen, sagte jedoch nichts, sondern konzentrierte sich entschlossen aufs Lenken.
    »Spar dir dein dauerndes Ich-weiß-nich, Kumpel! Dieser Sumpf is die Mutter der Unentschlossen'eit. Wach auf und spiel!«
    Buncan nickte blinzelnd. Die Wirkung des Moors, wurde ihm klar, war so heimtückisch, daß man gar nicht merkte, wie einem geschah. Zum Glück waren die Otter von Natur mit einem äußerst starken Widerstand gegen Depressionen gesegnet. Buncan stürzte sich wie besessen auf die Duar.
    Gleich wirkte die Luft heller und klarer. Der düstere Nebel wallte zurück, und die Pilze auf dem Weg krochen oder sickerten beiseite. Als er sah, daß die Musik die kriechenden Plagegeister in Schach hielt, unternahm selbst Gugelund den Versuch, in den Gesang mit ein zu stimmen.
    Sie fühlten sich bereits erheblich wohler, als ihnen das Moor antwortete, nicht mit neuen Einflüsterungen ansteckender Langeweile, sondern mit eigener Musik: einem fernen, wilden Bellen. Ihr Gesang brach unvermittelt ab. Wie ein regennasser Tausendfüßler kroch Buncan ein klammer Schauder über den Rücken.
    »Was war das?« flüsterte Squill mit aufgerissenen Augen, »'ört sich an, als war's aus dem Schlamm am Grund des Flusses gekrochen.« Er schaute den Händler an.
    Gugelund sog witternd die Luft ein. »Ich kenne das Geräusch nicht. Und ich möchte auch nicht seinem Urheber begegnen.« Als er geendet hatte, erscholl abermals das Geräusch: dreist, scharf und eindeutig näher.
    Buncan schüttelte den Arm des Faultiers. »Halten Sie jetzt nicht an. Nicht hier. Können wir nicht schneller fahren?«
    »Mein Gespann ist auf Ausdauer hin gezüchtet, nicht auf Schnelligkeit«, erklärte das Faultier. »Das seht ihr ja selbst. Die Tiere laufen so schnell sie können.« Er blickte nervös zur Seite.
    »Von diesem Laut geht etwas aus, das schrecklicher ist als bloße Depression.«
    »Penetrant, was immer das is«, bemerkte Neena, während das wilde Bellen durchs Moor schallte. Es war eindeutig nicht der Wind; im Moor, wo selbst ein verirrtes Lüftchen rasch Depressionen bekam und dahinstarb, war Wind unbekannt. Das Heulen war dunkel und tief und schien von einem Fleischfresser zu stammen.
    »Da bewegt sich was!« Squill richtete sich auf und zeigte nach links.
    Im Unterholz sah man kurz eine Bewegung, etwas wie leuchtendrote Glühwürmchen; dann nichts mehr.

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