Der Sohn des Bannsängers
Unterschlupf, obwohl es zu viert eng werden dürfte.« Er nahm die Zügel in die Hand.
»Wir sollten allmählich aufbrechen. Große Geheimnisse harren der Enthüllung.« Er ruckte an den Zügeln, und der Wagen setzte sich in Bewegung.
»Hoffen Sie darauf, dieses Große Wahre einzufangen oder in Ihren Besitz zu bringen?« fragte Buncan ihren Gastgeber.
»Mitnichten«, erwiderte der Händler bescheiden. »Ich möchte mir lediglich Gewißheit über die Geschichte des heldenhaften Juh Phit verschaffen. Ja, wenn der Augenblick gekommen ist, wird es gut sein, drei junge, starke Gefährten an meiner Seite zu haben.«
Buncan verkniff sich ein Grinsen. »Sie vergessen, daß ich die ganze Unterhaltung mit angehört habe.«
Gugelund wirkte leicht verlegen. »Nun, es ist nichts Unmoralisches, nebenbei auch Profit zu machen.«
Das Geschirr straffte sich knarrend, als die beiden Zugechsen unwillig zischend in eine schnellere Gangart fielen.
Buncan machte es sich auf dem gepolsterten Holzsitz so bequem wie möglich. Die Reise hatte begonnen! Genauso mußte sich sein Vater gefühlt haben, wenn er zu einem seiner unvergleichlichen Abenteuer aufgebrochen war. Obwohl er und Clodsahamp sicherlich recht damit hatten, daß es kein Abenteuer werden würde. Sondern bloß eine mühselige, beschwerliche Reise.
Immerhin war es eine Reise. In seinem Alter war das schon abenteuerlich genug. Alles, was sie von nun an zu sehen bekämen, würde neu und anders sein als alles, was sie bislang gesehen hatten, und darum aufregend. Anders, wenn nicht gar überraschend, anregend, wenn nicht gar überwältigend.
Am aufgeregten Geschnatter hinter seinem Rücken merkte er, daß Squill und Neena genauso empfanden. Wenn sie alle drei zusammenarbeiteten, würden sie schon zurechtkommen und alle Hindernisse überwinden können.
Dies war ein normales Gefühl für junge Männer seines Alters, darum konnte man ihm kaum den Vorwurf machen, er verhalte sich wie ein Idiot.
»Fahren Sie zu, Gugelund! Wir werden dieses Große Wahre finden, falls es existiert, und es zu den anderen Waren in Ihren Wagen werfen. Vielleicht bringt es ja ein paar Goldstücke ein.«
»Für den, dessen Leben noch nicht entzaubert wurde, ist nichts unmöglich«, murmelte der Händler herablassend, ohne von seinem Gespann aufzusehen. »Dann hast du also keine Angst?«
»Angst? Wovor?«
»Juh Phits Schicksal zu erleiden. Vor unbekannten Schrecken und Hindernissen, die sich uns in den Weg stellen könnten. Davor, was das Große Wahre ist oder was es zu bewirken vermag.«
»Das ist doch nur ein Ding«, erwiderte Buncan mannhaft.
»Ich bin noch nie einem Ding begegnet, vor dem man hätte Angst haben müssen. Und wenn es uns Schwierigkeiten macht«, schloß er, während er die Beine übereinanderschlug und sich lässig zurücklehnte, »dann singen wir es eben weg.«
»‘ast verdammt recht, Kumpel!« bellte hinter ihm streitlustig Squill. »Wir werden dieses Dingsbums, was immer es is, in Luft verwandeln! Wir kommen mit Riesen'ämmern zurecht. Warum dann nich mit 'nem Großen Wahren?«
»Was immer es ist, ganz recht«, murmelte Gugelund.
»Hoffentlich bleiben wir lange genug am Leben, um das herauszufinden.«
Aus dem Dickicht des Waldes beobachteten mehrere Augenpaare, wie der Wagen hinter der nächsten Anhöhe verschwand. Die heimlichen Beobachter waren erschöpft und mitgenommen, zerkratzt und angeschlagen von ihrer wilden Flucht durchs Gebüsch, ermattet von der Anstrengung, dem thaumaturgischen Hammer auszuweichen. Einige betrachteten furchtsam die Erscheinung, die hoch oben zwischen den Bäumen hing. Sie hatte sich eine ganze Weile nicht mehr be- wegt, doch wenn es um nekromantische Künste ging, konnte man sich nie sicher sein.
»Zerquetscht ihnen die Augen!« plapperte ein Schlankbär.
»Woher sollten wir denn wissen, daß Bannsänger eingreifen würden?«
»Das konnte niemand ahnen«, bekräftigte der Nasenbär, der sie anführte. Seine Augen funkelten beinahe so hell wie der Diamant in seinem linken Eckzahn. »Kinder! Wollt ihr euch etwa von Kindern in die Flucht schlagen lassen?«
»Ich nicht«, meinte ein anderer Schlankbär. »Von keinen Jungen, egal von welcher Art.«
Einer der Waschbären ergriff das Wort. »Von Kindern bewirkte Zauberei ist immer noch Zauberei, und jede vernünftige Person fürchtet sich davor.«
»Die hatten Glück, das ist alles.« Der Schlankbär deutete auf den festgeklemmten Hammer. »Habt ihr nicht gesehen, wie er sich gegen seine
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