Der Sohn des Donnergottes
Bezirksregierung Beschwerde einlegen. Das verzögert die Sache um etwa ein Jahr. In der Regel bleiben die Beschwerden erfolglos. Aber den Vornamen kann ich ändern, von mir aus auch in Rutja, wenn Ihnen das so wahnsinnig gut gefällt. Steht der Name übrigens im Kalender?«
Sie sahen nach. Der Name Rutja fand sich dort absolut nicht. Raimo gab es, Rauno und Reko, aber nicht Rutja.
»Dann muß auch für Rutja eine Stellungnahme des Verbandes für Finnische Kultur eingeholt werden. Neue Vornamen müssen im Kalender stehen. Sonst gibt es ein Durcheinander wie auf der Baustelle von Babel, ha ha ha.«
Steuerprüferin Suvaskorpi rief beim Verband für Finnische Kultur an und fragte inoffiziell an, ob der Verband den Vornamen Rutja für eine Person namens Sampsa Ronkainen befürworten würde. Doch der Verband für Finnische Kultur war streng. Es hieß, eine Befürwortung könne nicht ausgesprochen werden, da der Name Rutja nicht im Vornamensverzeichnis aufgeführt sei.
»Sehen Sie! Da wird der Herr Geschäftsführer wohl auf seinen Rutja verzichten müssen«, grinste Notar Mälkynen, nachdem das Telefongespräch beendet war.
»Sie lehnen die Namensänderung ab?« fragte Steuerprüferin Suvaskorpi mit energischer Stimme.
»Na irgendwie finde ich Rutja gar nicht so schlecht. Rutja Ronkainen… das hat sogar einen Stabreim. Ich bin kein komplizierter Mensch, schreiben wir den Namen halt hin, und die Sache ist erledigt. Nach dem Gesetz braucht man für einen Vornamen kein Gutachten anzufordern, beziehungsweise wenn das Gutachten negativ ausfallt, kann die Bezirksregierung es gegebenenfalls ignorieren, also in den Papierkorb werfen.«
Der Notar füllte ein Dokument aus, unterschrieb es und drückte einen Stempel darauf.
»Ich werde das noch zum Unterzeichnen an den Ministerialrat weiterleiten müssen. Inoffiziell können Sie bereits anfangen, als Rutja zu leben, aber unterschreiben Sie keine Wechsel mit diesem Namen, bevor Sie das vollständige Dokument haben. Dafür müssen noch Stempelmarken besorgt werden. Und Sie dürfen eine Anzeige mit Ihrem neuen Namen in die Zeitung setzen, damit Ihre Bekannten Sie richtig ansprechen, ha ha. Da Sie nun Rutja Ronkainen geworden sind, sollte ich vielleicht auch über einen neuen Vornamen nachdenken. Wie wäre es zum Beispiel mit Mutja Mälkynen? Als Männername wäre Mutja durchaus passend, er hat etwas von der geschmeidigen Anpassungsfähigkeit, wie sie heutzutage von Männern verlangt wird… «
Während Rutja Ronkainen zur Post ging, um Stempelmarken zur Beschleunigung der Namensangelegenheit zu kaufen, erkundigte sich Notar Mälkynen bei Steuerprüferin Suvaskorpi, ob es sich bei Rutja um einen Verrückten handelte, oder wozu wollte er seinen guten Namen in Rutja ändern? Frau Suvaskorpi war beinahe beleidigt.
»Hören Sie, Herr Notar, dieser Mann behauptet, ein Gott zu sein, Rutja, der Sohn des Donnergottes. Er ist vom Himmel der Finnen auf die Erde gekommen, und seine Aufgabe besteht darin, das finnische Volk zu retten und zu seinem alten, wahren Glauben zu bekehren. Ich bin eine erfahrene und kritische Beamtin, Steuerprüferin, wie Sie vielleicht wissen, und glaube normalerweise nicht an so etwas. Aber gestern abend durfte ich auf Suomenlinna etwas erleben, das mich von der extremen Außerordentlichkeit des Herrn Ronkainen überzeugt hat. Nennen wir es meinetwegen Göttlichkeit. Wenn Sie nicht an seine Worte glauben, ist das Ihre Sache, aber ich zweifle nicht mehr an ihm und verheimliche auch meinen Glauben nicht. Verrückt ist er aber auf keinen Fall.«
»Ist Ihre Sekte so etwas wie ein parapsychologischer Geheimbund, oder wie muß ich mir das vorstellen? Oder wollen Sie etwa eine ganz neue Glaubensgemeinschaft in Finnland gründen? Sie trauen sich vielleicht was. Die Arbeit einer Steuerprüferin scheint eine ziemlich langweilige Angelegenheit zu sein. Vielleicht bringt dieser religiöse Eifer ein bißchen zusätzliche Farbe in Ihr Leben.«
Als Rutja mit den Stempelmarken zurückkam, hörte er gerade noch die letzten Worte des Notars. Er ärgerte sich sehr über sie, und das sagte er dem Notar direkt ins Gesicht.
»Wenn ich wollte, könnte ich Sie mit einem Blitzschlag ums Leben bringen, Herr Notar Mälkynen. Dann bliebe von Ihnen nur ein staubiges Aschehäufchen übrig.«
Diese Drohung amüsierte Mälkynen über alle Maßen. Er erzählte eine Geschichte, in der irgendein Bursche vom schlechten Fernsehprogramm so gründlich die Nase voll hatte, daß er in seinen
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