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Der Sohn des Kometen

Der Sohn des Kometen

Titel: Der Sohn des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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so vertieft in den phantastischen Anblick, dass er keine Schritte hörte und erst herumfuhr, als er ein Klirren vernahm.
    Eine alte Frau in zerschlissenen Kleidern, die in dieser Umgebung fremd wirkte, starrte ihn an, erschrocken und schuldbewusst. Sie stand an dem Tisch und hatte ein silbernes Tablett mit einem Becher hingestellt, worauf sie nun zögernd deutete. Dann ging sie rasch zur Tür.
    »Warte!« rief Mythor.
    Sie drehte sich um und machte eine Bewegung, die bedeuten mochte, dass sie nicht sprechen konnte oder wollte. Als sie verschwand, zuckte Mythor mit den Achseln und wandte sich wieder dem Fenster zu. Sie würde den Bewohnern des Hauses schon sagen, dass er wach sei.
    Nach einem Augenblick ging er zu der Tür, durch die sie hinausgegangen war, und versuchte sie zu öffnen. Sie war nicht verschlossen.
    Als er sich umwandte und sie wieder schloss, sah er, wie sich die Vorhänge im hinteren Teil des Raumes öffneten und eine halbnackte Gestalt enthüllten.
    »Etro!« entfuhr es Mythor. Er eilte ihm entgegen und schloss ihn erfreut in die Arme.
    Der alte Mann stand schwach auf den Beinen, die verbunden waren. Er humpelte und war froh, dass Mythor ihn stützte. Erleichtert seufzend ließ er sich auf Mythors Lager nieder.
    »Was ist mit den anderen?« fragte Mythor. »Sind sie auch hier? Taka? Atran?«
    »Als Taka fiel, hast du gewütet wie ein Berserker. Weißt du es nicht mehr?«
    Mythor schüttelte den Kopf. »Sie ist tot?« Der Gedanke schmerzte.
    »Wolltest du dich mit ihr zusammentun?«
    Mythor nickte stumm.
    »Wir haben so viele Freunde verloren«, sagte Etro nach einem Augenblick. »Man weiß nicht, um welchen man weinen soll.«
    Erneut nickte Mythor.
    »Ich weiß nicht, ob noch andere übriggeblieben sind.
    Aber ich weiß, dass wir beide die einzigen sind, die sie hierhergebracht haben«, fuhr der Alte fort. »Es sieht so aus, als wäre ich der Letzte der Marn.«
    »Wer hat uns hierhergebracht?«
    »Eine Frau«, berichtete Etro. »Sie ist jung und schön, und sie muss sehr angesehen sein, denn alle gehorchten ihr. Sie nannten sie Nyala. Sie war sehr aufgeregt, als sie dich sah. Und sehr oft während des Rittes auf diesen schrecklichen Pferden ruhte ihr Blick auf dir. Besorgt und wie es mir schien, voller Erwartungen.« Er blickte auf den Tisch. »Oh, du hast zu trinken. Was ist es? Meist haben sie Wein in den Städten und Dörfern. Es ist lange her, dass wir Wein hatten in Churkuuhl. In Salamos tranken wir welchen. Er war schwer und süß. Da kamen sie geritten mit ihren Weinsäcken, nachdem sie uns vorher tagelang begleitet hatten.«
    Der alte Mann lächelte bei der Erinnerung. »Ich denke, nachdem sie sich klar darüber waren, dass sie uns nicht plündern konnten wie andere Karawanen, wollten sie wenigstens Geschäfte mit uns machen. Und dann tranken wir tainnianischen Wein in einem Dorf, an dem die Yarls so nah vorbeizogen, dass die Bewohner flohen. Erinnerst du dich? Er war herb wie die Sonne hier, aber nicht ohne Kraft. Erlaubst du mir, dass ich davon trinke?«
    Mythor, der zum Fenster zurückgegangen war und über Takas Tod nachdachte, nickte abwesend.
    Etro hob den Becher. »Ah, Freund, wer immer du wirklich bist, ich trinke auf unsere Zukunft und auf die Toten, die so sinnlos gegangen sind, deren Tapferkeit ihnen so wenig genützt hat.«
    »Ich denke, dass keine Tat vergebens ist. Und dass alle Gedanken, die jemals gedacht worden sind, irgendwo.«
    »Aaaahhh.! Quyl. welch. ein. Feuer.! Aa-aahhh.!«
    Mythor fuhr herum, als Etros Schrei erstickt abbrach. Er sah, dass der alte Marn sich krümmte und nach Luft für einen weiteren Schrei rang. »Etro!« entfuhr es ihm. Er war mit einem Sprung bei ihm und versuchte ihn aufzurichten. »Was ist mit dir?«
    Doch Etro wand sich, als seien Dämonen in ihm, und als er schließlich in Mythors Griff erschlaffte, waren seine Augen gebrochen.
    »Etro!« Mythor schüttelte ihn und ließ die leblose Gestalt zu Boden gleiten. Es war nicht so sehr Schmerz über den Tod des letzten Freundes, was ihn in diesem Augenblick erfüllte, es war Grauen über die Heimtücke, mit der es geschehen war.
    Er zweifelte nicht daran, dass der Anschlag ihm gegolten hatte. Aber weshalb hatten sie sich die Mühe gemacht, ihn hierherzubringen, wenn sie ihn doch nur töten wollten?
    Mythor beugte sich über Etro, um sich zu vergewissern. Dann legte er den Letzten der Marn auf sein Lager. Er betrachtete den Toten einen Augenblick. »Tut mir leid, alter Freund«, murmelte er gepresst.

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