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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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zuzuhören.«
    »Ich habe doch nur.«
    »Wenn du jetzt vielleicht deine Zunge im Zaum halten könntest, wäre ich wohl in der Lage, dir eine befriedigende Erklärung zu geben.« Er schürzte die Lippen und schloß die Augen. Murdo wartete ungeduldig. Nach wenigen Augenblicken sagte der Mönch: »Es verhält sich folgendermaßen: Padraic war nicht der erste, und er war nicht allein. Wie ich bereits gesagt habe, gab es vor und nach ihm noch andere - Männer wie unseren Helden Colm Cille und den ehrenwerten Adamnan -, mutige Männer, die mit ihrer Treue die Flamme über lange, bittere Jahre hinweg am Leben erhielten.
    Aber die Dunkelheit ist gierig. Sie ist unersättlich. Stets will sie mehr und mehr verschlingen, und je mehr sie verschlingt, desto größer wird sie, und je größer sie wird, um so mächtiger und hungriger wird sie. Es gibt nur eines, was stark genug ist, sich der alles verschlingenden Dunkelheit entgegenzustellen: das Heilige Licht. Tatsächlich ist es das mächtigste Ding auf Erden, und deshalb schützen wir es mit unserem Leben.«
    Murdo konnte diese Behauptung nicht einfach so stehenlassen. »Wenn es wirklich so mächtig ist, wie du sagst, warum muß es dann beschützt werden?«
    Emlyn schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Ts-ts-ts! Allein, daß du solch eine Frage stellst, beweist, wie wenig du von höheren Dingen verstehst. Dennoch bin ich nicht überrascht. Woher solltest du es auch besser wissen? Du hast dein gesamtes junges Leben im Irrtum verbracht. Du bist wie alle anderen auch in die Irre geführt worden; du hast dich verlaufen wie jene armen Schafe in der Nacht.«
    »Die sind gestohlen worden«, stellte Murdo klar.
    »Ja«, bestätigte Emlyn geistesabwesend, »ich vermute, du hast recht. Aber sie haben sich dennoch verirrt. Sag mir: Kann man den Schafen die Schuld geben, wenn ihre Hirten faul, blind und falsch sind? Könnte man die Schafe dazu bringen, das Wandern aufzugeben, brauchte man keine Hirten mehr.«
    »Und wenn Schafe fliegen könnten«, fügte Murdo hinzu, »dann würden wir sie Vögel nennen.«
    »Spotte nur, wenn du mußt«, erwiderte Emlyn. »Ich habe nichts anderes erwartet. Wir, die Cele De, sind an Spott gewöhnt. Immerhin ist Spott die Fluchtburg bedrohter Ignoranz.«
    Murdo schämte sich ob dieses Tadels und entschuldigte sich für seinen Ausbruch. »All dieses Gerede von Schafen und Hirten. Es wirkte einfach komisch auf mich. Bitte, erzähl mir vom Wahren Weg. Warum nennt ihr ihn so?«
    »Weil er ein Weg ist«, antwortete der Mönch. »Es ist der Weg von Wahrheit und Verständnis, der uns zurück zum Anfang führt - zu jenem Tag, da der Herr die Zwölf zu seinen Dienern bestimmt hat. Von diesem Tag an sind die Lehren unseres Herrn in ununterbrochener Linie von einem Diener zum anderen weitergegeben worden.
    Es steht geschrieben: >O mein Volk, hört meine Lehren, lauscht meinen Worten. Ich werde in Gleichnissen sprechen, euch Verborgenes kundtun und euch Dinge vom Anbeginn der Schöpfung lehren.< Und dann: >Als Jesus allein war, fragten ihn die Zwölf nach den Gleichnissen. Der Herr antwortete ihnen: Euch ist das Geheimnis des Himmels gegeben worden; aber jenen, die außerhalb stehen, wird alles in Gleichnissen kundgetan, auf daß sie stets sehen, doch niemals erkennen, stets hören, doch niemals verstehen.< So war es von Anfang an. Der Weg reicht ohne Unterbrechung zurück bis zu jenem Tag.«
    »Aber was ist das für eine Lehre?« fragte Murdo. Er war fasziniert, doch inzwischen wurde er ob der vagen Erklärungen des Mönches immer ungeduldiger. »Das klingt mir nicht viel anders als das, was unser Bischof zu Hause sagt.«
    »Und genau da irrst du dich. Denn im Gegensatz zu vielen unserer Brüder und Schwestern im Glauben sind wir nicht im Irrtum befangen. Doch die Lehren unseres Herrn können nur jemandem vermittelt werden, der bereit ist zu hören, und ich glaube nicht, daß du bereits so weit bist, sie zu empfangen.« Murdo öffnete den Mund, um dagegen zu protestieren, doch Emlyn fuhr rasch fort: »Trotzdem werde ich dir etwas davon erzählen, und vielleicht wird das den Keim der Weisheit in dir säen. Wie ich gesagt habe, ist die Dunkelheit gierig und heimtückisch. Selbst in jenen ersten Tagen versuchte sie bereits, alles zu verschlingen, was sie verschlingen konnte, doch die Gegenwart unseres Herrn hielt sie im Zaum.
    Als er dann in den Himmel aufgefahren war, um dort seine ewi-ge Herrschaft zu beginnen, machte sich die Große Dunkelheit auf die Suche nach den

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