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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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der Weg ist gut markiert. Noch vor dem Sommer werden wir Jerusalem erreichen.«
    »Aber die Führer sagen, die Straßen seien bestenfalls unsicher«, bemerkte Hugo. »Auch könnte der Feind die alten Versorgungsposten am Weg zerstört haben. Es könnte länger dauern, als wir vermuten.«
    Nach der Eroberung von Nikaia hatten sich die lateinischen Fürsten in Graf Raimunds großem Zelt versammelt, um Wein zu trinken und die Karte zu studieren, die man für sie in Rom auf Geheiß des Papstes angefertigt hatte. Voller Freude über den leichten Sieg, den ihnen das Schicksal gewährt hatte, standen die Fürsten um die entrollte Ziegenhaut herum, die mit feinen Linien und kleinen, doch deutlich lesbaren Schriftzügen übersät war.
    Seit den Tagen der Antike konnte man das Hochland von Anatolien auf drei verschiedenen Wegen überqueren. Jede dieser Routen bot dem Reisenden eine Reihe von Vorteilen ebenso wie Herausforderungen. Nach dem Erscheinen der Seldschuken hatte sich jedoch alles verändert: Heutzutage überwogen auf jeder Strecke die Nachteile die Vorteile bei weitem. Anatolien zu durchqueren war inzwischen vor allem eine Frage der Ausdauer geworden, denn selbst der gebildetste und erfahrenste Pilger vermochte nicht mehr zu sagen, auf welchem Weg man am ehesten Erfolg haben würde; da das Land nun schon seit über einer Generation nicht mehr zum Reich gehörte, wußte beispielsweise niemand mehr, in welchem Zustand sich die Straßen befanden. Auch vermochte niemand zu sagen, auf wen oder was die Pilger während der Reise stoßen würden und welche der alten Städte und Siedlungen überhaupt noch existierten. Wo befanden sich die Wasserstellen? Und wie stark war der Feind im Innern des Landes?
    »Die Führer, auf deren Urteil Ihr so vertraut, sind allesamt Spione«, zischte Raimund, und sein hageres Gesicht verhärtete sich. »Spione im Dienst dieses elenden Feiglings von Kaiser. Es würde ihm nur allzu gut gefallen, wenn wir versagen, denn dann könnte er die Beute für sich allein beanspruchen. Habt Ihr vergessen, wie rasch er sich auf das eroberte Nikaia gestürzt hat? Er hatte es schon an sich gerissen, noch bevor das Blut auf den Straßen getrocknet war.«
    »Auf den Straßen war kein Blut«, korrigierte ihn Stephan in sanftem Tonfall. »Außerdem hatten wir ohnehin schon beschlossen, ihm die Stadt zu übergeben, damit wir so rasch wie möglich weiterziehen können. Es wird Tag für Tag heißer, und wir müssen weiter. Der Sommer könnte uns mehr Leben kosten als der Feind.«
    »Bah!« rief Raimund. »Ihr blökt wie ein Schaf!Meine Herren«, sagte er streng, »wir haben mit eigenen Augen gesehen, wie leicht die Sarazenen zu schlagen sind. Wären die Griechen auch nur halb so gute Kämpfer wie wir, hätten sie sie schon vor Jahren ins Meer getrieben.«
    »Die Sarazenen sind einfach nur lästig«, erklärte Balduin in seinen Becher hinein, »weiter nichts.«
    »Seldschuken«, erinnerte Stephan seine Mitpilger. »Es sind keine Sarazenen, sondern Seldschuken. Ich glaube, da besteht ein Unterschied.«
    »Da besteht kein Unterschied«, knurrte Raimund.
    »Dem stimme ich zu«, warf Bohemund gelassen ein. »Ramm ihnen das Schwert in den Bauch, und sie bluten; schlag ihnen den Kopf ab, und sie sterben.«
    »Es sind allesamt Ungläubige, und wir werden sie ausrotten wie Ungeziefer.« Balduin ließ seinen Blick durchs Zelt schweifen, und die Fürsten nickten zustimmend. »Wir haben Nikaia ohne große Mühe eingenommen. Der Rest wird uns ebenso leicht in die Hände fallen.«
    »Aber wenn die Führer sagen.«, begann Hugo erneut in dem verzweifelten Bemühen, daß man seine Sorgen ernst nahm.
    »Hängt die Führer auf.« brüllte Raimund und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich bin es leid, mir ständig ihr Gequatsche anzuhören. Diese intriganten Griechen sind Teil der Pläne dieses hinterlistigen Kaisers. Ich warne Euch, Vermandois: Ihr vertraut ihnen auf eigene Gefahr. Die Karten, die uns der Papst gegeben hat, sind mehr als ausreichend für die vor uns liegende Aufgabe. Um auf schnellstem Weg nach Jerusalem zu gelangen, müssen wir uns lediglich an die alte Militärstraße halten.«
    Raimund richtete sich zu seiner vollen Größe auf, stemmte die Fäuste in die Hüften und funkelte seine Mitpilger über den Tisch hinweg an. »Auf nach Antiochia, sage ich, und möge der Teufel den Letzten holen!«
    Am nächsten Tag machte sich die größte Streitmacht seit den goldenen Zeiten Roms auf den Weg über die zerstörte

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