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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Leben an Bord zur Gewohnheit, und nur gelegentlich bot sich den Reisenden die eine oder andere kleine Abwechslung. Die Art und Weise, wie die Seeleute die viele freie Zeit verbrachten - vor allem mit Geschichtenerzählen - verriet Murdo, daß Jon und seine Leute an derart lange Reisen in fremden, feindlichen Gewässern gewöhnt waren. Mur-do lauschte ihren Gesprächen und lernte seine Mitpilger auf diese Art immer besser kennen.
    Obwohl es sich bei der Besatzung bis auf den letzten Mann um Nordmänner handelte, erfuhr Murdo bald, daß alle schon seit Jahren keinen Fuß mehr in ihre Heimat gesetzt hatten. Fünf hatten in Irland gelebt: Fafnir, Sturli, Raefil, Nial und Oski; drei in Schottland: Olaf, Ymir und Digri; und zwei hatten die letzten Jahre in England und im Frankenland verbracht: Amund und Arnor. Sie alle, Jon Reißzahn eingeschlossen, hatten König Magnus auf verschiedenen Fahrten begleitet, und sie sprachen gut von ihm. Murdo war beeindruckt, wie groß der Respekt war, den die Männer ihrem König entgegenbrachten - selbst in seiner Abwesenheit.
    Auch durchschaute er allmählich das komplizierte Netzwerk aus Verpflichtungen, das die Männer aneinander und ans Schiff band, welches sie für das beste in der gesamten königlichen Flotte hielten. Die Skidbladnir, so fand Murdo bald heraus, gehörte nicht Magnus, sondern Jon Reißzahn, der sie dem König unter der Voraussetzung für die Pilgerfahrt zur Verfügung gestellt hatte, alle Beute behalten zu dürfen, die sie unterwegs machen würden. Die Mannschaft und ihr Führer waren keine Vasallen; sie waren Reisige, die
    Magnus nur für die Dauer der Pilgerfahrt die Treue geschworen hatten.
    Nachdem die Nordmänner herausgefunden hatten, daß dies Murdos erste Reise außerhalb der heimischen Gewässer war, begannen sie, ihm alles beizubringen, was sie über die Seefahrt wußten. Sie lehrten ihn, wie man ein Langschiff steuerte, wie man das Segel auftakelte und welche Sterne sich besonders zur Navigation eigneten. Und als Murdo sich als gelehriger Schüler erwies, gingen sie dazu über, ihn auch in anderen Dingen zu unterweisen: wie man auf zehn verschiedene Arten Fische fing; wie man Zeichen auf dem Wasser deutete, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen; wie man das Wetter anhand des Geruchs der Luft voraussagen konnte und wie er seine helle Haut vor der gleißend hellen Sonne schützen konnte.
    Unglücklicherweise erteilten sie ihm diese letzte Lektion erst, nachdem Murdo ein Nickerchen unter der heißen Sonne des Südens gemacht hatte. Als er erwachte, war ihm lediglich übel, doch am Abend litt er Todesqualen. Er hatte das Gefühl, als hätte jemand glühende Kohlen über seine Schultern und seinen Rücken geschüttet. Er konnte noch nicht einmal seine eigene Kleidung ertragen, und bei jeder noch so kleinen Bewegung brach der Schmerz in Wellen über ihn herein.
    Nachdem die Seeleute sich ausreichend über seine Not amüsiert hatten, bekamen sie Mitleid mit ihm und zeigten Murdo, wie er dem Sonnenbrand mit einer Paste aus Seetang beikommen und wie er sich anschließend vor weiteren Verbrennungen schützen konnte, bis sich seine Haut an die Sonne gewöhnt hatte.
    Selten weit entfernt von der Küste, gingen sie so häufig wie notwendig an Land, um Wasser aufzunehmen. Aber nur vereinzelt schlugen sie am Ufer ihr Lager auf; meist zogen sie es vor, über Nacht in einer geschützten Bucht zu ankern. Die wenigen Male, da sie doch an Land schliefen, sorgte Jon Reißzahn dafür, daß sie möglichst weit von menschlichen Siedlungen entfernt ans Ufer gingen - er sagte, er traue den Bewohnern fremder Länder nicht. Einmal jedoch, als sie um Frischwasser zu holen an Land gingen, fanden sie sich in unmittelbarer Nähe eines kleinen Weilers wieder. Nach Sonnenuntergang zogen ein paar Männer noch einmal los, um Feuerholz zu sammeln und kehrten kurz darauf mit drei Schafen und einer Handvoll Gänseeier zurück.

Die Seeleute behaupteten, sie hätten die Schafe streunend in den Wäldern gefunden, aber Murdo bemerkte, daß einer der Männer eine tiefe Wunde am Bein hatte, die an einen Hundebiß erinnerte, und bei einem anderen prangte eine unerklärliche Beule auf der Stirn. Jon Reißzahn schien an weiteren Erklärungen nicht interessiert zu sein, und alle genossen mehrere Tage lang das frische Schaffleisch - einschließlich der drei Mönche, welche die >gefandenen< Tiere zunächst mißbilligend beäugt hatten.
    Während ein langweiliger Tag auf den anderen folgte, gewöhnte

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