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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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einen Ruheplatz zuweisen.«
    »Zeit und Umstände sind gegen uns, ich weiß«, sagte Ronan rasch. »Und ich würde Euch nicht behelligen, wenn unsere Not nicht groß wäre; aber wir haben eine Arbeit begonnen, von der wir nicht abzulassen wagen, bevor sie nicht beendet ist.« Er deutete auf die mit Leichentüchern umwickelten Bündel und bat den Abt, selbst einen Blick darauf zu werfen.
    »Ah, ich verstehe«, sagte der Abt. Ein sorgenvoller Unterton schlich sich in seine Stimme. »Sind dies Priester?«
    »Nein, Herr Abt«, antwortete Ronan. Er winkte dem Mann, sich mit ihm ein Stück von der Gruppe zu entfernen. Kurz flüsterten sie ernst miteinander, und als sie wieder zu den anderen zurückkehrten, blickte der Abt zu Murdo hinauf, der vollkommen regungslos auf dem Kamel hockte. »Möge Gott dich segnen, mein Freund. Möge die Liebe unseres Herrn dich in deiner Trauer trösten.«
    Murdo antwortete nicht, sondern nickte nur als Zeichen, daß er die Beileidswünsche des Abtes akzeptierte.
    »Bruder Thaddäus«, wandte sich der Abt an den Pförtner, »öffne die Krypta, und führe unsere Freunde in die Katakomben.«
    »Aber, Herr Abt, wir können doch nicht.«, widersprach der Mönch.
    »Bitte, die Nacht ist schon fast vorüber«, unterbrach ihn Abt Philipp. »Tu, was ich dir sage. Zu gottgegebener Zeit wird dir alles klarwerden.«
    »Vielen Dank, Herr Abt«, sagte Ronan. »So Gott will, werden wir beide in den kommenden Tagen sicherlich Gelegenheit finden, uns zusammenzusetzen und miteinander zu reden.«
    »Ich blicke diesem Tag mit großer Vorfreude entgegen«, erwiderte der Abt, sprach einen Segen über die Gäste und kehrte wieder zu seiner Arbeit zurück.
    Bruder Thaddäus war zwar offenbar nicht gerade erfreut über die Einmischung des Abtes, dennoch erfüllte er dessen Befehl so gut er konnte, wenn auch ein wenig übereifrig. »Die Krypta befindet sich in dieser Richtung«, sagte er. »Benötigt Ihr Hilfe mit den Toten? Falls ja, dann werde ich noch einige Brüder herbeirufen.«
    »Vielen Dank, Bruder, aber nein«, lehnte Ronan das Angebot ab. »Ich fürchte, wir haben die Ruhe Eurer Gemeinschaft schon viel zu lange gestört. Dies ist unsere Arbeit; wir werden die Last auf uns nehmen und beenden, was wir begonnen haben.«
    »Wie Ihr wünscht«, sagte der Mönch und setzte sich in Bewegung. »Zu den Katakomben hier entlang.«
    Fionn zog am Zügel, und das Kamel sackte mit lautem Blöken zu Boden. Anschließend half Emlyn Murdo aus dem Sattel und stützte ihn auf dem Weg an den Schlafenden und den nunmehr dunklen Zellen vorbei in Richtung Kapelle. Als sie an der letzten Zelle vorüberkamen, erregte eine Bewegung in der Dunkelheit Murdos Aufmerksamkeit. Er drehte sich um und erschrak, denn in der Zellentür stand ein dunkelhäutiger Mann mit kurzen schwarzen Haaren.
    Der Mann war groß und von königlicher Erscheinung, und er trug weder die Kleider eines Mönchs, noch besaß er eine entsprechende Haltung. Kurz musterte er die Vorbeiziehenden, doch da offenbar nichts sein Interesse erregte, drehte er sich wieder um und verschwand in den Schatten der abgedunkelten Zelle. Murdo wandte seine Aufmerksamkeit wieder der bevorstehenden Aufgabe zu.

    ij ruder Thaddäus führte die nächtlichen Besucher an der Kapelle vorbei zur Küche und zum Refektorium. In beiden Gebäuden war es um diese Zeit still und dunkel. Hinter der Küche befanden sich zwei große Öfen, deren Form Murdo an riesige Bienenstöcke erinnerte. Die Öfen waren noch immer warm von der Arbeit des Tages, und Murdo spürte ihre Hitze auf seiner empfindlichen Haut, als sie zwischen ihnen hindurchgingen. Thaddäus führte sie zu einem kleinen Steingebäude, das eine Art Schrein zu sein schien, den man in die Mauer hineingebaut hatte, welche das Kloster von der Kirche der Heiligen Jungfrau trennte.
    »Wartet hier einen Augenblick«, sagte der Pförtner und verschwand im Innern des Schreins. Als er zurückkehrte, hielt er zwei Fackeln in der Hand, die er in der Glut des nächstgelegenen Ofens entzündete. Dann reichte er eine der Fackeln Ronan und bedeutete den Besuchern, ihm in den Schrein zu folgen.
    Das Innere bestand aus einem einzigen kahlen, fensterlosen Raum, und Murdo erkannte alsbald den Grund dafür: In Wahrheit handelte es sich nämlich nicht um einen Schrein, sondern um den Eingang zu einer unterirdischen Kammer. Eine breite Steintreppe führte in die Dunkelheit hinab. Thaddäus wies die Gäste an, auf ihre Köpfe achtzugeben, dann stieg er die

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