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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Gebeten fort, bis die Männer sie umstellt hatten. »Pax vobiscum«, grüßte Ronan schließlich höflich. »Es ist schon spät, und Ihr seid noch nicht zu Bett gegangen?« fragte er in gutem Latein. »Oder wollt Ihr die Hitze des Tages meiden und habt Euch deshalb schon so zeitig auf den Weg gemacht?«
    Einige der Krieger blickten einander an und zuckten mit den Schultern, während andere Worte in einer Sprache austauschten, die Mur-do nicht verstand. Mittlerweile war ihm aufgefallen, daß vier der Männer schwere Ledertaschen auf dem Rücken trugen, die sie nun auf den Boden stellten. Murdo ahnte, was die Taschen enthielten -Beute -, und er wußte, daß die Männer keinen Augenblick lang zögern würden, ihm den Schatz zu rauben. Er blickte an seinem Bein hinunter und sah, daß das Schwert seines Vaters aus einem der mit Tüchern umwickelten Bündel ragte - eine rasche Bewegung, und es läge in seiner Hand.
    »Spricht einer von Euch Latein?« erkundigte sich Ronan.
    Die Männer murmelten drohend, traten nervös von einem Fuß auf den anderen und legten die Hände auf die Waffen. Als niemand Anstalten machte zu antworten, wiederholte der Priester seine Frage auf gälisch. Er wollte sie gerade noch ein drittes Mal wiederholen, als einer der Männer vortrat. »Ich spreche ein wenig Latein«, sagte der Mann und musterte den Priester kalt von Kopf bis Fuß. Als er seine Aufmerksamkeit dem Kamel zuwandte, blickte Murdo in ein hartes, kampferprobtes Gesicht; Mißtrauen stand darin geschrieben, und der Mann verzog die Lippen zu einem verächtlichen Lächeln. »Was habt ihr da?«
    Ronan deutete auf die Bündel und antwortete: »Unser lieber Bruder, Herr Ranulf von Orkneyjar, ist den Wunden erlegen, die er bei der Eroberung der Heiligen Stadt erlitten hat.«
    Der Mann runzelte die Stirn. »Und die anderen?«
    »Herr Ranulf besaß drei Söhne«, erklärte Ronan. »Alle waren sie Pilger wie ihr. Wir befinden uns auf dem Weg zur Kirche der Heiligen Jungfrau. Wißt Ihr zufällig, wo sie ist?«
    »Nein«, knurrte der Mann. Er rief etwas seinem Gefährten zu, der dem Kamel am nächsten stand. Der Krieger antwortete und blickte mißtrauisch zu Murdo empor. Dann trat er neben das Tier und stocherte mit der Unterseite seines Speers auf den Bündeln herum. Nur mit Mühe konnte Murdo sich zurückhalten, das Schwert zu ziehen und auf den Mann einzuschlagen.
    »Warum schleicht ihr durch die Nacht, wenn ihr nichts zu verbergen habt?« fragte der Soldat, der Latein sprach.
    »Weil es am Tage zu heiß ist, und in der Sonne beginnen die Leichen schnell zu riechen«, erklärte der alte Mönch. »Wir wollten unserem Gefährten diese letzte Demütigung ersparen.« Er streckte die Hand als Geste der Freundschaft aus und fügte hinzu: »Für Euch würden wir nicht weniger tun, mein Freund - für Euch und für Eure Männer.«
    »Sehen wir für dich etwa aus, als seien wir tot, Priester«, spottete der Krieger.
    »Gelobt sei Gott für die Gnade, die er Euch erwiesen hat«, erwiderte
    Ronan. »Ich bete, daß er Euch auch eine glückliche Heimkehr gewähren möge.«
    Emlyn meldete sich zu Wort. »Vielleicht wollt Ihr uns zur Kirche begleiten. Wir könnten Euch die Beichte abnehmen und für Euch beten, und.«
    »Verzeih mir, Bruder«, unterbrach ihn Fionn. »Ich möchte dich nur daraufhinweisen, daß der Papst bereits im voraus die Absolution für alle Sünden erteilt hat, die auf der Kreuzfahrt begangen werden. Bei diesen Männern handelt es sich offenbar um Pilger wie wir, und daher bedürfen sie keiner Absolution und somit auch keiner Beichte.«
    »In deinen Worten liegt Wahrheit, Bruder«, gestand Emlyn ihm gnädig zu. »Aber wie du gesagt hast, galt das Dekret des Papstes nur für die Dauer der Pilgerfahrt. Da der Kreuzzug nun beendet ist, glaube ich, hat auch das Dekret seine Gültigkeit verloren.«
    Unsicher, welche Schlüsse sie aus diesem Disput ziehen sollten, traten die Männer nervös von einem Fuß auf den anderen. Mur-do konnte es einfach nicht fassen, daß seine Gefährten ausgerechnet diesen Augenblick gewählt hatten, um ein theologisches Streitgespräch zu beginnen.
    »Brüder«, sagte Ronan im Tonfall eines Lehrmeisters, der einen übereifrigen Schüler zurechtweist, »dies hier ist weder der geeignete Ort noch der richtige Zeitpunkt für einen solchen Disput. Diese tapferen Krieger hier müssen sich um ihre Angelegenheiten kümmern.«
    »Natürlich«, stimmte ihm Fionn zu. »Ich sage: Sollen sie ihres Weges ziehen. Es besteht kein

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