Der Sohn des Kreuzfahrers
belästigen, wenn wir uns in keiner wirklichen Notlage befänden. Wie Ihr sehen könnt, sind auch wir Priester, und wir ersuchen Euch um Eure Hilfe und bitten um Einlaß. Wir wünschen, so schnell wie möglich mit dem Abt zu sprechen.«
Der Mönch musterte sie von Kopf bis Fuß; dann sagte er: »Es tut mir leid, doch der Abt hält Vigil, und ich werde ihn nicht in seinen Gebeten stören. Ihr müßt bis nach der Terz warten, wenn der Abt für gewöhnlich seine Gäste begrüßt, doch selbst dann kann ich Euch nicht garantieren, daß er Euch empfangen wird.« Der Pförtner hielt kurz inne, bevor er hinzufügte: »Die letzten Tage waren für uns alle sehr schwierig.«
»Ich verstehe«, erwiderte Ronan in sachlichem Tonfall. »Wenn dies wirklich alles ist, worauf wir hoffen dürfen, dann werden wir uns fügen. Aber vielleicht gestattet Ihr uns, im Inneren zu warten.«
»Ich muß Euch leider erneut enttäuschen«, entgegnete der Mönch. »Aufgrund der unerwarteten Ankunft des kaiserlichen Abgesandten ist unser Gästehaus bis auf die letzte Zelle besetzt. Selbst der Hof ist überfüllt. Wie Ihr sehen könnt, gibt es weder im Inneren noch vor den Toren Platz für Euch.«
»Wir wollen die Ordnung dieses Ortes auf keinen Fall stören«, versicherte ihm Ronan. »Wir verlangen nur einen Ort, wo wir uns hinsetzen und warten können - mehr nicht.«
»Nun gut«, gab der Mönch nach, »ich werde Euch hereinlassen.«
»Wir danken Euch, Bruder. Möge Gott Euch segnen.«
Die kleine Tür wurde geschlossen, und sie warteten. Murdo glaubte bereits, der Mönch habe seine Meinung doch noch geändert, als er von der anderen Seite des Tores ein kratzendes Geräusch vernahm, und einen Augenblick später schwangen die Torflügel auseinander, um ihnen Einlaß zu gewähren. Sie führten das Kamel in den Hof, und das Tor wurde wieder geschlossen.
Der Innenhof war ein Quadrat aus festgestampfter Erde, das auf drei Seiten von verschiedenen Gebäuden begrenzt wurde und auf
der vierten von einem langen Zellenflügel. Kerzenlicht leuchtete aus Fenstern und Türen einiger Zellen und aus der winzigen Hofkapelle. Auch der Hof war von schlafenden Menschen übersät, nur hatten hier die Mönche für Ordnung gesorgt und die Flüchtlinge in jeweils vier Reihen zu beiden Seiten des Hauptwegs angeordnet.
»Ich werde Euch in die Ställe führen. Dort werdet Ihr vielleicht noch einen Platz finden, wo Ihr Euch hinsetzen und warten könnt. Hier entlang, bitte.«
Sie gingen zwischen den Schlafenden hindurch und erreichten schließlich ein niedriges Gebäude, in dem sich ein Ständer an den anderen reihte. In sämtlichen Ständern waren Pferde, doch da der Platz im Inneren der Stallungen bei weitem nicht für die anwesenden Tiere ausreichte, hatte man einige von ihnen davor anbinden müssen. »Wie Ihr seht«, sagte der Pförtner, »sind selbst die Ställe überfüllt; aber Ihr dürft dennoch hier warten.«
In diesem Augenblick trat eine große, weißgewandete Gestalt aus der Kapelle und machte sich auf den Weg über den Hof. Als sie die Neuankömmlinge und ihr Kamel bemerkte, blieb die Gestalt stehen und rief:»Thaddäus? Stimmt etwas nicht?«
Der Mönch drehte sich um. »Nein, Herr Abt. Es tut mir leid, wenn wir Eure Gebete gestört haben sollten. Ich wollte diese Besucher gerade in den Ställen einquartieren.«
»Noch mehr Gäste?« fragte der Abt und kam auf sie zu. »Heute nacht können wir uns wahrlich nicht über mangelnden Besuch beklagen.« Als er die Neuankömmlinge erreichte, lächelte er und breitete freundlich die Arme aus. »Seid gegrüßt, meine Freunde. Wie ich sehe, haben wir heute das Glück, Mitglieder unseres eigenen Ordens aus fernen Landen empfangen zu dürfen. Ihr seid hier willkommen. Ich bin Philipp, der Abt dieses Klosters. Seid Ihr von weither gepilgert?«
»Wir kommen aus dem Land der Skoten am Ende der Welt, wo wir in unserem Kloster die Felder des Herrn bestellen. Wie es der Zufall will, so bin auch ich der Abt unseres kleinen, aber feinen Ordens.«
»In der Tat!« riefAbt Philipp offensichtlich beeindruckt. »Wir müssen uns morgen unbedingt zusammensetzen und unsere Unterhaltung fortsetzen. Ich wüßte nur allzu gerne, wie die Kirche ihre Angelegenheiten in der barbarischen Wildnis regelt, von der Ihr sprecht.« Er lächelte und verneigte sich knapp vor den guten Brüdern. »Aber Ihr seid müde, und ich will Euch nicht länger aufhalten. Falls es nichts mehr gibt, was ich für Euch tun kann, wird Euch Bruder Thaddäus
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