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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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ging, vermochte er nicht zu sagen; für ihn schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Dieser merkwürdige Zustand hielt an, bis er Emlyn sagen hörte: »Murdo! Schau! Ich kann den Hafen sehen!«
    Murdo hob den Kopf und stellte erstaunt fest, wie weit sie gekommen waren. Die Stadt lag am Ufer unter ihnen, und ihre weißen Häuser schimmerten golden im Licht der untergehenden Sonne, während das Meer sich zu beiden Seiten als silbrige Fläche bis zum Horizont erstreckte. In der Nähe des Stadttors stiegen schwarze Rauchsäulen in den Himmel empor, dort, wo vor den Mauern die Schlacht noch immer tobte; doch unberührt von den Kämpfen lagen die Schiffe sicher im Hafen vor Anker.
    »Kannst du erkennen, wer das dort unten ist?« fragte Emlyn, trat neben Murdo und hockte sich in den Staub der Straße.
    »Nein«, antwortete Murdo, »wir sind noch zu weit weg. Ich vermute, daß sind Gottfrieds Männer - die, die vorhin an uns vorbeigeritten sind. Ohne Zweifel haben die Türken sie erwartet.«
    Mit diesen Worten setzte er sich wieder in Bewegung.
    »Murdo! Um der Liebe Gottes willen, Mann, kannst du nicht einmal einen Augenblick lang stehenbleiben, damit ich wieder zu Atem komme?«
    »Du kannst später Atem holen«, rief Murdo über die Schulter zurück. »Wir müssen dort hinunter.«
    »Murdo! Bleib stehen!« schrie der Mönch. »Wir können den Ausgang der Schlacht genauso gut hier abwarten.«
    Murdo eilte jedoch unbeeindruckt weiter in Richtung Stadt. Hinter sich hörte er Emlyn rufen: »Murdo, wenn du dein Leben auch nur ein ganz klein wenig zu schätzen weißt, dann geh nicht dorthinunter!«
    Murdo blieb stehen und blickte auf die weite Ebene vor den Toren. Emlyn hatte recht: Es gab nichts, was er dort unten hätte tun können - außer sterben. Also kehrte er wieder zu dem wartenden Priester zurück, nahm ihm die Kamelzügel aus der Hand und führte das Tier zu einem weiteren Busch neben der Straße, wo sie sich niederließen, zur Stadt hinunterblickten und den Ausgang der Schlacht abwarteten.

    on ihrem hohen Aussichtspunkt aus beobachteten sie, wie der Tumult auf der Ebene allmählich nachließ, woraufhin sich die größere von der kleinen Masse löste und sich um die Stadt herum davonmachte, bis sie schließlich an der Küste entlang verschwand.
    Murdo stand langsam auf. »Es ist vorbei. Die Türken sind weg.«
    Er und Emlyn setzten ihren Weg den Hügel hinab fort. Als sie schließlich die Ebene erreichten, betrat eine weitere Heerschar das Schlachtfeld: Die Einwohner Jaffas strömten aus dem Tor. Murdo und der Mönch hielten sich am Rand des Schlachtfeldes und eilten ihnen entgegen. Bald stießen sie auf die ersten Leichen: Kreuzfahrer, die von Seldschukenpfeilen niedergestreckt worden waren. Mehr Pferde als Männer lagen hier, und viele der Tiere lebten noch und scharrten im Todeskampf mit den Hufen im Staub.
    Je näher sie dem Zentrum der Schlacht kamen, desto dichter wurde das Leichenfeld. Sie stießen auf den Leichnam eines Ritters, der unter sein Pferd gefallen war. Die Hand des Reiters hielt noch immer das Schwert. Murdo blieb kurz stehen und betrachtete den Unglücklichen; dann blickte er zu dem Wasserschlauch am Sattel des toten Pferdes.
    »Er hat keine Verwendung mehr dafür«, sagte Emlyn, »und kümmern tut es ihn auch nicht mehr.«
    Murdo nickte, bückte sich rasch und löste die Schnur, die den Schlauch am Sattel hielt. Eilig entfernte er den Pfropfen und hielt den Schlauch an den Mund. Kühl und angenehm strömte das Wasser über seine ausgetrocknete Zunge und die Kehle hinunter. Er trank in gierigen Zügen, und nur widerwillig setzte er den Schlauch wieder ab und reichte ihn Emlyn.
    Sie teilten sich das Wasser, bis der Schlauch leer war, woraufhin Emlyn ihn wieder an seinen Platz zurücklegte. Dann schlug er ein Kreuz über dem gefallenen Krieger und sprach ein Totengebet. Das Wasser hatte die Lebensgeister der beiden Wanderer geweckt, und so setzten sie ihren Weg ins Zentrum der Schlacht fort, wo die heftigsten Kämpfe stattgefunden hatten. Immer mehr Tote bedeckten den Boden, und der Staub war schwarz von Blut. Obwohl Murdo und Emlyn genau hinsahen, entdeckten sie nirgends Verwundete. Die meisten der Toten wiesen sowohl Schwert- als auch Pfeilwunden auf. »Sie haben sie mit Pfeilen niedergestreckt und ihnen dann mit dem Schwert den Rest gegeben«, bemerkte Murdo mit harter
    Stimme. »Der Feind hat keine Gnade gekannt.«
    »Das ist wegen Jerusalem«, erklärte Emlyn. Traurig blickte er auf das

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