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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Gemetzel, und seine runden Schultern wurden vom Gewicht des schrecklichen Anblicks niedergedrückt. »Jetzt beginnt die Zeit der Rache, in der der Tod regiert und das Böse sich über die Welt ergießt.«
    Bei diesen Worten sah Murdo vor seinem geistigen Auge erneut das fürchterliche Blutbad in der Heiligen Stadt, jenen Sturm aus Haß, Gier und Mordlust, der die prächtige Stadt in ein Leichenhaus verwandelt hatte. Er sah sich selbst, wie er durch die blutige Verwüstung wanderte, ängstlich, verloren und allein, während über ihm im rauchverhangenen Himmel der uralte Feind mit ledernen Schwingen entlangflog und sich an dem Schlachten und dem Chaos ergötzte.
    Nun schaute sich Murdo um, und er sah dieselbe grausige Zerstörung und hörte dasselbe dämonische Lachen wie in den Mauern der Heiligen Stadt. Was in Jerusalem begonnen worden war, würde noch tausend Jahre andauern, dachte er; Krieg und Rache würden niemals ein Ende finden. Diese Toten hier waren die ersten einer verfluchten Rasse, deren Zahl schon bald die der Sterne übersteigen würde.
    Errichte mir ein Reich, hatte der heilige Andreas gesagt. Errichte ein Reich, in dem meine Schafe in Frieden weiden können, und errichte es weit, weit weg vom Ehrgeiz kleingeistiger Menschen und ihrem Streben nach Macht und Reichtum. Mache es zu einem Königreich, wo die Menschen in Frieden dem Wahren Weg folgen können, und wo das Heilige Licht den Suchenden den Weg weist.
    Als Murdo nun auf dieses Totenfeld blickte, ließ die Erinnerung an die Worte des Geistermönchs sein Herz schneller schlagen: Alles, was du besitzt, ist dir aus gutem Grund gegeben worden, Bruder. Ich frage dich erneut, sagte die Stimme aus den Katakomben. Willst du mir dienen?
    Murdo hatte versprochen zu tun, was er konnte. Als er nun auf diese sinnlose, mutwillige Verschwendung von Leben blickte im Dienste einer machtlüsternen Gier und eines unstillbaren Ehrgeizes, da wußte Murdo, wußte ohne jeden Zweifel, was es war, worum Andreas ihn gebeten hatte.
    Ich werde tun, was ich kann, hatte er in den Katakomben gelobt. Nein, beschloß er jetzt, ich werde mehr tun. Ich werde eine Zuflucht aus dem Sturm des Todes und der Zerstörung errichten. Ich werde ein Reich erschaffen, wo das Heilige Licht den Menschen als Leuchtfeuer die Richtung in der schrecklichen Dunkelheit weist.
    Als Emlyn ihn berührte, zuckte Murdo erschrocken zusammen. »Was hast du da gerade gesagt? Es klang wie das Sanctus Clarus. Fühlst du dich wohl, Murdo?«
    Der junge Mann nickte.
    »Wir sollten sehen, ob wir etwas tun können«, sagte der Mönch und ging weiter. Murdo folgte ihm und zog das Kamel hinter sich her. Im Herzen und in Gedanken wußte er mit aller Klarheit, daß er nicht ohne Grund in eben diesem Augenblick an diesen Ort gerufen worden war.
    Murdo und Emlyn suchten sich einen Weg zwischen den Leichen hindurch und erreichten schließlich jene Stelle, wo die Kreuzfahrer sich zum letzten Gefecht gestellt hatten. Hier stapelten sich die Toten, und nur noch wenige Pferde waren zu sehen. Die pferdelosen Ritter waren keine Gegner für die berittenen Seldschuken gewesen. Pfeile ragten aus jedem Körper; die meisten waren gleich mehrfach getroffen worden.
    Hier war es auch, daß die Einwohner von Jaffa ihre Arbeit begonnen hatten. Ein Teil von ihnen entfernte Harnische und Sättel von Pferden, während andere den Tieren die Haut abzogen und sie an Ort und Stelle schlachteten. Die roten, rohen Kadaver glitzerten im harschen Sonnenlicht, und der ranzige Gestank der Eingeweide mischte sich mit dem süßen Geruch des Blutes. Ein Stück weiter entfernt trennten Bürger Kreuzfahrer von Türken. Die Seldschuken wurden einfach auf einen Haufen geworfen; die Christen jedoch legte man in ordentlichen Reihen auf den Boden. Männer und Frauen gingen an diesen Reihen entlang und nahmen den Toten sämtliche Wertsachen, Waffen und jedes noch intakte Kleidungsstück ab.
    Diese Dinge wurden dann zu wartenden Wagen getragen, wo sie unter dem wachsamen Blick eines großen Mannes mit schwarzem Hut und langem Stab verladen wurden, vor dessen Füßen ein Haufen kleinerer Wertsachen lag.
    Da dieser Mann, den anderen Befehle zu erteilen schien, gingen Murdo und Emlyn zu ihm, um soviel wie möglich über die Schlacht in Erfahrung zu bringen. Emlyn grüßte höflich, woraufhin der Mann sich zu ihnen herumdrehte und die Stirn runzelte. »Was wollt ihr?« fragte er und betrachtete mißtrauisch das Kamel.
    »Wir haben die Schlacht beobachtet«,

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