Der Sohn des Kreuzfahrers
alles von selbst regeln, wenn die betreffenden Herren von ihrer Pilgerfahrt zurückgekehrt sind.«
»Was schlagt Ihr vor, sollen wir bis dahin tun?« verlangte Niamh zu wissen. »Sollen wir auf dem Marktplatz betteln gehen?«
»Der Konvent ist stets.«, begann der Abt.
Doch Niamh hörte nicht länger zu. »Komm weg hier, Murdo. Hier gibt es keine Gerechtigkeit.«
Sie wandte den Kirchenmännern den Rücken zu und ging zur Tür.
Murdo funkelte die Männer haßerfüllt an und fühlte den brennenden Schmerz machtlosen Zorns. »Ihr werdet den Tag noch verfluchen, an dem Ihr meinen Vater verleumdet und Euch gegen uns gestellt habt«, sagte er mit vor Wut zitternder Stimme. »Hört gut zu! Das schwört Euch Murdo Ranulfson!«
»Komm fort hier, Murdo«, rief seine Mutter von der Tür her. »Verschwende kein Wort mehr an diese da.«
Murdo funkelte die Kirchenmänner weiter an und trat einen Schritt rückwärts. »Ihr kennt den Wert eines Schwurs, der auf heiligem Boden geleistet worden ist. Erinnert Euch meiner Worte.«
Der Abt wollte etwas darauf erwidern, doch der Bischof bedeutete ihm zu schweigen, und Murdo und seine Mutter traten wieder hinaus in den Vorraum. Murdo sah den Tisch, an dem der Abt gesessen hatte - zwei andere Mönche hockten nun über dem Schriftstück, das Gerardus studiert hatte. Murdo schlenderte zum Tisch, griff nach dem Tintenfaß und schüttete die schwarze Tinte über das Pergament. Die Mönche kreischten erschrocken auf; einer warf die Hände über den Kopf, während der andere verzweifelt versuchte, das Manuskript zu retten, indem er die Tinte mit dem Ärmel abtupfte.
Murdo ließ seinem Zorn freien Lauf. Mit aller Kraft trat er gegen den Tisch. Das massive Möbel fiel mit lautem Krachen zu Boden; Pergamente flogen durch den Raum, und das Tintenfaß zerbarst.
Weitere Mönche, die den Tumult gehört hatten, stürmten in den Raum, sahen den umgestürzten Tisch und warfen sich auf Murdo. Er wich dem Angriff aus, doch einem von ihnen gelang es, ihn am Arm zu packen, und so fielen auch die anderen über ihn her.
»Schafft ihn raus hier!« rief der Abt von der Tür aus.
Die Mönche zogen Murdo auf die Beine und schleppten ihn fort.
»Laßt ihn los!« schrie Niamh und eilte ihrem Sohn zu Hilfe.
Einer der erregten Kirchenmänner drehte sich um und stieß sie beiseite. Als Murdo Niamh fallen sah, stützte er sich an den Armen der Mönche ab, die ihn umklammert hielten und trat mit beiden
Füßen dem Unglücklichen ins Gesicht, der es gewagt hatte, seine Mutter anzurühren. Seine Füße trafen den Mann genau am Kinn. Der Kopf des Mönchs flog zurück, und der Mann fiel zu Boden wie ein gefällter Baum. Gleichzeitig brachte die Wucht von Murdos Tritt die anderen Mönche aus dem Gleichgewicht, und allesamt wurden sie umgeworfen und rissen den Jüngling mit sich.
»Schafft ihn hier raus!« schrie Abt Gerardus erneut. Seine Stimme klang rauh vor Zorn.
Die Mönche, die ihren Gefangenen trotz des Sturzes nicht losgelassen hatten, zerrten ihn wieder auf die Beine. Mit langen Schritten eilte der Abt herbei. »Du dummer, frecher.« Er hob die Hand zum Schlag.
»Das reicht!« rief der Bischof. Adalbert stand in der Tür; sein Gesicht war grau, doch seine Haltung gefaßt. »Es reicht, sage ich. Das hier ist ein Gotteshaus, und dieses Benehmen ist beschämend.« Er deutete auf die Tür. »Frau Niamh, ich muß Euch bitten, diesen Ort augenblicklich zu verlassen.«
»Wir gehen«, erwiderte Niamh knapp. »Komm, Murdo.«
Murdo schüttelte den Griff der Mönche ab und gesellte sich zu seiner Mutter. »Ihr nennt das hier ein Gotteshaus«, zischte er, »aber ich sehe hier nur Diebe und Feiglinge.«
Die Mönche wollten sich erneut auf ihn stürzen, doch Niamh packte ihn am Arm und zog ihn fort. Eiligen Schrittes folgten sie ihren eigenen Spuren durchs Kloster und hielten erst an, als sie wieder auf dem schlammigen Pfad vor der Kathedrale standen. »Das ist das reinste Schlangennest«, murmelte Murdo, der noch immer vor Zorn zitterte.
»Wir werden unser Land wiederbekommen. Mach dir darüber keine Sorgen«, versicherte ihm Niamh. »Wenn dein Vater wieder zurückkehrt, werden wir.«
»Und was sollen wir bis dahin tun?« unterbrach sie Murdo. »Was ist, wenn sie erst im Sommer wieder zurückkehren? Oder im Sommer danach? Wie lange sollen wir warten, bis wir das wieder zurückerhalten, was rechtmäßig unser ist?« »Wir können auf Cnoc Carrach bleiben. Ragnhild hat angeboten...«
»Du bleibst auf Cnoc
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