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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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schien er seine Antwort noch einmal zu überdenken. Er hob den Finger und fragte: »Wie heißt der Mann, der die Herrschaft über Euren Besitz genommen hat?«
    »Er ist einer von Prinz Sigurds Ratgebern, ein Edelmann mit Namen Orin.« Niamh blickte zur Bestätigung zu Murdo; dieser nickte höflich, obwohl sich zunehmend Mißtrauen in ihm regte.
    Der Bischof schien einen Augenblick zu zögern, als erinnere ihn der Name an irgend etwas. »Herr Orin Breitfuß?«
    »Genau der, ja«, antwortete Niamh. »Kennt Ihr ihn?«
    »Leider ja«, seufzte der Bischof. »Ich wünschte, Ihr hättet irgendeinen anderen Namen genannt, nur nicht diesen. Habe ich diesen Mann nicht in eben diesem Raum hier zur Audienz empfangen, Gerardus?«
    »Das habt Ihr in der Tat, ja«, antwortete der Abt, der nach Murdos Ansicht im Laufe des Gesprächs einen verdächtig selbstzufriedenen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte.
    »Meine liebe Frau«, wandte sich der Bischof wieder an Niamh, »ich habe keinen Augenblick lang an Euch und der Rechtmäßigkeit Eu-res Anliegens gezweifelt.«
    »Dann werdet Ihr uns helfen?«
    »Ich habe Euch bereits gesagt, daß ich das tun würde, wenn ich denn könnte«, beteuerte Adalbert. »Aber Herr Orin ist dem König gefolgt und hat das Kreuz genommen.«
    Plötzlich überkam Murdo eine große Furcht. Er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand ein Messer in den Leib gerammt und würde die Klinge nun langsam herumdrehen.
    »Wie so viele von unseren Inseln, so ist auch er ein Pilger geworden«, fuhr der Bischof fort. »Angesichts der bevorstehenden Reise hat er vom Dekret des Papstes Gebrauch gemacht, was den Schutz seines Landes betrifft.«
    Niamh starrte den Bischof fassungslos an. »Wollt Ihr damit etwa sagen.« Ihr fehlten die Worte.
    »Die Heilige Mutter Kirche hat den Schutz seiner Ländereien übernommen«, erwiderte der Bischof. »Die entsprechenden Dokumente sind unterzeichnet worden und befinden sich nun auf dem Weg nach Jorvik, wo man sie aufbewahren wird. Wie Ihr also seht, ist es zu spät.«
    »Wann ist das geschehen?« fragte Niamh mit kalter Stimme.
    »Vor zwei Tagen«, antwortete der Abt mit offensichtlicher Schadenfreude.
    »Vor zwei Tagen!« schrie Murdo. »Vor zwei Tagen! Und das, obwohl Ihr gewußt habt, daß wir uns schon seit fünf Wochen um eine Audienz bemühen! Ihr habt es gewußt und nichts unternommen!«
    »Beruhige dich, mein Sohn. Dein Zorn ist unangebracht. Wie du dir denken kannst, hat die Machtübernahme von Prinz Sigurd viele plötzliche und unerwartete Veränderungen mit sich gebracht. Wir haben von morgens bis abends ohne Unterlaß gearbeitet, um all die Bittsteller zufriedenzustellen, die uns gleich euch ihre Probleme vorgetragen haben, welche im Zuge der Absetzung des Jarls entstanden sind. Ich versichere dir, bis zu diesem Zeitpunkt haben wir nichts von eurer Not gewußt.«
    »Hrafnbu gehört uns!« schrie Murdo; mit geballten Fäusten trat er auf den Bischof zu. »Es gehört uns, und Ihr habt es gewußt!«
    »Ja!« schnappte Adalbert mit aufflackerndem Zorn. »Und ich habe versucht, deinen Vater zur Vernunft zu bringen, doch er weigerte sich. So sei es. Jetzt müßt ihr mit den Folgen seiner Dummheit leben.« Mit einem Blick auf Niamh fügte er rasch hinzu: »Es tut mir leid, daß ich so grob reden muß, gute Frau, aber ich kann nichts für euch tun.«
    Abt Gerardus kam dem Bischof zu Hilfe. »Hätte Herr Ranulf nicht so gierig auf seine Einnahmen geschielt, unterstände das Gut schon längst unserer Herrschaft, und ihr hättet noch immer eine Heimat.«
    Murdo stieß einen erstickten Schrei aus und stürzte auf den Abt zu, der rasch zurückwich.
    »Murdo!« schrie seine Mutter. Ihre Stimme klang wie ein Peitschenhieb. Sie zog ihn zurück und sagte: »Komm, mein Sohn. Wir wollen diese braven Kirchenmänner nicht länger mit unseren unwichtigen Sorgen belästigen. Sie müssen sich auch noch um die anderen Schafe in ihrer Herde kümmern. Es scheint, als sei bereits die Zeit des Scherens gekommen.«
    »Frau Niamh«, protestierte der Bischof, »ich fürchte, Ihr habt mich mißverstanden.«
    »Habe ich das?« forderte sie ihn in scharfem Ton heraus. »»Gierig auf seine Einnahmen ... unter unserer Herrschaft...«« Sie hielt kurz inne. Ihre Augen funkelten. Als sie erneut das Wort ergriff, sprach sie leise, kaum hörbar. »Ich glaube, ich habe Euch nur allzu gut verstanden, stolzer Priester.«
    Der Bischof runzelte die Stirn. »Bitte, Ihr müßt Euch in Geduld üben. Ohne Zweifel wird sich

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