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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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hatte doch in der vorigen Nacht einen Traum gehabt. Der musste etwas bedeuten. Aber was? Sie stießen auf einen Bach, der in einem ausgedehnten Birkenwald entsprang. Dort wollten sie ihr Lager für die Nacht aufschlagen.
     
    »Ein seltsames Land«, meinte Tuge, als sie dem Bach folgten. »Der Frostmond geht bald zum letzten Mal auf, aber die Bäume hier tragen immer noch Herbstlaub.«
    »Ich hoffe, im Frühling kriegen sie mehr Blätter auf die Äste«, brummte Harmin. »Ich weiß nicht, wie man sich unter diesem mehr als kümmerlichen Blätterdach verstecken soll, und deshalb frage ich mich, warum wir überhaupt in diesen Wald hineinmüssen.«
    Ein dünner Regen welker Birkenblätter empfing sie, als sie zwischen die Bäume vordrangen. Der Boden war mit einer kniehohen Laubschicht bedeckt, und der Wald war so groß, dass Awin doch hoffte, in ihm allen Blicken entschwinden zu können. Als sie dem Bachlauf tiefer in den Wald hinein folgten,
störten sie ein Rudel Rotgazellen auf. Wieder war Tuge am schnellsten. Er erlegte eines der Tiere, und im Schutz des Waldes wagten sie es, ein Feuer zu machen.
    Die Dämmerung hatte eingesetzt, und Awin nahm Wela zur Seite. Er machte sich Sorgen um sie, denn sie war den ganzen Ritt über still und in sich gekehrt gewesen. »Du scheinst Menek gemocht zu haben«, begann er.
    »Ja, Awin, ich mochte ihn, aber es steht dir nicht zu, mich nach ihm zu fragen«, lautete die schroffe Antwort, mit der Wela ihn stehen ließ. Er sah ihr nach. Sie verschwand hinter einem schwermütigen Schauer blasser Blätter. Awin seufzte. Vermutlich hatte er wieder etwas Falsches gesagt, wie so oft, wenn er mit Wela sprach. Er blieb eine Weile allein zwischen den Birken. Er wollte nachdenken, hoffte auf eine Eingebung. Aber sie kam nicht. Er fühlte nur das leichte Unbehagen, das er stets verspürte, wenn er im Wald war. Er hatte dort immer das Gefühl, es würde ihn jemand beobachten. Als er später zurück zum Feuer ging und sich noch fragte, warum Wela so abweisend zu ihm war, wurde er von Harmin schon erwartet: »Ich bin weiter dafür, Slahan noch in dieser Nacht zu überfallen, Yaman Awin. Sie wird mit so viel Kühnheit nicht rechnen, wo doch sonst alle vor ihr fliehen«, sagte er.
    »Unser Yaman scheint anderer Ansicht zu sein, Schmied«, entgegnete Tuge. »Schon den ganzen Abend ist er in sich gekehrt und hört uns kaum zu. Vermutlich wird er uns gleich mit einem guten Vorschlag überraschen. Ist es nicht so, Yaman Awin?«
    Awin schüttelte den Kopf. Er war weit davon entfernt, einen brauchbaren Plan zu haben. Aber etwas anderes kam ihm jetzt in den Sinn: »Wir sollten zunächst jemanden suchen«, sagte er, und dann erzählte er von dem schwarzbärtigen Fremden mit der Kette aus Tierzähnen, den er im Traum gesehen hatte.

    »Und was bedeutet dieses Bild, Awin?«, fragte Tuge beeindruckt.
    »Das weiß ich noch nicht, doch hat es eine Bedeutung, so viel ist sicher, sonst hätte Tengwil es mir nicht gesandt.«
    »Aber wie sollen wir diesen Mann finden? Ich habe den ganzen Tag kein Lager gesehen, keine Siedlung und nicht einmal den Rauch eines Feuers, Yaman«, sagte Harmin zweifelnd.
    »Wir suchen ihn mit unserem Verstand«, erwiderte Awin. »Ich bin sicher, er ist hier irgendwo in der Nähe. Und wenn er das ist, wird er sich vor Slahan und ihren Winden versteckt halten so wie wir. Also werden wir ihn am ehesten in einem der Wäldchen finden.«
    »Es gibt ziemlich viele dieser kleinen Wälder hier, Yaman«, sagte Harmin zweifelnd. »Das sind hunderte Verstecke für einen Mann, der nicht gefunden werden will.«
    »Du sagtest, er sei ein Fremder. Aber ist er Freund oder Feind?«, fragte Tuge.
    »Wahrscheinlich einer der Söldner, die die Männertöterinnen anwerben, um gegen die Hakul zu kämpfen«, vermutete Harmin. »Wir müssen ihn vielleicht töten, bevor er uns tötet.«
    »Wir haben keine Feindschaft mit diesem Mann, Harmin. Selbst wenn er ein Söldner ist, sind wir hier doch genauso fremd wie er, oder nicht? Und in Sichtweite des Sturms kann es doch nur noch einen Feind geben - Slahan«, entgegnete Awin.
    »Das hättest du Gerwi sagen sollen«, brummte der Schmied des Fuchs-Klans.
    »Gerwi war ein Narr!«, rief Wela aufgebracht. »Er hat seine Männer ins Unglück gestürzt.«
    »Und warum sollte der Fremde, den dein Yaman gesehen haben will, klüger sein, Mädchen?«, fragte Harmin.
    Jemand hustete vernehmlich, dann sagte eine Stimme aus der
Dunkelheit: »Weil er kein Feuer macht. Nicht, wenn

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