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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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begannen, mit ihren Heldentaten zu prahlen.
    »Du scheinst deinen Sieg nicht zu genießen, Yaman«, sagte Tuge, der neben ihm ritt.
    Awin blickte überrascht auf. Warum nannte Tuge es seinen Sieg?
    »Du hast uns geführt, und es war dein Plan, der uns in dieser Schlacht einen Sieg bescherte«, erklärte der Bogner, der seine Gedanken erraten hatte.
    Awin schüttelte den Kopf. Er hatte nicht mehr getan, als Merege zu bitten, auf einen Kampf gefasst zu sein und am Ende des Sgers zu reiten, wo sie sich ohnehin am liebsten aufhielt. Jetzt sagte er düster: »Ein paar Hakul töten ein paar andere Hakul, keine besondere Heldentat, die in vielen Liedern besungen werden wird.«
    »Warte ab«, meinte Tuge grinsend, »heute haben wir einen Sger von neunzehn Kriegern besiegt, wenn du aber den Männern zuhörst, so wirst du bald erfahren, dass jeder von ihnen wenigstens drei Gegner bezwungen hat - das heißt, es müssen doch eigentlich über dreißig Feinde gewesen sein. Heute Abend am Lagerfeuer kann diese Zahl leicht auf fünfzig ansteigen, und im nächsten Winter wird es in die Hunderte gehen.«
    »Wenigstens!«, rief Harmin lachend.
    Wenn wir den nächsten Winter überhaupt erleben , dachte Awin
finster, behielt diesen Gedanken aber für sich. Die Männer waren guter Dinge. Er sah noch keinen Grund, das zu ändern. Sie folgten dem Pfad bis zum Einbruch der Dämmerung. Als er plötzlich einen weiten Bogen nach Süden beschrieb, wunderten sie sich, aber als sie ihm folgten, stellten sie fest, dass er sie zu einem weiteren Wasserloch führte. Sie schlugen ihr Lager dort auf, und Awin zog sich ein wenig vom Feuer zurück, um seinen Geist auf die Reise zu schicken. Es gelang ihm jedoch nicht. Am Feuer lachten die Männer, und immer, wenn er die Augen schloss, hatte er das Bild des sterbenden Gerwi vor Augen.
     
    Der Traum kam, als Awin im Zelt lag und schlief, und er war rätselhaft. Er zeigte ihm ein dunkles Gesicht in der Glut eines Feuers. Ein Fremder mit wirrem schwarzem Haar und Bart, der lautlos Worte murmelte. In den Fingern drehte er eine Kette mit Tierzähnen. Dann war da ein knorriges Stück Holz, ein Stab, dessen dicker Knauf mit drei groben Gesichtern verziert war. Der Mann öffnete die Augen und streute Kräuter in die Glut. Rauch stieg auf. Der Schwarzbärtige schloss die Augen, atmete tief ein, hustete, ließ ein Brummen hören und hielt plötzlich inne. Er schien lange zu lauschen, dann schüttelte er den Kopf, stand auf und verschwand.
    Ein Löwe brüllte. Es klang nah. Awin schlug die Augen auf.
    »Dieser verdammte Räuber bringt mich zum letzten Mal um meinen Schlaf«, murmelte Tuge, der ebenfalls erwacht war. »Ich werde gehen und sehen, wie ihm die eisernen Spitzen meiner neuen Pfeile schmecken.«
    »Lass ihn in Ruhe«, sagte Awin, »und vergeude nicht die wenigen guten Pfeile, die du erbeutet hast, Meister Tuge. Wenn Gerwi nicht gelogen hat, werden wir vielleicht schon übermorgen Slahan gegenüberstehen.«

    »Du kannst einem wirklich jeden Spaß verderben, Yaman«, brummte Tuge. »Doch sieh, der Tag graut schon. Vielleicht sollten wir die Zeit nutzen und früh aufbrechen.«
    Awin stimmte dem Vorschlag zu. Noch vor Sonnenaufgang saßen sie im Sattel. Bald stellten sie fest, dass sich das Land veränderte. Immer mehr Grasflecken bedeckten den weißen Sand, bald war er ganz verschwunden.
    »Wie nennt man diese Gegend, Awin?«, fragte Mabak.
    »Ich weiß es nicht«, lautete die schlichte Antwort.
    »Wir sollten ihren Namen wissen«, meinte der Jungkrieger, »oder sollen wir später erzählen, wir hätten die Göttin in einer namenlosen Ebene besiegt?«
    »Wenn wir sie besiegen, ist es mir gleich, wie dieser Landstrich genannt wird«, brummte Harmin.
    Awin hielt sein Pferd an.
    »Was ist?«, fragte Harmin. »Für eine Rast erscheint es mir etwas früh.«
    Awin wies voraus und sagte: »Seht.«
    Tuge kniff die Augen zusammen. »Eine niedrige Wolke?«, fragte er.
    »Limdin, komm nach vorn«, befahl Harmin.
    Der Sger sammelte sich. Limdin erhob sich im Sattel, spähte angestrengt voraus und sagte schließlich: »Es ist weit weg, aber es sieht aus wie eine große Staubwolke. Ich würde sagen, dass ein großes Heer dort marschiert, aber der Staub scheint sich nicht von der Stelle zu rühren.«
    »Es ist Slahan«, erklärte Awin ruhig.
    Die gute Laune der Männer war wie weggeblasen.
    »So wartet sie wirklich auf uns, wie du es gesehen hast«, sagte Tuge bedächtig und auch ein wenig ehrfürchtig.
    Awin schwieg. Die

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