Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger
verharrte dort. Kein Sturm, etwas anderes, auch wenn Wind in ihm steckt. Yeku weiß nichts über ihn. Ich habe die Geister der Ahnen gefragt, sie schweigen. Auch Baum und Blatt können mir nichts über diese böse Wolke sagen. Wir haben versucht, nach Pursu zu gehen, denn viele der Unseren sind dort, Sonnentöchter auch. Je näher wir kamen, desto stärker wurde der Sturm. Ich sah auch Wesen in diesem Sturm. Sie stehen Wache. Wir dachten, es sind Geister. Ihre Augen sind aus Sand. Aber wir haben einen getötet, also können es keine Geister sein. Ich verstehe es nicht, Yeku versteht es nicht. Wir
haben nach Wastu geschickt. Die Priesterinnen des Sonnengottes wissen vielleicht mehr. Oder sie fragen Edhil selbst. Er weiß alles.«
Awin hatte der Erzählung des Raschtars aufmerksam zugehört. Offenbar hatte Slahan Wachen aufgestellt, menschliche Wachen, wenn die Verschleppten denn noch Menschen waren. Er starrte in die Flammen. Seine Schwester war eine von ihnen. Es mussten noch Menschen sein.
»Wer ist Yeku?«, fragte er.
Der Raschtar grinste, dann hielt er ihm seinen knorrigen Stab entgegen. »Das ist Yeku. Er wohnt in dem Stab. Er ist klug. Doch weiß er nicht alles. Du weißt mehr als Yeku über den Sturm, Hakul-Yaman.«
Der Mann gab seinem Stab einen Namen? Das war seltsam. Awin würde dem später auf den Grund gehen. »Ich weiß wirklich mehr über diese Sturmwolke, Mahuk Raschtar, doch nicht, weil ich klug bin«, antwortete Awin, und dann erzählte er dem Heiler von Xlifara Slahan, ihrem Aufstand gegen die erstgeborenen Götter und ihrer Verbannung in die Wüste. Er berichtete vom Diebstahl des Lichtsteins, von ihrer Begegnung mit der Göttin in Uos Mund, von den Windskrolen, die ihr dienten, und schließlich von Slahans Rache und ihrer Jagd. Es war eine lange Erzählung, aber Mahuk unterbrach ihn nicht ein einziges Mal.
»Dieses Böse ist groß«, sagte der Raschtar, als Awin schließlich zum Ende gekommen war. »Es ist groß und weckt viel anderes Böse. Yeku spürt das. Du hast mir nicht alles erzählt, Yaman. Nicht von dem Bösen, dem du begegnet bist, nicht von dem Feind, der dich verfolgt. Yeku schimpft, weil ich dir glaube, aber er gibt zu, dass dein Herz gut ist.«
»Er ist klug, dieser Yeku, dafür, dass er ein Stück Holz ist«, spottete Harmin.
Mahuk schnaubte verächtlich.
Awin dachte nach. Dieser Mann verstand sich auf Kräuter. Er sagte: »Ich habe dich gesehen, ehrwürdiger Raschtar. In einem Traum, den mir die Schicksalsweberin in der vorigen Nacht sandte. Du hast Kräuter in ein Feuer gestreut.«
»Das hast du vorhin schon gesagt. Ich habe gelauscht«, sagte Mahuk grinsend. Es schien ihn nicht übermäßig zu beeindrucken.
Natürlich , dachte Awin, vermutlich sind die Ussar schon lange vor uns in diesem Wald gewesen, gut versteckt vor den Augen von uns Steppenbewohnern. Es hatte seine Gründe, warum Hakul Wälder nicht mochten. »Ich brauche auch ein Kraut, ehrwürdiger Raschtar, vielmehr eine Beere, wir nennen sie Rabenbeere.«
»Ich frage Yeku«, sagte der Ussar, flüsterte seinem Stock etwas zu und schien dann auf eine Antwort zu lauschen. Die Hakul sahen einander befremdet an. Awin versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie merkwürdig er das Verhalten des Heilers fand.
»Yeku nennt sie Traumbeere. Er kennt sie. Aber er sagt, dass du sie jetzt nicht findest. Es ist Winter«, erklärte der Raschtar ernst.
»Ich weiß, dass diese Beere jetzt nicht zu finden ist. Aber ich dachte, du hast vielleicht eine in deinem Beutel, ehrwürdiger Raschtar«, erklärte ihm Awin.
Der Raschtar schüttelte den Kopf.
»Aber vielleicht weißt du - oder weiß Yeku - ein Kraut, das ähnlich wirkt. Es muss den Geist öffnen«, versuchte es Awin weiter.
Nach einer längeren leisen Unterredung mit seinem Stab, es klang beinahe wie ein Streit, verkündete Mahuk: »Yeku kennt kein Kraut, aber eine Flechte. Du findest sie an bestimmten Steinen. Ich kenne sie auch. Sie ist gefährlich.«
»Du wirst doch nicht auf das hören, was dieser Verrückte mit dem Stock sagt, Awin?«, fragte Wela leise.
Awin antwortete nicht. Er hatte den Stab in seinem Traum gesehen, und der Ussar schien fest an ihn zu glauben. »Sind alle Stäbe in deinem Land so klug wie Yeku?«, fragte er schließlich vorsichtig.
Mahuk lachte, zeigte auf den Stock und sagte: »Das ist Holz. Holz ist dumm. Aber Yeku steckt in ihm. Yeku war ein Raschtar, vor vielen Jahren. Schlauer Raschtar, aber böse. Hat viel Unglück über die Vorväter
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