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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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haben, Harmin vom Schwarzen Fuchs. Es soll ihnen nicht bekommen sein.«

    Awin legte Harmin die Hand auf den Arm, denn der Schmied war drauf und dran, seinen Blutdolch zu ziehen.
    »Es war eine vergiftete Einladung«, entgegnete Harmin mühsam beherrscht, »die anzunehmen auch noch Verrat bedeutet hätte, und der ist meinem Klan fremd. Ich bin aber sicher, Männer deiner Sippe hätten sich anders entschieden, Yaman Werek!«
    Jetzt fuhr auch Wereks Hand zum Dolch, er trat einen Schritt auf Harmin zu, setzte zu einer Antwort an, aber dann winkte er ab, drehte sich um und ging wortlos davon.
    Harmin starrte ihm wütend hinterher. »Ich glaube, es war ein Fehler, hierherzukommen, Awin, denn Versammlungsfriede oder nicht, wenn es so weitergeht, wird bald Blut fließen.«
    Kurze Zeit später gab es Streit um einen Hammel, der sich irgendwo losgerissen und zum Zelt Kluwes gelaufen war. Jemand aus Uredhs Klan der Faust hatte ihn daraufhin als Eigentum seiner Sippe betrachtet und für das Abendessen geschlachtet. Uredh hatte jedoch nicht vor, das Tier wenigstens mit seinen Sgerbrüdern vom Sichelsee zu teilen, deshalb hatte er bald nicht nur Ärger mit dem ursprünglichen Besitzer des Hammels, sondern auch mit den Hakul, die seit Tagen mit ihm geritten waren. Und immer noch war Isgi nicht erschienen, um ihnen die Eide abzunehmen. Sie konnten die vier Säulen sehen, die im Schein großer Feuer in den finsteren Himmel ragten, und sie hörten immer wieder großes Geschrei, weil dort gestritten wurde. Und sie konnten nicht dabei sein.
    »Vielleicht fürchtet Horket uns«, vermutete Eri, als sie sich an ihrem eigenen kleinen Feuer sammelten. Es war inzwischen dunkel. Auf den Hügeln rund um das Tal waren Wachfeuer entzündet worden. Es trafen immer noch weitere Sgers ein, und die meisten kamen über den Hügel ins Tal, den sie selbst
auch überquert hatten. Awin sah die Schattenrisse der Reiter, die müde auf ihren Pferden hingen. Und er bestaunte wieder die großen Garame, die sich auf den Anhöhen im flackernden Licht erhoben. Sie sahen aus, als würden sie sich bewegen. Neben einem der Steinkegel, gar nicht weit entfernt, sah er eine schlanke, schwarze Gestalt stehen. Merege. Er musste sie warnen. Die Hakul mochten Fremde nicht, schon gar nicht an diesem heiligen Ort. Es war gefährlich für sie, sich allein dort oben aufzuhalten. Eri hatte von Furcht gesprochen. Und Awin verstand plötzlich, dass unter all dem Streit, den Meinungsverschiedenheiten und Rangeleien, die hier im Lager vorherrschten, eine tief sitzende Furcht lauerte. Die Hakul waren tapfer, aber nun zog eine Unsterbliche über ihre Weiden und tötete wahllos Mensch und Vieh. Das fürchteten die Hakul viel mehr als einen ehemals bedeutenden Klan von den Schwarzen Bergen, gleich, was Eri sagen mochte.
    »Wie kommst du darauf, dass er Angst vor uns hat, ehrwürdiger Yaman?«, fragte Mabak jetzt schüchtern.
    »Er wird sich voller Scham daran erinnern, dass er um ein Haar verhindert hätte, dass wir den Lichtstein wieder erlangten«, antwortete Eri, »und er fürchtet, dass wir den anderen von diesem Tag der Schande berichten werden.«
    »Ich nehme an, er wird es so darstellen, dass er uns diesen Fund erst ermöglicht hat«, knurrte Tuge.
    »Wir werden es gleich wissen«, warf Awin ein, »denn dort kommt Isgi.«
     
    Isgis Gestalt war unverkennbar: Der zu große Kopf auf dem schmalen, nach vorn gebeugten Leib, und als er näher gekommen war, der unruhige Blick aus den Augen mit den tiefen dunklen Ringen. Am Glutrücken hatte der Seher und Ratgeber Horkets zu Pferde gesessen, da war er Awin viel größer erschienen.
Als Isgi nun über den Morast vorsichtig heranschritt, kam er Awin mit einem Mal klein und schwächlich vor. Aber er machte nicht den Fehler, Isgi zu unterschätzen. Sein Körper mochte schwach sein, aber sein Geist war scharf und gefährlich. Der Seher vom Klan des Schwarzen Grases kam nicht allein, sondern begleitet von einem guten Dutzend Krieger, und jeder von ihnen trug eine brennende Fackel. Awin wunderte sich über diesen Aufwand. Vielleicht wollte Isgi die Aufmerksamkeit des Lagers wecken. Er verschwand zunächst im Zelt Kluwes. Vermutlich schläft der alte Seher wieder , dachte Awin, denn Isgi blieb nur sehr kurz im Inneren des Zeltes. Dann kam er endlich zu ihnen. Die meisten Anführer der sieben Klans grüßten ihn ehrerbietig, nur Harmin und Eri schienen dazu keine Lust zu haben. Eri schwieg, und Harmin rief laut: »Wo ist dein Meister, Isgi?

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