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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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verfolgte, weil ihm der alte Kluwe prophezeit hatte, dass die Dornen ihm den Untergang bringen würden. Jetzt sah Awin den Todfeind seiner Sippe dort sitzen, und er fragte sich, ob dieser Teil der Geschichte, den er nie zuvor gehört hatte, wirklich stimmte. Aber es war zu spät, um umzukehren.
    Er fuhr fort: »Ich bin ein Seher, wie ihr vielleicht wisst, so wie mein Vater, der berühmte Kawet, schon ein Seher war. Manche werden gehört haben, dass ich erblindet bin, doch das ist falsch. In der vergangenen Nacht schickte mir Tengwil starke Gesichte, ich sah Slahan, und ich sah unsere unglücklichen Brüder und Schwestern, die in ihrer Gewalt sind.« Er wartete, bis sich die aufkommende Unruhe wieder legte. »Es ist wahr, sie hat unsere Weiden verlassen, und zöge sie weiter, so könnte auch das schnellste Pferd sie nicht einholen. Doch sie hat angehalten, ihr Männer! In einer Festung der Viramatai, Pursu genannt, da verharrt sie. Und dort werden wir die Verschleppten finden und vielleicht, wenn die Götter uns beistehen, aus den Fängen Xlifaras befreien können. Und deshalb fordere ich dich auf, Heredhan Horket, erster Fürst der
Schwarzen Hakul, mir und dem Heolin nach Osten zu folgen und den Kampf anzunehmen - dich und jeden anderen Mann, der den Mut dazu findet! Begrabt die Streitereien, die zwischen euch stehen, so wie auch ich meinen Streit begrabe mit dem Mann, der meinen Vater getötet hat. Was ist, Horket, hast du den Mut? Gehst du deinem Stamm voran, oder bist du so fett und faul geworden, dass wir dich tragen müssen?«, rief Awin über den anschwellenden Lärm. Die Hakul waren außer sich. Er hatte sie schließlich alle herausgefordert, nicht nur den Heredhan.
    Horket erhob sich von seinem Platz und schob Isgi, der ihm etwas zuflüstern wollte, mit einer unwilligen Handbewegung zur Seite. »Das hast du also gesehen, Awin, der du dich Kawets Sohn nennst? Nun, du bist nicht der einzige Seher in diesem Kreis. Hat noch ein anderer gesehen, was dieser Knabe sah? Hat ein anderer die Göttin ruhen sehen? Nein? Ist das nicht seltsam, Kawets Sohn? Viele berühmte Seher sind hier, Kluwe sitzt dort, dein ehemaliger Meister Curru steht dort drüben, doch sie schweigen.«
    »Ich sah, was ich sah«, entgegnete Awin steif.
    »Die Krähen ziehen nach Osten«, rief eine junge Stimme plötzlich. Es war Kluwes Sprecher. Der Alte schien also nicht zu schlafen, auch wenn es im Dunst so aussah.
    »Ein Zeichen, ein Zeichen!«, riefen einige Hakul ehrfürchtig.
    »Natürlich ist es ein Zeichen!«, rief Isgi schrill. »Sie erkunden den Pfad für ihren Herrn Uo. Sie wissen, dass im Osten nur der Tod auf uns wartet! Die Festung Pursu? Sie gehört den Männertöterinnen wie das ganze Land ringsum. Sie werden uns nicht willkommen heißen. Und der Weg dorthin? Die Eisernen nennen sich die Hakul, deren Weiden wir durchqueren müssten, und eisern ist die Feindschaft, die sie gegen uns hegen.
Slahan verfolgen? Nein, Freunde, selbst wenn stimmt, was dieser selbst ernannte Seher hier verkündet, wir müssten durch ein Meer von Blut reiten, um überhaupt dorthin zu gelangen, wohin er uns senden will. Seht ihr es nicht? Seht ihr nicht, dass er genau das will? Dass er uns alle in den sicheren Tod schicken will, nur um seinen Vater zu rächen?«
    Isgi sprach weiter, doch seine Sätze gingen in Geschrei und Gebrüll unter. Awin stand am Rande der Pfütze, die sich in der Mitte des Kreises gebildet hatte. Horket stand ihm gegenüber, selbstbewusst, stolz. Ein höhnischer Zug spielte um seine Lippen. Nein, es war Awin nicht gelungen, ihn zu erschüttern. Er begriff, dass er gescheitert war. Die Versammlung war gespalten, aber keineswegs bereit, ihm zu folgen. Isgi hatte die Wahrheit geschickt verdreht. Für einen kurzen Augenblick hatte Awin gehofft und geglaubt, die Klans überzeugt zu haben - es hatte beinahe so ausgesehen, als könnten sie es nicht erwarten, auf die Pferde zu springen und der Göttin nachzujagen, aber Isgi hatte alles verdorben: Die Hälfte der Krieger hielt ihn für einen Betrüger, der sie in den Untergang locken wollte, und die Zahl derer, die unsicher waren, ob sie ihm glauben konnten, überwog noch bei weitem die kleine Schar derer, die er überzeugt hatte. Natürlich , dachte Awin, ich habe von ihnen verlangt, sich in Todesgefahr zu begeben, ohne dass ich ihnen viel Hoffnung auf Sieg machen kann. Aber hätte ich lügen sollen? Hätte sie das überzeugt? Awin zweifelte daran, denn er wusste, es war leichter, nichts zu

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