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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Ausstrahlung wird viele Hakul zögern lassen, sich gegen ihn zu stellen. Ich frage mich, ob du ihn nicht vielleicht besser behalten hättest, junger Seher«, meinte Tuge nachdenklich.
    »Es ist nun einmal so, jetzt müssen wir das Beste daraus machen«, forderte Wela, und Tuge widersprach ihr nicht.
    Sofort nach Ende ihrer kleinen Versammlung ging die Schmiedin mit der ihr eigenen Entschlossenheit daran, Awins Aussichten auf Erfolg zu verbessern. Sie rief Mabak und auch Harmin mit seinen Enkelsöhnen zu sich, erklärte ihnen, dass Awin seine Gabe zurückgewonnen und was er gesehen hatte. Dann bat sie die Männer, die Nachricht möglichst rasch zu verbreiten. Das war schwere Arbeit, denn das Lager war mit anderen Dingen beschäftigt. Horket hatte das Urteil vollstrecken und Kenak vom Schwarzen Dolch erwürgen lassen. Da schien wenig Platz für andere Neuigkeiten. Dennoch wussten bald die Sgers vom Sichelsee von Awins Sehertraum, und als der Dhanegedh wieder zusammengerufen wurde, da sprang
diese Nachricht doch schon wenigstens als Gerücht durch den wabernden Nebel und die zusammenströmende Menge. Ein Hakul, der Awin im Gedränge nicht erkannte, stieß ihn an: »Hast du gehört«, raunte der Mann, »dieser junge Seher hat das Heer der Verschleppten gesehen, wie sie im Sturm gegen die Viramatai kämpfen.«
    »Und du glaubst ihm?«, fragte Awin neugierig zurück.
    »Ich würde nie an einem Mann zweifeln, der dem Totengott den Heolin entriss. Er soll auch auf einer Seeschlange geritten sein, hört man.«
    Awin unterdrückte ein Grinsen. Wela hatte also Erfolg gehabt. Seine Nerven waren dennoch zum Zerreißen gespannt. Er würde das Wort ergreifen, und niemand konnte ihn daran hindern - wenn stimmte, was Curru gesagt hatte. Er würde einige Leute vor den Kopf stoßen, Harmin zum Beispiel. Ihm war auch nicht klar, was Wela davon halten würde. Er hoffte, sie würde es verstehen. Und wenn er scheiterte? Als Awin sich durch die Menge zum heiligen Kreis schob, fragte er sich, ob er sich nicht zu weit vorwagte. Vielleicht hätte er doch Kuandi zur Frau nehmen sollen, das wäre der bedeutend ungefährlichere Weg zu seinem Ziel gewesen. Harmin hatte ihn vor ihrem Aufbruch zur Versammlung abgefangen und mit erwartungsvollem Blick gefragt, wie er sich in dieser Angelegenheit entschieden habe. Die Liebliche könne seine Rückkehr ganz sicher kaum noch erwarten. Aber Awin hatte das Angebot noch einmal, und zwar endgültig, dankend abgelehnt. Der Schmied hatte es hingenommen und versucht, sich nichts anmerken zu lassen, aber Awin schien es doch, als sei er gekränkt. Nun, er konnte es nicht allen recht machen.
    Er drängte weiter durch die Menge zum Platz. Plötzlich teilte sich der Strom der Hakul. Der zähe Dunst ließ Awin den Grund dafür fast zu spät erkennen. Entsetzt prallte er zurück.
Am Stamm einer Ulme, die ihre kahlen Äste nach oben reckte, lehnte eine leblose Gestalt. Es war Kenak vom Klan der Dolche. Mit zwei Seilen war er an den Baum gebunden, ein drittes war um seinen Hals geschlungen. Er war tot. Awin erkannte Yaman Skian, der mit seinen Kriegern bei Kenak Wache zu halten schien. Wie eine schwarze Insel teilten sie den Strom der Männer. Die Hakul wichen ihnen aus, als seien sie Aussätzige, und sie waren die Einzigen, die nicht zum Versammlungskreis strebten. Doch bei Yaman Skian stand jemand, der nicht von seinem Klan war, und redete auf ihn ein. Awin musste zweimal hinsehen. Es war Curru. Awin ahnte, dass sein ehemaliger Lehrer dabei war, einen Verbündeten zu gewinnen. Er wurde weitergeschoben. Als er sich noch einmal umdrehte, schienen Curru und der Klan der Dolche im Nebel miteinander verschmolzen. Er fragte sich, was daraus nun wieder erwachsen würde. Ein Bündnis, das in Gegenwart eines Hingerichteten geschlossen wurde? Das konnte nicht Gutes bedeuten. Endlich erreichte Awin den Kreis. Er berührte die beiden Holzstelen, flüsterte seine Gebete zu Edhil und Mareket, und dann suchte er sich seinen Platz. Er achtete darauf, nicht zu nahe bei Eri zu stehen, wie sie es besprochen hatten. Er konnte die fragenden Blicke von Tuge und Wela im Genick spüren.
     
    Ein Schwarm Krähen zog krächzend nach Osten - im Nebel besser zu hören, als zu sehen -, gerade als Isgi und Horket den Versammlungskreis betraten. Der Heredhan nahm wortlos Platz, und wie am Vortag reichte seine bloße Anwesenheit, die Gespräche im weiten Rund verstummen zu lassen. Obwohl es schon später Morgen war, brannten zahlreiche Fackeln, um

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