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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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warnen, mein Junge, denn Horket wird dich kaum am Leben lassen, wenn er Eri bezwingen sollte.«
    Awin erbleichte. Weniger weil er Horket fürchtete, sondern mehr weil er nun endlich begriff, was Curru noch mit seinem Vorschlag bezweckt hatte: Indem er sich als Erbe des Dornen-Klans zu erkennen gegeben hatte, war dieser Kampf nun auch für ihn selbst eine Sache von Leben und Tod. Awin schalt sich für seine Dummheit: Er war so beseelt von der Aussicht gewesen, die Hakul zur Jagd auf Slahan auffordern zu können, dass er für die Gefahren taub und blind gewesen war. Curru hatte
das gespürt und ausgenutzt. Doch jetzt war keine Zeit, mit dem Alten darüber zu streiten. Er musste Merege finden, denn es war schon beinahe Mittag. Er ließ Curru stehen und eilte davon. Einige Krieger aus Horkets Klan schickten sich an, die Menge aus dem Versammlungskreis zu treiben, damit sie den Platz für den Zweikampf vorbereiten konnten. Isgi oder Horket waren immer noch nicht zu sehen.
     
    Abseits des Versammlungskreises schien der Nebel noch dichter zu sein. Awin hastete zum Lagerplatz. Merege war nicht dort, nicht in ihrem Zelt und auch nicht bei den Pferden. Die Wachen waren verschwunden. Es gab aber auch keinen Grund mehr, die Tiere zu bewachen, denn der Heolin war im Dhanegedh. Tausend Augen sahen ihn, und was der ehemalige Lichtträger tat, ob er floh oder blieb, war wohl nicht mehr wichtig. Das ganze Lager war wie ausgestorben, kein Mensch war bei den Zelten, nur auf den Hügeln fand sich noch der eine oder andere einsame Wachtposten. Er fragte einen nach der Kariwa, aber der Krieger hatte sie nicht gesehen und wollte wissen, wie die Dinge unten im Dhanegedh liefen und was der Lärm zu bedeuten habe. Awin erklärte es ihm so knapp wie möglich und hetzte weiter. Ich könnte in dieser verfluchten Suppe zwanzig Schritt an ihr vorbeirennen und sie nicht sehen , fluchte er. Er blieb stehen und dachte nach. Endlich kam er auf den Gedanken, sie an jenem Bach zu suchen, an dem sie vorige Nacht gewesen waren. Er hörte Krähen krächzen. Sie schienen über dem Versammlungsplatz zu kreisen, als ahnten sie, dass dort bald jemand sterben würde. Vom Steinkreis wehten Hornsignale heran. Awin hetzte weiter. Eine laute Stimme tönte durch den Dunst. Awin erkannte am getragenen Ton, dass ein Yaman oder Seher - und es war nicht Isgi - die heiligen Rituale zur Vorbereitung des Kampfes vollzog: Der Kreis musste von
bösen Gedanken gereinigt, die Götter um eine gerechte Entscheidung angefleht werden. Awin dachte daran, dass sich die Götter in der Vergangenheit oft taub gestellt haben mussten, denn stets hatte Horket gewonnen, und nach dem, was er jetzt wusste, konnte das nicht gerecht gewesen sein.
    Er rannte den Hügel hinauf. Oben blieb er noch einmal stehen, weil er sich plötzlich nicht mehr sicher war, ob die Richtung stimmte. Er hörte zwei laute Stimmen. Das waren die Männer, die den Kreis abschritten, um zu entscheiden, ob er würdig war, ein Kampfplatz zu sein. Ein weiteres, übliches Ritual. Awin hatte keine Zweifel daran, dass sie den Platz trotz der schlammigen Pfützen, die in seiner Mitte standen, für würdig befinden würden. Awin konnte sich gut vorstellen, was da unten jetzt geschah. Die Kämpfer würden sich aufstellen, die Götter anrufen, ihre Waffen zeigen. Auf der einen Seite der junge, kühne - ja tollkühne - Eri, auf der anderen Seite die mächtige Gestalt Horkets, des alten, abgebrühten Kämpfers, der schon so viele Zweikämpfe gegen weit bessere Krieger bestanden hatte. Natürlich mit Hilfe von Gift, aber irgendetwas sagte Awin, dass Horket die meisten Kämpfe auch ohne Hilfe gewonnen hätte. Eri hatte keine großen Aussichten auf den Sieg. Und jetzt würde ihm bald jemand den Opferbecher reichen. Es war üblich, dass die Kämpfer diesen Trunk mit den Göttern teilten, indem sie einen Teil tranken, den anderen für die Götter auf den Leib und den Kampfplatz versprengten. Ob Eri die Warnung beherzigte? Wenn er aber nicht trank, würde er die Götter beleidigen. Und warum sollten die Götter ihm dann beistehen? Awin unterdrückte einen Fluch und sprang den Hügel auf der anderen Seite hinab. In der Nacht hatte alles ganz anders ausgesehen. Er hörte entrüstete Rufe über den Hügel schallen. »Frevler! Frevler!«, riefen die Hakul. Also hatte Eri den Trunk verweigert. Awin hörte ein leises Plätschern und
folgte ihm. Der Bachlauf! Dann sah er endlich Merege dicht bei der Quelle sitzen. Schon völlig außer Atem

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