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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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hatte. Es war eine ebene Wüste, und der Boden, auf dem er stand, war steinhart. Awin fragte sich, wo der Sand hergekommen war, der ihn eben beinahe verschüttet hätte. Seltsame graue Türme, vielleicht auch Felsen, wuchsen in einen fahlweißen Himmel, der die Ebene in bedrückendes Zwielicht
tauchte. Ein leises Seufzen wanderte durch den Boden, dann knackte es wieder. Die schmale Grube, aus der er geklettert war, schien sich zu einem Trichter zu weiten. Der steinharte Boden riss, verwandelte sich in Sand und geriet ins Rutschen. Awin drehte sich um und rannte viele Längen, bevor er innehielt. Er war an einem der Felsen angekommen. Verblüfft stellte er fest, dass er gemauert war. Tausende Lehmziegel waren hier aufgeschichtet worden - doch von wem? Awin konnte keine Menschenseele entdecken. Er strich nachdenklich über die verwitterten Ziegel. Unter seiner Berührung zerfielen sie zu Staub. Erschrocken zog er die Hand zurück. Der Turm erzitterte, aber er blieb stehen. Erst jetzt begriff Awin wirklich, dass er sein Ziel erreicht hatte: Er hatte das Land des Todes betreten. Es war nicht, was er erwartet hatte, denn dies waren weder die immergrünen Weiden Marekets, noch die Wälder der Ussar oder die meerumspülte Insel, zu der die Viramatai nach ihrem Tod aufbrachen. War es vielleicht doch Ud-Sror, die Totenstadt der Akkesch? Aber das war keine Stadt, nur eine verstreute Ansammlung von Türmen. Und wo waren die Bewohner? Sollte das etwa das Land sein, das die Kariwa nach ihrem Tod erwartete? Awin ging langsam weiter. Dieses Land war bedrückend leer, und nichts von dem, was er sah, schien auf Mereges Volk hinzudeuten. Sie hatte nicht viel über ihre Heimat erzählt, aber Awin wusste immerhin, dass es dort Berge gab, und in den Wintern das Land unter dichtem Schnee versank. Und hier fand er keine Spur von Schnee oder Eis und noch nicht einmal Berge.
    Er hatte keine Ahnung, in welche Richtung er gehen sollte. Kein Wind, kein Tier und kein Zeichen wiesen ihm den Weg. Er zog in Erwägung, auf einen der Türme zu klettern. Vielleicht waren nicht alle in einem so erbärmlichen Zustand wie jener, den er nun hinter sich ließ. Er lief zum nächsten Turm,
der einige hundert Schritt entfernt aus der Ebene ragte. Bevor er ihn erreichte, hörte er hinter sich ein klagendes Seufzen. Er drehte sich um und hoffte, einen Menschen dort zu sehen, aber es war nur der Turm, den er verlassen hatte. Er neigte sich zur Seite und fiel in sich zusammen. Mit Entsetzen sah Awin, dass der ganze Boden dort absackte. Der Trichter schien immer weiter zu wachsen. Er hastete fort, ließ den nächsten Turm links liegen und hielt auf den übernächsten zu. Erst dort blieb er keuchend stehen. Die Ziegel waren ebenso verwittert wie die des ersten Turmes. Er suchte nach einem Eingang, aber er fand keinen, nur schmale Schlitze, die vielleicht etwas Licht ins Innere ließen. Er rief nach den Bewohnern, auch wenn er sich fast sicher war, dass er hier keine finden würde. Seine Stimme klang laut über die Ebene, viel zu laut. Wie erwartet, bekam er keine Antwort. Er beschloss, den Turm zu erklettern, aber schon bei seiner ersten Berührung verwandelten sich die Ziegel zu Staub, und er gab sein Vorhaben schnell wieder auf. Das dumpfe Knacken, das er bei seiner Ankunft gehörte hatte, schien ihn weiter zu verfolgen. Immer wieder warf er Blicke über die Schulter. Die Türme hinter ihm standen noch. Awin lief weiter, ohne eine Vorstellung zu haben, wohin er sich wenden sollte. Würde Merege hier irgendwo in einem der Türme sitzen und warten? Er rief von Zeit zu Zeit nach ihr, aber er bekam nicht einmal ein Echo als Antwort. Seine Stimme wurde von der Weite der Ebene einfach verschluckt. Dann fiel ihm etwas auf. In großer Entfernung erhob sich ein Turm über all die anderen, die in dieser Wüste aufragten. Wie weit mochte er weg sein? Awin schüttelte den Kopf. Das war doch unwichtig, er musste dorthin, so viel war sicher. Sicher? Was ist hier schon sicher? , widersprach seine innere Stimme. Er hörte nicht auf sie und machte sich auf den Weg.

    Stunde um Stunde wanderte Awin über den harten Boden, den einen, hohen Turm immer fest im Blick. Den anderen Türmen schenkte er schon längst keine Beachtung mehr. Allmählich wurde er müde, und obwohl er schon so lange lief, schien sein Ziel kaum näher gekommen zu sein. Die Sonne geht bald auf , sagte eine dunkle Stimme, die Awin bekannt vorkam. Ich kann es nicht ändern , antwortete trocken eine zweite. Er

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